[362] Kriegsschifftypen. Die Gliederung der Kriegsschiffe in Linienschiffe, Große Kreuzer, Kleine Kreuzer, Torpedoboote, Unterseeboote und Kanonenboote ist in allen Kriegsmarinen durchgeführt. Die einzelnen Kriegsmarinen haben sich nach Entwicklung der Dreadnoughtlinienschiffe mit Bezug auf Armierung, Panzerung, Geschwindigkeit und Deplacement gewissen Einheitstypen genähert, die nur noch in Einzelheiten wesentliche Unterschiede zeigen. Da bei den Linienschiffen und Großen Kreuzern die Artillerie als Entscheidungswaffe gilt, so tritt bei diesen Typen das Bestreben nach stärkerem Kaliber in den Vordergrund (vgl. den Art. Schiffsgeschütze). Dafür mußte man die Zahl der schweren Geschütze wieder einschränken, um die Mehrgewichte auszugleichen.
Die Aufstellung der 38,1-cm-Geschütze in vier Zwillingstürmen in amerikanischer Mittschiffsaufstellung gewinnt den Vorzug (Fig. 1). Bei Verwendung von Drillings- bezw. Vierlingstürmen (Fig. 2) beschränkt man sich auf etwas kleinere Kaliber 3435 cm ebenso erreicht bei den Großen Kreuzern die schwere Armierung noch nicht durchweg die der Linienschiffe (Fig. 3). Neben der schweren Artillerie ist in allen Marinen wiederum eine Mittelartillerie, bestehend aus 1014 Stück 15-cm-Geschützen in Kasemattenaufstellung, gebräuchlich zur Abwehr von Kleinen Kreuzern und Torpedobooten beim Torpedoangriff, schließlich eine[362] leichte Artillerie für Luftabwehr. Daneben wird noch auf die Torpedowaffe bei diesen Schiffen Wert gelegt und werden meist mehrere Unterwasserbreitseitrohre eingebaut. Die Armierung der Großen Kreuzer ist der der Linienschiffe bereits sehr nahe gekommen (Fig. 3), anders steht es mit der Panzerstärke, die bei sonst gleichen gepanzerten Flächen gegenüber den Linienschiffen geringer ausfällt, um für die Mehranforderung an Geschwindigkeit einen Gewichtsausgleich zu ermöglichen. Während die Linienschiffe mit Maschinenanlagen von rund 50000 PSe eine Geschwindigkeit bis zu 24 Knoten erzielen, laufen die Großen Kreuzer bei Maschinenleistungen bis zu 100000 PSe 28 bis 30 Knoten. Die Deplacements schwanken in beiden Fällen von 27000 bis 40000 t. Gegen Torpedo- und Minentreffer ist ausgiebiger Unterwasserschutz durch starke Torpedoschotte und zahlreiche wasserdichte Unterteilung der Schiffsräume gebräuchlich. In England hat man während des Krieges erhöhten Unterwasserschutz durch Ausbauchen der Außenhaut und Verlegung der größten Breite unter die Schwimmebene erzielt (vgl. [5]). Die Kleinen Kreuzer, bei denen man sich bis zum Weltkriege meist auf eine leichte Artillerie beschränkte und daneben vier Torpedolancierrohre in Oberdecksaufstellung vorsah, werden jetzt durchweg mit acht bis zehn Stück 15-cm-Geschützen armiert neben einigen leichten Geschützen als Ballonabwehrkanonen. Auf einen vertikalen Panzerschutz müssen sie bis auf einen kleinen Kommandoturm verzichten. Die vitalen Teile werden durch ein durchlaufendes Panzerdeck sowie Kohlenschutz und bei einigen Marinen durch einen verstärkten Außenhautgang aus Nickelstahl geschützt. Die Geschwindigkeit wird unter Zuhilfenahme von Oelkesseln bei Maschinenleistungen bis zu 50000 PSe bis zu 30 Knoten gesteigert. Ihr Deplacement ist allmählich über 5000 t gestiegen (Fig. 4). Bei den Torpedobooten verzichtet man auf jeden Panzerschutz, die Geschwindigkeit, die durch eine Oelfeuerung der Kessel auf 36 Knoten gebracht wird, ist ihre Hauptwaffe, daneben tritt eine starke Torpedoarmierung, bestehend aus schwenkbaren Decksrohren sowie eine geringe Geschützarmierung von einigen leichten oder[363] mittleren Geschützen von 7,5 cm bis 15 cm Kaliber. Das Deplacement ist bereits bis über 1200 t angewachsen (Fig. 5). Die Unterseeboote kommen für die Seeschlacht weniger in Frage; sie werden vorzugsweise für Sonderaufgaben angesetzt, wie Torpedierung von Kriegsschiffen auf Reede oder im Hafen, Vernichtung von Handelsschiffen sowie Legen von Minen. Ihre Hauptwaffe ist die Unterwasserfahrt, wodurch sie sich dem Gesichtskreis des Feindes entziehen und dementsprechend unerwartet und überraschend auftreten (vgl. Unterseeboote). Ihre Größe ist gleichfalls ständig gewachsen bis zu 1000 t Tauchdeplacement. Ihre Armierung besteht aus drei bis fünf Torpedolancierrohren und einzelnen leichten Deckgeschützen. Große Unterseeboote werden auch mit 15-cm-Geschützen bestückt. Zum Minenlegen erhalten die Unterseeboote an Stelle der Torpedorohre Einrichtungen zum Stauen und Werfen von Minen.
Literatur: [1] Tjard Schwarz, Die Entwicklung des Kriegsschiffbaues vom Altertum bis zur Neuzeit; Sammlung Göschen. [2] B. Weyer, Taschenbuch der Kriegsflotten, München 1916. [3] Brassey, Naval Annual 191416. [4] Kiesler, Das Unterseeboot als Kriegs- und Handelsschiff, Berlin 1918. [5] Eustace Tennyson d'Eyncourt, Naval Construction during the war, Institution of Naval Architects 1919.
T. Schwarz.
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