Zweiunddreißigste Geschichte

[28] geschah: Er sagt, Schimen ben Schotach: »So wahr soll ich sehen, daß Zion soll wieder gebaut werden, so wahr als ich hab gesehen, daß einer is seinem Chawer (Gesellen) nachgelaufen in ein wüst Haus auf einem Feld. Un ich bin auch nachgelafen (gelaufen). Da hab ich gesehen das Blutschwert in seiner Hand, un das Blut is noch an dem Schwert gewest. Un das Blut hat noch von dem Schwert getropft. Un dem er is nachgelafen, der is tot gewesen un hat noch ein wenig gezappelt.« Da hab ich wider den Rozeach (Mörder) gesagt: »Du Rosche (Bösewicht), wer den hat erschlagen, das muß ich oder du haben getan. Aber was soll ich tun? Dein Blut is nit in meine Händ geliefert. Das meint, ich darf dich nit töten, da weil ich es allein gesehen hab. Denn die Thauroh sagt, wenn einer zwei Edim (Zeugen) hat, daß man einen hat getötet, so soll er wieder werden getötet. Aber weil ich hab es allein gesehen, so bedarf man nit mit einem Ed (Zeugen) töten. Aber der, dessen Name gelobt sei, der die Gedanken weiß, der soll von dem bezahlt werden, der den getötet hat.« Da haben die Chachomim (Weisen) gesagt: »Der Schimen ben Schotach, der war nit von der Statt gegangen, aber da war ein Schlang gekommen un hat den Rozeach tot gebissen, daß er tot auf der Statt lag. Derhalben lieben Leut, seht was die Maasse (Geschichte) beteut. Denn der, dessen Name gelobt sei, der laßt niks unrecht, aber er bezahlt.«

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 28.
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