Phasenregel, Gibbssche [1]

[104] Phasenregel, Gibbssche [1], stellt eine für das Gleichgewicht eines Systems maßgebende Zahlenbeziehung auf einerseits zwischen der Anzahl der dies System bildenden Molekelgattungen (also der verschiedenen Stoffe) und anderseits der Anzahl von »Phasen«, die in dem im Gleichgewicht befindlichen System vereinigt sind.

»Phasen« sind in sich homogene (in ihrer Zusammensetzung überall gleiche) Komplexe; z.B. kann ein System, welches aus den Molekelgattungen Phenol und Wasser besteht, folgende im Gleichgewicht befindliche Phasen bilden: 1. festes Phenol; 2. flüssige Schicht mit viel Phenol und wenig Wasser; 3. eine zweite (mit der ersteren nicht mischbare) Schicht mit wenig Phenol und viel Wasser; 4. die gasförmige, wenig Phenoldampf, vorwiegend Wasserdampf enthaltende Phase. Jeder verschiedene feste Körper bildet also eine Phase für sich, flüssiger Phasen kann es mehrere geben, gasförmiger (wegen Mischbarkeit aller Gase) nur eine.

Für ein »vollständiges« Gleichgewicht (d.h. ein solches, bei welchem beim Uebergang eines Teils einer Phase in eine andre der Gleichgewichtsdruck ungeändert bleibt), welches aus n + 1 Phasen besteht, müssen mindestens n verschiedene Molekelgattungen im System vorhanden sein, n Stoffe können höchstens in n + 2 Phasen gleichzeitig existieren. Ueber die Ableitung dieses Gesetzes s. [1] und [2].


Literatur: [1] Gibbs, Trans. Connecticut Acad. III, S. 108 und 343; deutsch: Thermodynam. Studien, Gibbs-Ostwald, Leipzig 1892. – [2] Nernst, Theor. Chemie, Stuttgart 1893; Riecke, Zeitschr. f. physik. Chemie, Bd. 6, S. 272 (1890).

Abegg.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 104.
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