Reibräder

[393] Reibräder (Reibungs- oder Friktionsräder) übertragen mäßige Kräfte durch Berührung ihrer glatten Laufflächen unter starker gegenseitiger Anpressung. Sie lassen sich während des Ganges ein- und ausrücken und in einigen Fällen auf verschiedene Durchmesser zur Erzielung veränderlicher Uebersetzung verstellen.

Die übertragbare Umfangskraft ist P = μN, nämlich gleich der Reibung des senkrecht zur Berührungsfläche wirkenden Normaldruckes. Man setzt die Reibziffer μ für Gußeisen auf Gußeisen 0,10–0,15, auf Papier 0,15–0,20, auf Leder 0,20–0,30, auf Holz 0,30–0,50. Bei den Versuchen der Elsässischen Maschinenbaugesellschaft in Grafenstaden [1] haben sich für μ höhere Ziffern ergeben, die für neue Stoffe gelten mögen, außerdem Wirkungsgrade von ca. 50 bis 75% für eine ebene gußeiserne Scheibe mit Rollen von Leder, Hanfpapier und Pockholz; Stahl auf Gußeisen versagte gänzlich. Der Anpressungsdruck, der auch auf die Lager von beiden Wellen übergeht, ist Q = N = P/μ bei zylindrischen Rädern sowie bei den Kegelrädern (Fig. 1) und auch bei dem Planscheibengetriebe (Fig. 2). Man rechnet in diesen Fällen 5 kg [393] Umfangskraft auf 1 cm der Berührungslinie, so daß eine 10 cm breite Rolle 50 kg überträgt bei 200–500 kg Anpressung. Für größere Umfangskraft bis 100 kg benutzt man, um den Druck Q zu ermäßigen, Rillen- oder Keilräder (Fig. 3) mit 3–6 Rillen und rechnet bis 20 kg Umfangskraft für 1 Rille. Die Eingrifftiefe nimmt man gering, 10–12 mm, um die Reibungsverluste infolge der ungleichen Umfangsgeschwindigkeiten zu beschränken, und setzt den Keilwinkel 2α = 331/2°, nämlich tg α = 0,3 oder etwas kleiner. Hierbei ist N = Q/(sin α + 1/2μ cos α) = P/μ. Die Rillen müssen durchaus genau rund und glatt gedreht und geschliffen sein. Bei den Lamellenrädern (Fig. 4) sind die Rillen durch einzelne Ringe gebildet, die auf Federn verschiebbar sind und sich durch axialen, elastisch wirkenden Druck so zusammenpressen lassen, daß sie die gleichfalls auf Federn sitzenden Ringe des Gegenrades einklemmen und dabei die Drehung ohne eigentlichen Anpressungsdruck übertragen.

Als Stoffrollen wählt man: Gummi in Gußeisenfassung für sehr kleine Kräfte; Papierblätter (Fig. 1), die rund ausgeschnitten, aufeinander gelegt, stark zusammengepreßt und dabei zwischen Bordscheiben verschraubt, danach abgedreht werden, für die kleinen Kegel auf Zentrifugenwellen u.a.; Leder, in Segmentstücken geschichtet und zwischen Randscheiben zusammengeschraubt, für die Schwungringe an Spindelpressen sowie für die verstellbaren Rollen an gußeisernen Planscheiben für leichte Werkzeugmaschinen [2] und [3]; Holz, in Segmenten zusammengeschraubt und auf der Hirnfläche laufend, ist unbeständig und nutzt sich ungleichmäßig ab. Das Sellers-Getriebe (Fig. 5), an Werkzeugmaschinen, überträgt die Bewegung zwischen zwei Scheiben, deren Ränder zwischen einem Plattenpaar eingeklemmt sind. Es arbeitet ohne Achsendruck und je nach der Einstellung des Zapfens des Plattenpaares mit verschiedenem Uebersetzungsverhältnis mit 45–60% Wirkungsgrad [1]. Für Geschwindigkeitsänderungen an Papiermaschinen eignet sich das Getriebe von Stevens (Fig. 6), bei dem ein Lederband zwischen zwei Kegeln unter Druck hindurchläuft und je nach seiner Längseinstellung das Uebersetzungsverhältnis bestimmt; ferner das Getriebe von Seybold (Fig. 7) mit längerem Lederriemen, der zwischen einem kleinen Kegel und einem hohlkegelförmigen Scheibenkranze je nach der Einstellung der beiden Riemenleitrollen veränderliche, im ganzen stark verlangsamte Uebersetzung bietet.


Literatur: [1] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1897, S. 1362. – [2] Ebend. 1893, S. 1251; 1901, S. 1672. – [3] Zeitschr. f. Werkzeugmaschinen 1896, S. 7. – [4] Hofmann, Handbuch der Papierfabrikation, Berlin 1886/97, S. 838.

Lindner.

Fig. 1., Fig., 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 6.
Fig. 1., Fig., 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 6.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 7.
Fig. 7.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 393-394.
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