[127] Flußtemperatur, die Wasserwärme fließender Gewässer in verschiedenen Perioden.
Die Temperatur der fließenden Gewässer ist bisher viel weniger als die der stehenden studiert worden. Aeltere, in ihrer Art sehr verdienstliche Arbeiten über ersteren Gegenstand hat man von Dove [1] und Hertzer [2]; eine sechsjährige Beobachtungsreihe des Bayreuther Arztes Blumröder über die Maintemperatur hat Carl [3] verarbeitet. Einen wesentlichen Fortschritt in der Erkenntnis bahnte eine neuere Monographie von Forster [4] an.
Die Flußwärme hat eine deutlich ausgesprochene Jahresperiode, indem das Wärmemaximum in den Sommer, das Wärmeminimum in den Winter fällt. Ein direkter Parallelismus mit dem Jahresgange der Lufttemperatur findet jedoch nicht statt, weil dieser letzteren die Wassertemperatur nicht unter 0° zu folgen vermag. Im einzelnen ist bei einem Flusse zu unterscheiden, ob er einer gewöhnlichen Quelle, einem See oder einem Gletscher entflammt und ob die Quelle im ersteren Falle hoch oben im Gebirge gelegen ist oder bereits dem Flachlande angehört. Starker Zufluß von Gletscherwasser übt, wie namentlich die an der Arve (bei Genf) gemachten Wahrnehmungen lehrten, noch auf ziemliche Entfernungen vom Ursprunge einen die Herabsetzung der Temperatur bedingenden Einfluß aus, wogegen nahe an der Austrittstelle das Wasser zumeist wärmer ist, als man erwarten sollte. Das aus einem See hervorgehende fließende Wasser bringt in seinen oberen Schichten die Temperatur des Sees mit, und da auf diesen die direkte Insolation stark einwirkt, so pflegt der ausströmende Fluß wärmer als der einströmende zu sein. Die eigentlichen Quellflüsse werden in ihrem Wärmehaushalte durch den Umstand bestimmt, daß die ziemlich konstante Temperatur der meisten Quellen, sofern es keine Thermen sind, mit der mittleren jährlichen Temperatur der Luft des Quellgebietes annähernd übereinstimmt. Flachlandflüsse und kleinere Bäche endlich, die nur ein geringes Gefälle aufweisen, sind leichter als die[127] vorerwähnten Wasserläufe zu durchwärmen, so daß ihre Temperatur diejenige der Atmosphäre um 1° C. und darüber übersteigt.
Literatur: [1] Dove, Ueber die Wärme der Flüsse, Zeitschr. f. allgem. Erdkunde (2), Bd. 3, S. 522 ff. [2] Hertzer, Ueber die Temperatur der Flüsse, Wernigerode 1865. [3] Carl, Ph., Die klimatischen Verhältnisse der drei fränkischen Kreise, in »Bavaria« (Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern), Bd. 3, München 1865, S. 72 ff. [4] Forster, A.E., Die Temperatur fließender Gewässer Mitteleuropas, Wien 1894 (Pencks Geogr. Abhandl., Bd. 5, 4. Heft).
Günther.