Vierzehnte Geschichte

[11] geschah an einem Goj (Heiden), der kam zu Schamai un sprach: »Sei mich megajer (bekehre mich) um daß du mich willst die ganze Thauroh lernen, derweil ich auf ein Fuß stehn kann«. Da stoßt ihn Schamai hinweg mit einem Maßstecken, das die Zimmerleut gebrauchen. Da ging der Goj von Schamai un ging zu Hillel un fragt ihn auch, ob er ihm wollt die ganze Thauroh lernen, derweil er könnt auf ein Fuß stehn. Da war ihm Hillel auf seine Rede megajer un sprach: »Ich will dich die ganze Thauroh lernen, derweil du kannst auf ein Fuß stehn.« Un sprach zu dem Goj: »Halt den Posuk (Schriftstelle): Du sollst deinem Gesellen nit ärger tun, als du dir gern selbert tun willst.« Das ist der Grund von der ganzen Thauroh. Das andere is ein Peresch (Auslegung) auf die Thauroh. Geh hin un lern es weiter. Also lernt ihm Hillel die ganze Thauroh, dieweil er auf einem Fuß stund.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 11.
Lizenz:
Kategorien: