Einundvierzigste Geschichte

[36] geschah: Der Rabbi Jojsse der hat einen Esel, den verdingt er den Leuten um Lohn. Wer ihn begehrt um drauf zu reiten oder sonst eppes (etwas) darauf zu führen, damit daß er Geld dermit verdienen könnt. Und wenn der Esel am Abend wieder heimkam, so bracht er den Lohn mit heim. Denn die Leut wußten sein Seder (Regel) an dem Esel, daß sie ihm den Lohn anhängten an den Hals, wenn er seine Arbeit getan hat. Aber wenn man ihm zu viel oder zu wenig Lohn anhängt, da wollt der Esel nit heimgehn, denn er war so gar fromm, daß er niks zu viel wollt haben. Einmal hat ihn einer gedingt, un hängt ihm seinen Lohn an wie sein Seder[36] war. Un hat vergessen ein Paar Schuch (Schuh) von auf dem Esel herunter zu nehmen. So hat er nit wollen heimgehn, denn der Esel hat es gemerkt, daß er noch eppes auf sein Rücken hät hängen, das nit sein war un wollt nit heimgehn. Bis der Mann sein Schuch wieder herab tät nehmen, ging er wieder heim. So gar fromm war der Esel gewesen von dem Rabbi Jojsse aus Jokeress.

Quelle:
Allerlei Geschichten. Maasse-Buch, Buch der Sagen und Legenden aus Talmud und Midrasch nebst Volkserzählungen in jüdisch-deutscher Sprache, Nach der Ausgabe des Maasse-Buches, Amsterdam 1723, bearbeitet von Bertha Pappenheim, Frankfurt am Main: J. Kauffmann Verlag, 1929, S. 36-37.
Lizenz:
Kategorien: