[568] Fähren sind sowohl der Länge als der Quere nach symmetrisch gebaute Fahrzeuge zur Vermittlung des Verkehrs über die Flüsse, wenn derselbe zu gering ist, um eine feste Brücke zu rechtfertigen, oder wenn die letztere aus andern Gründen nicht ausführbar ist.
Ihrer Konstruktion nach unterscheidet man Seil- oder Kettenfähren und fliegende Fähren. Die sogenannten Trajektanstalten (s.d.), aus mit Riemen oder Dampfkraft betriebenen Booten bestehend, werden oft unter dem Begriff »Fähren« zusammengefaßt, sind aber nichts andres als Ruderboote oder Dampfschiffe. Das Prinzip einer Fähre im Sinn der eingangs gegebenen Erklärung ist die Erzeugung der Bewegung für das Ueberfahren durch die Energie des Stromes selbst. Wird diese in der Weise dienstbar gemacht, daß man eine Kette oder ein Seil T (Fig. 1) quer über den Strom spannt oder in den Strom legt und an den Ufern befestigt, so entsteht eine Seil- oder Kettenfähre, wobei die Hochseil- von der gewöhnlichen Seilfähre unterschieden wird. Von dem Fahrzeuge aus geht in der Regel ein Tau von der nutzbaren Länge l1 und l2 über zwei am vorderen und hinteren Ende des Fahrzeugs angebrachte Winden. Die letzteren gestatten, ungleiche Längen l1 und l2 des in o mittels einer Laufrolle auf T durch eine Oese laufenden Taues zu bewirken und dadurch das Fahrzeug schräg gegen die Stromrichtung[568] zu stellen. Der Strom treibt sodann das ihm derart gebotene Hindernis in der aus Fig. 1 ersichtlichen Richtung r nach rechts oder links ab. Man erreicht denselben Zweck, wenn Laufrollen am Vorder- und Hinterteil des Fahrzeuges befestigt werden und eine Seilscheibe in der Mitte desselben angebracht wird; die Bewegung (das Gieren) erfolgt, sobald das Tau an der Scheibe und an einer der Laufrollen anliegt, in gleicher Weise wie vorhin. Wird das Fahrzeug an einem langen Ankertau befestigt, das vorher über die Masten mehrerer kleinen Schiffe (Gier- oder Buchtnachen) geleitet wird, so entflieht in ähnlicher Weise eine Bewegung quer gegen die Stromrichtung von einem Ufer zum andern (Fig. 2). Das Ankertau liegt bei A in der Flußsohle fest; das durch Brittelketten oder durch Steuerung schräg gegen die Stromrichtung gestellte Fahrzeug treibt dann in einem Bogen gegen das Ufer. Das Ankertau kann auch »verbobert«, d.h. unter dem Wasserspiegel an eine Reihe von Schwimmern, welche die obenerwähnten Schiffe ersetzen, gehängt werden.
Die zum Transport von Personen, Tieren und Lallen benutzten Fahrzeuge sind alle flach gebaut. An dem Ufer besteht entweder eine landeinwärts eingeschnittene Uferrampe mit einer Fahrbahn oder eine Art Schiffbrücke, mit der die Verbindung durch eine Klappe hergestellt wird. Am Niederrhein heißt die fliegende Fähre auch Gierponte; die Fahrzeuge haben gewöhnlich eine Länge von 1011 m, die Breite ist verschieden, je nachdem das Fahrzeug allein benutzt wird oder mehrere als Unterlage (Pontons) eines ähnlich der Fahrbahn einer Schiffbrücke konstruierten Plateaus dienen. In letzterem Falle entsteht die fliegende Brücke, deren Gieren durch die Steuerruder an den Pontons bewirkt wird.
Hildebrandt.