Maifröste

[284] Maifröste. Das Zurückgehen der steigenden Frühjahrstemperatur unter den Gefrierpunkt mußte schon frühzeitig Beachtung erfahren wegen des großen Schadens, der unsrer Vegetation, zumal wenn wärmere Perioden von längerer Dauer vorangingen, durch die Maifröste, die zum Teil in die Blütezeit fallen, in vielen Jahren zugefügt wurde. Die Maifröste stellen sich als Kälterückfälle dar, wie solche teilweise auch im Juni im Mittel langjähriger Beobachtungsreihen angetroffen worden sind.

Früher glaubte man gewisse Kalendertage als besonders frostdrohend bezeichnen zu müssen, die man auch die Eismänner, Eisheiligen, gestrengen Herren, in Frankreich Les trois saints de glace benannt hat, nämlich die Tage Mamertus, Pankratius, Servatius und Bonifatius (11. bis 14. Mai), von denen die ersteren drei mehr im nördlichen, die letzteren drei mehr im südlichen Mitteleuropa gefürchtet wurden. Spätere Untersuchungen an der Hand langjähriger Beobachtungen haben gelehrt, daß die Kälterückfälle im Mai jene Tage nicht bevorzugen, wie auch die Temperatursprünge im Mai nichts Besonderes in ihrem Wesen darbieten. Die Wetterlage, bei der Maifröste einzutreten pflegen, ist charakterisiert durch ein Hochdruckgebiet im Nordwesten der britischen Inseln und eine Depression im hohen Norden, die ihren Einfluß über Skandinavien und Nordzentraleuropa ausbreitet, so daß Luft aus nördlichen Breiten Mitteleuropa zugeführt wird; begünstigt wird dabei das Sinken der Nachttemperatur unter den Gefrierpunkt durch den geringen Wassergehalt der Frühjahrsluft.


Literatur: Dove, Ueber die Kälterückfälle im Mai, Berlin 1856; Aßmann, Die Nachtfröste des Mai 1882, Magdeburgische Zeitung 1882; v. Bezold, Die Kälterückfälle im Mai, Abhandl. d. Kgl. Bayr. Akad. d. Wissensch., 2. Cl., Bd. 14, 2. Abt., 1883; van Bebber, Die gestrengen Herren, Zeitschr. d. Oesterr. Gesellsch. f. Met., Bd. 18, Wien 1883; Köppen, Hann, Buys-Ballot, Zur Eismännerfrage, ebend. 1884, Bd. 19; Hegyfoky, Die meteorologischen Verhältnisse des Monats Mai in Ungarn, Budapest 1886; Großmann, Eine Studie über die absolute Feuchtigkeit der Luft, Archiv der Deutschen Seewarte, 8. Jahrg. 1885, Hamburg 1886; R. Hennig, Untersuchungen über die kalten Tage des Mai, Das Wetter XV, 1898; Kremser, Beiträge zur Frage der Kälterückfälle im Mai, Met. Zeitschr. XVII, 1900; Lancaster, Le mois de Mai, Brüssel 1902, und Un intéressant phénomène: Les refroidissements du milieu de juin depuis vingt ans, »Ciel et Terre«, XXIII, 1903.

Großmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 284.
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