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[282] geschah: Es war einmal ein Jud, der war ein großer Rosche (Bösewicht) un er wohnt nah bei einem sehr reichen Mann. Un derselbige reiche Mann hat gar ein schönes Weib. Un der Rosche der hat große Lust zu ihr un ging zu ihr hin un mutet ihr an, ihm seinen Willen zu tun. Un verheißt ihr großen Mammon zu geben. Sie wollt aber nit nach ihm hören un macht ihn gar scheizlich aus un sprach gegen ihn: »So eine große Awere (Sünde) willst du tun?« Also ging er wieder von ihr weg. Einmal begab es sich, daß ihr Mann wegzieht nach Sechaure (Ware). Das war der Rosche gewahr un brach an einem Schabbes zu Nacht eine Wand ein, daß er könnt zu ihr kommen un entweihte den Schabbes. Da bezwang er die gute Frau in ihrem eigenen Haus mit Gewalt. Un legt ihr ein Zweel (Tuch) um den Hals, daß sie nit kreischen konnt. So vergewaltigt der Rosche die Frau. Wie er sie nun genug gepeinigt hat un seinen Jezerhore (bösen Trieb) vollbracht hat, da derschlug er die Fraue zu tot, um daß er nit vermassert (verraten) sollt werden, un hat sich vergangen gegen »Du sollst nit morden«. Da war man es gewahr, wie er die Frau hat um das Leben gebracht. Also hieß man ihn gefangen nehmen un wollt ihn verurteilen. Da sagt der Rosche, man sollt ihn frei lassen, dann wollt er sich bekehren. So tät man ihm sein Begehr. Un wie er nun bekehrt war, so warf man ihn in das Wasser. Den Lohn gab ihm Gott. Nun seht wieviel Awere (Sünden) hat der Rosche getan von wegen der Awere einer Frau Gewalt zu tun: mit dem ersten hat er sich vergangen gegen »Du sollst nit gelüsten nach deines Gesellen Weib«. Zum andern hat er sich vergangen den Schabbes zu entweihen. Dernach hat er sich vergangen gegen »Du sollst nit unkeuschen«. Un hat sich vergangen gegen: »Du sollst keinen andren Gott lieb haben als mich«. Un er hat kauper (gesühnt) gewesen. Also gab ihm Gott seinen Lohn auf dieser Welt, daß er in das Wasser is geworfen worden, un is gewiß bezahlt worden auf Jener Welt.