Oelkuchen

[766] Oelkuchen, die Rückstände der Oelfabrikation.

Nach den Gewinnungsweisen des Oeles (vgl. Oelfabrikation) unterscheidet man folgende Oelkuchenarten: a) eigentliche Oelkuchen (Preßrückstände); b) Oelsamenmehle (Extraktionsrückstände); c) Oelkuchenmehle (die nachträglich in Mehlform gebrachten Oelkuchen a); letztere werden nach Benecke [1] häufig wieder in Kuchenform zurückgebracht, meist unter Zusatz von wertlosen und selbst friedlichen Stoffen, so daß es nach d) Oelkuchenmehlkuchen gibt. Die Oelkuchen haben für die Landwirtschaft und Viehzucht als Düngemittel, hauptsächlich aber zur Viehmast als Kraftfuttermittel große Bedeutung erlangt. Der hohe Eiweißgehalt, das zu Ernährungszwecken noch immer hinlänglich reichlich vorhandene Fett und die durch die Form bedingte leichte Verdaulichkeit sind die Wertfaktoren derselben. Ueber Zusammensetzung s. hauptsächlich [2], [5], [10], [11]. – Faßt man die am meisten in Verwendung kommenden Oelkuchen ins Auge, so sind von diesen die Baumwollsamen- und Erdnußkuchen am reichsten an Eiweiß, Palmkern- und Kokosnußkuchen am reichsten an Fett. Eine vollständige Untersuchung eines Oelkuchens ist naturgemäß eine dreifache: eine mikroskopische, eine chemische und eine praktische (physiologische). Durch die chemische Untersuchung sind der Fett-, Stickstoffsubstanz-, Rohfaser-, Wassergehalt und die Aschenmenge zu bestimmen. Die praktische Erprobung sucht den Nährwert, die Verdaulichkeit, überhaupt den Einfluß der Kuchen, wenn sie als Futtermittel verwendet werden, auf das Gedeihen des Mastviehes, auf die Milchergiebigkeit festzustellen. Handelt es sich aber darum, die Abdämmung, die Reinheit des Oelkuchens zu erfahren, oder auch um eine annähernde Schätzung seines N-Substanz- und Fettgehalts zu bewerkstelligen, so wird die mikroskopische Untersuchung anzuwenden sein. Man wird von den festen Kuchen durch Kreuz- und Querdurchsägen ein Sägemehl bereiten und dieses wie andre gepulverte Körper (Gewürze, Mehle) untersuchen. v. Weinzierl [3] wendet zur Bestimmung der Futtermehle die mechanisch-mikroskopische Analyse an, die darin besteht, daß die Bestandteile des Mehles nach ihrer Größe durch Nobbesche Samensiebe getrennt werden. Hierauf folgt die Bestimmung der Echtheit der Art der Bestandteile, ferner die mechanische Trennung nach dem Gewicht, die quantitative Bestimmung der Schalenteile u.s.w. Die wichtigsten Oelkuchen sind: 1. Baumwollkuchen und Baumwollsamenmehl; 2. Bucheckern-, Büchelsamen-, Büchelkuchen (Preßrückstände der Früchte von Fagus silvatica); 3. Kandlenuß-, Bancoulnußkuchen, Preßrückstände der Samen von Aleurites triloba Forst., einer in den Tropen gebauten Euphorbiacee; 4. Kokosnuß- oder Koprahkuchen (s. Koprah); 5. Erdnußkuchen, aus den Samen von Arachis hypogaea L; 6. Hanfkuchen; 7. Kapokkuchen, aus den Samen verschiedener Wollbäume (Bombaceen, z.B. javanischer Kapokkuchen von Eriodendron anfractuosum D.C) [Ceiba pentandra Gaertn.], ostindischer Kapokkuchen von Bombax malabarica D.C.); 8. Kürbiskernkuchen; 9. Leinsamenkuchen, Leinkuchen; 10. Leindotterkuchen, aus den Samen von Camelina sativa L.; 11. Madia-, Melosa-, Madikuchen, aus den Früchten von Madia sativa Molina; 12. Maiskeimkuchen; 13. Mandelkuchen; 14. Mohnkuchen; 15. Nigger-, Gingelli-, Ramtillkuchen, aus den Früchten der Komposite Guizotia oleifera D.C.; 16. Olivenkuchen; 17. Palmkernkuchen, aus den Samen von Elaeis guineensis und E. melanococca; 18. Raps- und Rübsenkuchen; 19. Ricinuskuchen, sind angeblich schädlich und kommen nur als Fälschung vor [4]; 20. Sesamkuchen von Sesamum indicum DC. und Sesamum radiatum Schum. et Tonn.; 21. Sonnenblumenkuchen, aus den Früchten von Helianthus annuus L. – Die mikroskopische Beschreibung s. in [5], [7]–[9], für die Kompositen auch [6].


Literatur: [1] Benecke, Fr., Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung der Kraftfuttermittel, Berlin 1886. – [2] König und Böhmer in Dammers Lexikon der Verfälschungen, Leipzig 1887. – [3] v. Weinzierl, Die qualitative und quantitative mechanisch-mikroskopische Analyse, Wien 1887. – [4] Benecke, Fr., Pharm. Zentralhalle 1887, Nr. 42. – [5] Hanausek, T.F., Oelkuchen, in Realenzyklopädie der gesamten Pharmazie, Bd. 9, S. 465, Wien 1907. – [6] Pfister, R., Landwirtschaftl. Versuchsstationen 1894 (Separatabdruck). – [7] Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches,[766] Bd. 2, S. 699, Leipzig 1903. – [8] Winton (und Moeller), The Microscopy of vegetable Foods, New York 1906. – [9] Hanausek, T.F., Winton und Barber, Kate, The Microscopy of technical products, New York 1907 – [10] Collin und Perrot, Les résidus industriels, Paris 1904. – [11] König, J., Untersuchung landwirtschaftlicher und gewerblich wichtiger Stoffe, 3. Aufl., Berlin 1906.

T.F. Hanausek.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 766-767.
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