Kanarin

[368] Kanarin (Pseudoschwefelcyan) C3N3S3H bildet sich bei der Oxydation von Rhodanwasserstoffsäure durch Salpetersäure, Chlor oder Chlorsäure und wird durch Einleiten von Chlor in eine wässerige Lösung von Rhodankalium oder[368] durch gelindes Erwärmen letzterer Lösung mit Salpetersäure als ein gelbes, amorphes Pulver erhalten, unlöslich in Wasser, Alkohol und Aether, unzersetzt löslich in konzentrierter Schwefelsäure, verdünnter Kalilauge und kochender zehnprozentiger Boraxlösung. Bei längerem Kochen mit Kalilauge aber wird es unter Bildung von Rhodankalium zersetzt.

Es ist ein direkter Baumwollfarbstoff und liefert in einer Lösung von Borax unter Zugabe von etwas Seife nach Art dieser Farbstoffe auf Baumwolle gefärbt gelbe und orange Farben, die durch Echtheit gegen Licht, Alkalien, Säuren und Chlor ausgezeichnet sind und die mit Tanninfarbstoffen übersetzt werden können, da sich das Kanarin diesen gegenüber wie eine saure Beize verhält. Nach H. Schmid kann man das Kanarin im Kattundruck nach Art des Anilinschwarz erzeugen, indem man das baumwollene Gewebe mit einer verdickten Mischung von Rhodanaluminium, chlorsaurer Tonerde und Vanadinchlorürlösung bedruckt und das Gelb in der warmen Hänge sich entwickeln läßt.

R. Möhlau.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 368-369.
Lizenz:
Faksimiles:
368 | 369
Kategorien: