Telefunkenkompaß

[762] Telefunkenkompaß, Apparat für drahtlose Telegraphie zur Orientierung für Schiffe und Luftfahrzeuge.

Bei unrichtigem Wetter ist es für Schiffe und Luftfahrzeuge eine schwierige Aufgabe, ihre augenblickliche Stellung oder ihren Kurs festzustellen. Hierzu so H der Telefunkenkompaß dienen, deren Konstruktion und Anwendung sich auf Versuche gründet, die von dem preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten angestellt worden sind. Feste Stationen für Funkentelegraphie werden mit gerichteten Antennen ausgerüstet; sie senden Signale in bestimmten Richtungen. Die Station auf dem Schiffe oder Luftfahrzeuge ist dagegen mit einer ungerichteten Antenne ausgerüstet und' stellt die Richtung fest, aus der die Orientierungssignale kommen. Die feste Station ist mit einer Anzahl (32) Richtantennen C B A B1 C1 versehen, die radial um das Stationsgebäude A nach Fig. 1 angeordnet sind; sie werden von einem Maste A D getragen, an dem außerdem eine Schirmantenne A D E E1 für einen nicht gerichteten Sender befestigt ist. Durch den automatischen Umschalter des Telefunkenkompasses (Fig. 2), der aus einem kleinen Motor und einer Kontaktscheibe besteht, werden die an die oberen Isolatoren herangeführten Schirmantenne und gerichteten Antennenpaare in bestimmten Zeitintervallen an den Erregerkreis für die elektromagnetischen Wellen angeschlossen. Mit der Schirmantenne wird das Anrufsignal gegeben. Die eigentlichen Richtsignale beginnen stets mit einer bestimmten Luftleitung und zwar der Nord-Südluftleitung; sie folgen dann im Sinne des Uhrzeigers mit konstanter Geschwindigkeit. Der normale Hörempfänger für drahtlose Telegraphie, bestehend aus einem Kontaktdetektor und einem Telephon, erhält in der sich orientierenden Station einen Zusatzapparat in Gestalt einer mit der Drehgeschwindigkeit des automatischen Senders synchronen Anzeigevorrichtung. Diese ist als Stoppuhr ausgeführt; ihr Zifferblatt hat eine Windroseneinteilung. Der Anfangspunkt der Stoppuhr ist mit der Nord-Südrichtung bezeichnet, mit welcher der gerichtete Sender seine Drahtbewegung anfängt. Hört der Telegraphist das Anrufzeichen des Senders, so drückt er auf die Stoppuhr, so daß ihr Zeiger seine Bewegung beginnt. In diesem Augenblick gehen auch vom Sender gerichtete Signale in der Nord-Südrichtung aus. Hört der Telegraphist ein Maximum der Lautstärke, so hält er die Stoppuhr an. Die Stellung des Zeigers auf der Rose der Stoppuhr zeigt dann die Richtung derjenigen Antenne der festen Station an, in deren Senderrichtung die bewegliche Station sich augenblicklich befindet. Da das Maximum der Lautstärke nicht genügend ausgesprochen ist, empfiehlt es sich, noch die um 90° davon abweichende Richtung der minimalen Lautstärke festzustellen. Die Umdrehungsgeschwindigkeit des Senders und der Stoppuhr beträgt eine halbe Minute; es können also in 5 Minuten zehn vollkommene Messungen der Lautstärke ausgeführt werden, aus denen sich ein genaues Mittel mit höchstens 4–5% Abweichung ergibt. Ist nur ein fester Sender vorhanden, so läßt sich bloß die Richtung des beweglichen Empfängers zu diesem festlegen; bei Schiffen in See kann dann noch eine Abstandsmessung durch Lotung erfolgen. Zur genauen Ortsbestimmung sind zwei feste Stationen mit Kompaßsendern erforderlich. Um eine genaue und schnelle Orientierung von See- und Luftfahrzeugen sicherzustellen, ist vorgeschlagen worden, über ganz Deutschland und namentlich an den Grenzen eine Kette von festen Richtstationen in je 50–100 km Abstand voneinander zu errichten.

Otto Fentsch.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 762.
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