Differentialrechnung

[765] Differentialrechnung, die Rechnung mit Differentialen und Differentialquotienten, bildet zusammen mit der Integralrechnung (s.d.) die sogenannte höhere Analysis (Infinitesimalrechnung).

1. Bildung der Differentialen und Differentialquotienten.

a) Bei der Berechnung des Grenzwerts


Differentialrechnung

ist zu beachten, daß höhere Potenzen von Δx vernachlässigt werden dürfen, z.B.


Differentialrechnung

Ferner ist dC = 0 (wenn C eine Konstante ist), d(C · u) = Cdu; d (u + v + ...) = du + da + ...; d (u · p) = vdu = udv; d u/v = (vdu – udv) / v2.

b) Formeln zur Bildung von Differentialen:


Differentialrechnung

(wo e die Basis des natürlichen Logarithmensystems); dlx = dx/x (wo lx natürlicher Logarithmus);


Differentialrechnung

(wo logax Logarithmus zur Basis a);


Differentialrechnung

Ist ferner y = f(x), u = φ(y), also u die Funktion einer Funktion, so ist


Differentialrechnung

z.B. u = l sin x. Man setzt sin x = y, also


Differentialrechnung

Solche Potenzen, deren [765] Basis und Exponent veränderlich sind, verwandelt man in Exponentialfunktionen, z.B. xx = (elx)x = exlx; dxx = exlx (lx + 1)dx = xx (lx + 1)dx.

c) Zur Bestimmung des Differentialquotienten einer impliziten Funktion hat man einfach die Gleichung, die dieselbe bestimmt, zu differenzieren, z.B. y3 + x2y – x3 = 0 gibt


Differentialrechnung

2. Anwendungen der Differentialrechnung bestehen in Reihenentwicklungen der Funktionen (s. Reihen), Berechnung unbestimmter Formen, Maxima und Minima (s.d. und Variationsrechnung), Partialbruchzerlegung gebrochener Funktionen (s. Partialbrüche). Hierzu kommen die geometrischen Anwendungen auf die Untersuchung von ebenen Kurven, Raumkurven und Flächen.


Literatur: Von den untengenannten Werken eignet sich [1] zur elementaren Einführung; [2], [3] und [22] sind beliebte Lehrbücher; [4] nimmt mehr einen funktionentheoretischen Standpunkt ein; [5] ist ein empfehlenswertes kleines Repetitionsbuch, [6]–[8] Uebungsbücher. Die geometrischen Anwendungen behandeln [9], [10], [25]–[28] sowie [24] Bd. 3, solche auf Naturwissenschaft und Technik [11], [12], [18], [20] und [23]. – [1] Götting, Einleitung in die Analysis, Berlin 1880. – [2] Stegemann, M., Grundriß der Differential- und Integralrechnung, Bd. 1, 10. Aufl., Hannover 1903. – [3] Serret, J.A., Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung, deutsch von Harnack, Bd. 1, 2. Aufl., Leipzig 1897. – [4] Stolz, Grundzüge der Differential- und Integralrechnung, 1, Leipzig 1893. – [5] Derer, Repetitorium der Differential- und Integralrechnung, 4. Aufl., Berlin 1899. – [6] Dölp, H., Aufgaben zur Differential- und Integralrechnung, 9. Aufl., Gießen 1901. – [7] Schlömilch, O., Uebungsbuch zum Studium der höheren Analysis, Bd. 1, 4. Aufl., Leipzig 1888. – [8] Sohncke, Aufgaben aus der Differential- und Integralrechnung, I, 6. Aufl., Halle 1903. – [9] Darboux, G., Leçons sur la theorie generale des surfaces et les applications géométriques du calcul infinitesimal, I-IV, Paris 1887–96. – [10] Joachimsthal, F., Anwendungen der Differential- und Integralrechnung auf die allgem. Theorie der Flächen und der Linien doppelter Krümmung, herausg. von Natani, 3. Aufl., Leipzig 1890. – [11] Fuhrmann, A., Naturwissensch. Anwendungen der Differentialrechnung, 2. Aufl., Berlin 1900. – [12] Nernst, W., und Schönfließ, A., Kurzgefaßtes Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung mit besonderer Berücksichtigung der Chemie, 3. Aufl., München 1901. – [13] Czuber, E., Vorlesungen über die Differential- und Integralrechnung, I, Leipzig 1898. – [14] Fricke, A., Hauptsätze der Differential- und Integralrechnung, I-III, Braunschweig 1897–1903. – [15] Genocchi, A., Differentialrechnung und Anfangsgründe der Integralrechnung, deutsch von Bohlman und Schepp, Leipzig 1899.– [16] Junker, F., Höhere Analysis, I, 2. Aufl., Leipzig 1902. – [17] Junker, F., Repetitorium und Aufgabensammlung zur Differential- und Integralrechnung, I, Leipzig 1902. – [18] Lorentz, H.A., Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung, deutsch von Schmidt, Leipzig 1900. – [19] Meyer, F.W., Differential- und Integralrechnung, I, Leipzig 1901. – [20] Perry, J., Höhere Analysis für Ingenieure, deutsch von Fricke und Süchting, Leipzig 1902. – [21] Schlotke, J., Lehrbuch der Differential- und Integralrechnung, Leipzig 1903. – [22] Sturm, C., Lehrbuch der Analysis, deutsch von Groß, I, Berlin 1897. – [23] Fuhrmann, A., Bauwissenschaftliche Anwendungen der Differentialrechnung, II, Berlin 1898–99. – [24] Meyer, A., und Haas, A., Lehrbuch der Differentialrechnung, I-III, Stuttgart 1888–94. – [25] Bianchi, L., Vorlesungen über Differentialgeometrie, deutsch von Lukat, I-III, Leipzig 1896–99. – [26] Cefäro, E., Vorlesungen über natürliche Geometrie, deutsch von Kowalewski, Leipzig 1901. – [27] Klein, F., Anwendungen der Differential- und Integralrechnung auf Geometrie, I-II, Leipzig 1901–02. – [28] Scheffers, G., Anwendungen der Differential- und Integralrechnung auf Geometrie, 2 Bde., Leipzig 1901–02.

Wölffing.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 765-766.
Lizenz:
Faksimiles:
765 | 766
Kategorien:

Buchempfehlung

Gryphius, Andreas

Cardenio und Celinde

Cardenio und Celinde

Die keusche Olympia wendet sich ab von dem allzu ungestümen jungen Spanier Cardenio, der wiederum tröstet sich mit der leichter zu habenden Celinde, nachdem er ihren Liebhaber aus dem Wege räumt. Doch erträgt er nicht, dass Olympia auf Lysanders Werben eingeht und beschließt, sich an ihm zu rächen. Verhängnisvoll und leidenschaftlich kommt alles ganz anders. Ungewöhnlich für die Zeit läßt Gryphius Figuren niederen Standes auftreten und bedient sich einer eher volkstümlichen Sprache. »Cardenio und Celinde« sind in diesem Sinne Vorläufer des »bürgerlichen Trauerspiels«.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon