Etui

[518] Etui, Behältnis, Schutzkapsel, ein Erzeugnis der Lederwarenbranche, bezeichnet eine auf fester Balis aus Holz oder Pappe gearbeitete Hülle für kostbare oder besonders empfindliche Gegenstände, die ihrer Natur nach öfter transportiert und vor Beschädigung durch Stoß, Reibung und Verschmutzen bewahrt werden müssen. Daher muß es eine gewisse Widerstandsfähigkeit haben, seine Höhlung sich den Formen des eingelegten Gegenstandes möglichst anschmiegen und sein Verschluß derartig sein, daß er Staub, Licht und eventuell auch unberufene Hände abzuhalten vermag.

Die einfachste Form ist wohl das Medaillenetui, ein flaches Kästchen, in dem zur Aufnahme des Objektes ein samtbezogener Klotz mit kreisförmiger Mulde eingeleimt ist. Zur Herstellung der schmalen Holzzargen werden sauber gefräste Leisten zu meterlangen Röhren mit viereckigem Querschnitt verbunden. Von diesen schneidet man auf der Kreissäge schmale Abschnitte herunter, genau so hoch wie das Kästchen werden soll. Dann werden Deckel und Boden aus Holz oder Holzpappe aufgeleimt und auf der Schleifscheibe Kanten und Ecken abgerundet. Nunmehr wird Deckel und Unterteil durch einen Schnitt getrennt, an der Hinterseite ein breites Scharnier angeschlagen, vorne unten ein Loch für den Drücker a (Fig. 1) gebohrt und der Schnapper b in einer ausgestochenen Vertiefung c befestigt. Auch das Oberteil erhält ein schmales Metallstück zum Einschnappen. Die äußere Fläche des Deckels wird gewöhnlich mit Leder überzogen, das aber nicht geschärft, sondern nur über die abgerundete Kante heruntergezogen und schließlich scharf abgeschnitten wird. Dicht an diesem Schnitt, der eine vorstehende Kante bildet, wird der Papierüberzug der Deckelzarge angesetzt, nachdem man durch Herausnehmen des Scharnierstiftes die Teile getrennt hat. Der Ueberzug, meist gleichfarbiges Kalblederpapier oder dünnes Futterleder, wird nach innen eingeschlagen, wobei die vorstehenden Scharnieröfen durchgedrückt werden. Nachdem der Stift wieder in die letzteren eingeschoben, klebt man einen schmalen Kartonstreifen aufrecht in das Unterteil und setzt den obenerwähnten Klotz, die sogenannte Kartusche, ein, während in den Deckel ein mit Atlas überzogenes, leicht wattiertes Kissen geklebt wird.

Wesentlich anders gestaltet sich die Technik, wenn das Etui auch äußerlich der Form des eingeschlossenen Gegenstandes entsprechen soll. Hier wird die Höhlung aus zwei entsprechend starken Stücken Pappel- oder Erlenholz mit dem Hohlmeißel ausgestochen, so daß der Gegenstand bequem eingelegt werden kann. Hierauf leimt man die Teile zusammen und gibt der äußeren Form die gewünschte Gestalt. Natürlich müssen die Scharniere in einer Ebene liegen. Zum Ausfüttern solcher tiefen Höhlungen wird der größeren Dehnbarkeit wegen meist sämischgares Wildleder verwendet. Entgegen dieser Methode gibt man den Etuis für Eßbestecke, Reißzeuge und kleinere Instrumente meist die Form eines rechteckigen flachen Kastens, bringt im Innern desselben passende Klötzchen und Pappkämme an (s. Fig. 2 und 3) und überzieht diese mit Atlas, der wirkungsvoll in Falten gelegt wird.


Literatur: Adam, Lehr- und Handbuch der Buchbinderei, Dresden-Berlin 1885, S. 772 ff.; Allgem. Anzeiger s. Buchbindereien, Stuttgart, Jahrg. 1895, Nr. 11 u. 12, 1904, Nr. 4.

Saatfeld.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 518.
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