Nachträge.

[284] Zu S. 62 b.


Fabel der Galelaresen in Halmaheira (Molukken), veröffentlicht von H. van Dijken, Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch Indie 1895 (Bd. 45, p. 192–290 Tierfabeln). Zwei Varianten berichten vom Wettlauf des Strandläufers und des Hirsches mit der Seeschnecke.


Einst hatte sich der Eisvogel auf der Spitze eines Baumes niedergelassen und sah von dort eine Seeschnecke hin- und herkriechen. Er fragte sie, weshalb sie sich immer weiter zöge, wenn sie ginge. »Das ist so unsere Gewohnheit,« erwiderte die Seeschnecke, »schon seit den Zeiten unserer Vorfahren gehen wir, indem wir uns fortziehen.« Der Eisvogel schlug der Seeschnecke darauf einen Wettlauf vor, der von ihr angenommen wurde. Als der Eisvogel weggeflogen war, rief die Seeschnecke[284] ihre Genossen herbei und sagte ihnen: »Kommt, Genossen, und paßt auf. Verteilt euch in allen Buchten längs der Küste, und wenn der Eisvogel geflogen kommt, so ruft ihm zu«: »Nur weiter, Freund, hier bin ich schon.« Darauf besetzten die Seeschnecken alle Seebuchten und warteten auf den Eisvogel. Als nun der Eisvogel und die Seeschnecke sich gleich gestellt hatten, begann der Wettlauf. Der Eisvogel flog, und die Seeschnecke kroch. Wollte der Eisvogel sich aber niederlassen, so rief eine Seeschnecke: »Nur weiter, Freund, hier bin ich schon.« Und so ging es immer weiter, bis der Eisvogel vor Ermattung herunter fiel und tot war. Da lachten die Seeschnecken über ihre gelungene List so sehr, daß sie mit dem Hinterteil auf den Boden stießen und dieses sehr spitz wurde, bei einigen aber die Spitze selbst abbrach. (Aus diesem Grunde, glauben die Galelaresen, haben einige Seeschnecken eine solche Spitze, während sie andern fehlt.)


  • Literatur: Übers, von F. Grabowsky, Globus 67, 387.

Zu S. 68, 70 und 86.


Es sei hier kurz angemerkt, daß die Verpflanzung des Schiedsrichters in die Wettlauffabel wahrscheinlich unter dem Einfluß der Wolfsabenteuer erfolgt ist. Das lateinische Gedicht des 13. Jahrhunderts (oben S. 70 Nr. 31) zeigt nämlich in den Einzelheiten der Streitschlichtung vielfach Übereinstimmung mit dem Romulus Monacensis XXXVI und der 10. Extravagante, die oben S. 256, in Steinhöwels Übersetzung mitgeteilt ist.


Zu S. 73.


Aus J. Schönhärl, Volkskundliches aus Togo S. 76 Nr. 23:


Einmal sah der Fuchs die Krabbe gehen. Da fragte er sie: »Warum kannst du nicht schneller gehen?« Die Krab beantwortete: »Ich kann sogar schneller laufen als du!« Der Fuchs glaubte das nicht. Sie stritten lange darüber. Endlich wetteten sie um viel Geld, wer von ihnen schneller laufen könne. Der Fuchs bezeichnete das nächste Dorf als Ziel und sagte: »Wir wollen dahin laufen, und wer zuerst dort ankommt, wird das Geld erhalten!« Die Krabbe war damit einverstanden und sagte: »Gehe du voran, ich zähle bis drei, dann laufen wir«. – Nun zählte sie eins, zwei, drei; auf drei faßte sie schnell mit ihren zwei Scheren den Schwanz des Fuchses, was dieser aber nicht bemerkte. Er lief sehr schnell, bis er an das Dorf, das er als Ziel bezeichnet hatte, ankam. Nun drehte er sich um und wollte nach der Krabbe sehen. Diese aber rief hinter ihm: »Ich bin schon lange hier!« Der Fuchs hatte die Wette verloren. Die Hühner des Dorfes kamen herbei und verlachten und verspotteten ihn. Er wurde sehr zornig und sprach: »Laßt euch nie mehr vor mir sehen, sonst töte ich euch!« Seit dieser Zeit verfolgt der Fuchs die Hühner.


Ebd. S. 77 Nr. 24.


Früher war der Büffel der König der Tiere. Er war sehr reich, hatte jedoch keine Kinder. Als er bemerkte, daß er sehr alt sei und nicht mehr lange leben werde, rief er seine Untertanen zusammen und sagte ihnen: »Ich bin sehr alt und werde bald sterben; weil ihr mir alle sehr gehorsam wart, will ich meine Sachen (Reichtümer) unter euch verteilen!« Damals hatten viele Tiere keine Haare, einige nur ein Auge, andere ein Ohr, viele nur drei Füße oder gar keinen Schwanz. Der König kaufte nun diese Sachen aus einem anderen Lande und verteilte sie unter seine Leute; sie bekamen nun viele Haare, Augen, Ohren, Füße und einen Schwanz.[285] Nun sagte er zu ihnen: »Mein Thron ist noch übrig; ich weiß aber nicht, wem ich denselben schenken soll. Darum stellet ihn in das nächste Dorf; ich werde euch von hier aus dorthin laufen lassen; wer zuerst bei dem Thron ankommt und sich auf ihn setzt, wird ihn bekommen!« Als der Thron ins nächste Dorf gebracht warr befahl er hinzulaufen. Alle Tiere liefen sehr schnell, der Hund aber am schnellsten; er sagte gleich anfangs: »Der Thron gehört sicher mir, bemüht euch deshalb nicht, ihr kommt mir nicht nach!« Als er eine Stunde gelaufen war, kehrte er sich um, sah aber niemand kommen. Da ging er in den Busch auf den Abort. Währenddessen faßte ein Chamäleon seinen Schwanz; er wußte es aber nicht. Nun sah er die anderen Tiere aus der Ferne kommen. Da schrie er ihnen wieder zu: »Bleibt zurück, den Thron bekomme doch ich!« und fing wieder an zu laufen. Als er an dem Thron ankam, wollte er sich auf den Stuhl setzen; aber das Chamäleon, das sich schnell von seinem Schwanz loslöste, schrie: »Setze dich nicht auf mich!« Er kehrte sich erschreckt um und sah das Chamäleon schon auf dem Thron sitzen. Darüber war er sehr zornig und wollte das Chamäleon herunterwerfen; aber die anderen Tiere, die nun auch herbeikamen, verwehrten ihm dies und sagten: »Da man nicht genau weiß, wer von euch beiden zuerst ankam, so sollt ihr vor unseren Augen vorbeigehen; wer so gut (majestätisch) gehen kann, wie der König, der soll den Thron erhalten!« Der Hund ging schnell und zornig an den Tieren vorbei. Das Chamäleon hingegen ging langsam und bedächtig an ihnen vorüber. Wenn es einen Schritt machen wollte, hielt es einen Fuß in die Höhe und wartete etwas, ehe es ihn niedersetzte. Nun sagten die Tiere zum Hund: »Das Chamäleon geht gerade wie ein König, deswegen gehört ihm der Thron!« Es besitzt deshalb das Chamäleon den Thron und ist sehr stolz darauf. Wenn jemand zu ihm kommt mit vielerlei bunten Tüchern, dann sagt es ihm: »Ich bin reicher als du, ich habe noch mehr Tücher!« Dann verwandelt es seine Haut in allerlei Farben.


Zu S. 97 Kap. 4.


Zu den Varianten der Fabel vom flüchtenden Hasen bemerkt J. Hertel in der »Zeitschrift des Vereins für Volkskunde« 19, S. 426, daß sich ein Unterschied ergibt zwischen den westlichen und den östlichen Fassungen, der darin besteht, daß die letzteren nicht, wie die äsopische Fabel von einem Frosch sprechen, der erschreckt wird, sondern von einer auseinanderlaufenden Schafherde. In diesem Punkte stimmen die estnische, die russische und die finnische Fassung überein. Ich glaube, daß in diesem Falle keine Veränderung der äsopischen Fabel vorliegt, sondern daß die drei genannten Varianten auf eine asiatische Quelle zurückgehen. Das Pāli-Jātaka 322 nämlich bietet gleichfalls eine Variante zu dieser Fabel. Sie lautet:


In alter Zeit, als Brahmadatta in Benares regierte, wurde der Bodhisatta [der künftige Buddha] als Löwe geboren, und als er herangewachsen war, lebte er im Wald. Damals befand sich in der Nähe des Westmeeres ein Wald von Kokospalmen, mit Reluvabäumen [Aegle Marmelos] untermischt; und in diesem wohnte an der Wurzel eines Beluvabaumes unter einem Palmstrauch ein Hase. Der war eines Tages ausgegangen um zu äsen, und als er heimkam und sich unter einem Palmblatt niedergesetzt hatte, kam ihm der Gedanke: »Wenn jetzt die Erde untergeht, wie soll ich da bestehen?« Und gerade in diesem Augenblick fiel eine reife[286] Beluvafrucht auf das Palmblatt. Als er das Geräusch hörte, das sie verursachte, sprang er auf und lief davon, ohne sich umzusehen; denn er dachte: »Die feste Erde geht unter.« Ein anderer Hase sah ihn in Todesangst davonsausen und fragte ihn: »Warum rennst du so entsetzt von dannen?« – »Ach, frage nicht!« – Der (zweite) sagte: »O, warum? O, warum?« und lief hinterdrein. Der andere hielt im Laufe inne und rief, ohne sich umzusehen: »Hier geht die Erde unter!« Da rannte auch dieser mit ihm davon. So sah diesen ein anderer, und diesen wieder ein anderer, und schließlich waren 100000 Hasen zusammen auf der Flucht. Diese sah eine Gazelle, ein Eber, ein Ochsenohr1, ein Büffel, ein Gayal [Bos gavaeus], ein Nashorn, ein Tiger, ein Löwe, ein Elefant. Sie sagten: »Was ist denn los?« – »Hier geht die Erde unter.« – Als sie das hörten, flohen sie gleichfalls. So bedeckte nach und nach das Heer der (flüchtenden) Tiere eine Meile.

Als nun der Bodhisatta dieses Heer davoneilen sah und auf seine Frage nach der Ursache gehört hatte, die Erde ginge hier unter, dachte er: »Die Erde geht doch niemals unter. Sicher haben sie lauten hören, und nicht zusammenschlagen.2 Wenn ich mich nicht tüchtig ins Zeug lege, werden sie alle zugrunde gehen. Ich will ihnen das Leben retten.« In dieser Absicht lief er ihnen mit Löwengeschwindigkeit voraus bis an den Fuß eines Berges und brüllte dort dreimal. Entsetzt durch die Furcht vor dem Löwen hielten sie an und standen alle auf einem Haufen. Da trat der Löwe unter sie und fragte sie: »Warum lauft ihr davon?« – »Die Erde geht unter.« – »Wer hat sie untergehen sehen?« – »Das wissen die Elefanten.« Er fragte die Elefanten; die sagten: »Wir wissen es nicht; die Löwen wissen es.« Die Löwen (sagten): »Wir wissen es nicht; die Tiger wissen es;« und die Tiger: »Die Nashörner wissen es;« und die Nashörner: »Die Gayals,« und die Gayals: »Die Büffel,« und die Büffel: »Die Ochsenohren,« und die Ochsenohren: »Die Eber,« und die Eber: »Die Gazellen,« und die Gazellen: »Wir wissen es nicht; die Hasen wissen es.« Und als er die Hasen fragte, sagten sie: »Der hat's gesagt,« und zeigten ihm jenen Hasen. Da fragte er ihn: »Ist es an dem, guter Freund, daß die Erde untergeht?« »Ja, Herr, ich hab' sie untergehen sehen.« Er fragte: »Wo warst du, als du das sahst?« »Am Meere, Herr, in einem Wald von Kokospalmen und Beluvabäumen. Dort lag ich an der Wurzel eines Beluvabaumes in einem Palmbusch unter einem Palmblatt und dachte: »Wenn die Erde untergeht, wohin soll ich fliehen?« Und da hörte ich schon das Geräusch des Unterganges und lief davon.« Der Löwe dachte: »Sicher ist eine reife Beluvafrucht auf dieses Palmblatt gefallen und hat geplatscht, er hat das Geräusch gehört, kam auf den Gedanken: »Die Erde geht unter,« und lief davon. Ich werde der Sache auf den Grund gehen.« Damit nahm er den Hasen, redete der Menge Mut ein, sprach: »Ich will mich an der Stelle, an der er es gesehen hat, vergewissern, ob die Erde untergeht oder nicht und dann wiederkommen. Wartet hier, bis ich zurück bin.« Damit nahm er den Hasen auf seinen Rücken, sprang mit Löwengeschwindigkeit dahin, setzte den Hasen im Palmenwalde nieder und sprach: »Geh und zeige mir den Ort, an dem du es gesehen hast.« – »Herr, ich getraue mich's nicht.« – »Geh nur und fürchte dich nicht.« Aber er wagte es nicht, bis zu dem Beluvabaum zu gehen, sondern blieb in einiger Entfernung stehen und sprach: »Dort, Herr, hat es geplatscht,« und sprach die erste Strophe:


1. »Es hat geplatscht – Heil sei dir – an dem Orte, an dem ich wohne.

Ich aber weiß es nicht, was das ist, was geplatscht hat.«


[287] Als der Hase das gesagt hatte, ging der Löwe an die Wurzel des Beluvabaumes und nach dem Orte, an dem der Hase unter dem Palmblatt gelegen hatte, und als er auf dem Palmblatt die herabgefallene reife Beluvafrucht sah und sich vergewissert hatte, daß die Erde nicht unterging, nahm er den Hasen auf den Bücken, eilte mit Löwengeschwindigkeit schleunigst zu den Gruppen der Tiere, erzählte ihnen die ganze Geschichte, redete den Tieren Mut ein: »Fürchtet euch nicht,« und entließ sie.

Wäre nun damals der Bodhisatta nicht gewesen, so wären sie alle ins Meer gerannt und darin umgekommen; nur durch den Bodhisatta blieben sie am Leben.


2. »Der Hase floh, als er eine herabgefallene Beluvafrucht platschen hörte.

Das Heer der Tiere geriet in Not3, als es die Rede des Hasen gehört hatte.« [Strophe.]


Der Kommentar fügt noch zwei Strophen hinzu, die nichts mit der Erzählung zu tun haben. Unzweifelhaft gehört diese Erzählung zu der von Dähnhardt besprochenen Gruppe. Die Hauptzüge stimmen überein: 1. Der Hase flieht aus Angst. 2. Seine Flucht veranlaßt andere, gleichfalls zu fliehen. Das fliehende Heer der Tiere entspricht den erschreckten Schafsherden der östlichen Fassungen. 3. Die Flucht richtet sich nach einem Gewässer.

Andererseits wird niemand behaupten wollen, daß die buddhistische Erzählung in der vorliegenden Form das Original sei, auf das die europäischen Fassungen zurückgehen. Wie so überaus häufig im Jātaka hat die ursprüngliche Erzählung die Einkleidung zu einer Verherrlichung des Bodhisatta liefern müssen. Das ganze Eingreifen des Bodhisatta ist auf alle Fälle eine Zutat. Wie die Erzählung ursprünglich lautete, das zeigt uns die zweite Strophe, die ganz den Charakter der in der Sanskritliteratur üblichen Überschriftsstrophen zeigt. Und die gesperrt gedruckten Worte des vorhergehenden Prosasatzes deuten an, daß der Verfertiger der Prosaerzählung den ursprünglichen Auszug noch kannte. Dieser berichtete offenbar, daß die Tiere alle in ihrer Angst ins Meer stürzten und umkamen, und die daran geknüpfte Lehre wird etwa gelautet haben: »Wer sich, ohne den Tatbestand ermittelt zu haben, auf die Worte eines andern verläßt, kommt um.«4 [In einem pommerschen Märchen von den ›Haustieren im Räuberhause‹ erschrickt der Hase vor dem Geräusch, das Regentropfen beim Fallen auf ein Kohlblatt hervorbringen und ruft: »Dei Himmel fillt in!« Blätter f. pomm. Volkskunde 6, 135. A.v.L.][288]


Zu S. 98.


Mit der kleinrussischen Version aus Čubinskij, Trudy 1, 55 vgl. Čudinskij, Russk. Narodn. Skazki S. 136, b (Moskau 1864).

Die Stelle des Hasen vertritt in einem großrussischen Schwankmärchen vom Typus ›das tapfere Schneiderlein‹ der Held dieses Märchens, Fomka Berennikov, Afanas'jev Nr. 235 b, vgl. Löwis of Menar, Der Held S. 102.


Zu S. 98 ff.


Estnische Varianten.


1. Aus dem Kirchspiel Waiwara.


Einst beschlossen mehrere Hasen, sich zu ertränken, weil sie unzufrieden waren, daß niemand sich vor ihnen fürchtete. Am Flusse angekommen, sahen sie einen Frosch ins Wasser springen. Sie glaubten, er habe sich vor ihnen gefürchtet und lachten so, daß ihre Lippen platzten.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt II. 36. p. 385 Nr. 20 Dv.

2. Aus dem Kirchsp. Waiwara.


Einst gingen mehrere Hasen zu einem Fluß, um sich zu ertränken. Sie taten das aus Verzweiflung; kein Tier fürchtete sich vor ihnen und sie kamen sich sehr gedemütigt vor. Ein Schafherde sah sie kommen und lief erschrocken davon. Die Hasen freuten sich so, daß sie anfingen zu lachen, wobei ihre Lippen platzten.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt II. 36. p. 385 Nr. 19v.

3. Aus dem Kirchsp. Karkus.


Der Hase war sehr traurig darüber, daß kein Tier ihn fürchtete. Er ging traurig zu seinen Bekannten und erzählte, was ihm das Herz bedrückte. Da gab einer ihm den Rat, auf die nicht weit gelegene Wiese zu laufen und dort eine Schafherde zu erschrecken. Der Hase tat es. Wie er die Schafe nun davonstürmen sah, freute er sich so sehr, daß er laut zu lachen anfing. Da platzte seine Lippe und ist bis auf den heutigen Tag so geblieben.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt II. 23. p. 79 Nr. 1.

4. Aus dem Kirchsp. Pillistfer.


Traurig dachte der Hase einst darüber nach, daß kein Tier sich vor ihm fürchte und er immer die Flucht ergreifen müsse, da die anderen stärker seien als er. Eines Tages hatte er sich in einem Gebüsch aufgehalten und sprang von dort auf einen freien Platz hinaus, wo Schafe weideten. Als die ihn erblickten, rannten sie fort. Darüber freute der Hase sich sehr. Er fing so sehr zu lachen an, daß seine Lippe platzte.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt II. 49, p. 708 Nr. 5.

5. Aus dem Kirchsp. Waiwara.


Einst flüchteten sich mehrere Hasen vor den Hunden des Jägers. Beim Laufen traten sie einander auf die Lippen, so daß diese platzten. Seit dieser Zeit haben die Hasen geplatzte Lippen.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt H. 36. p. 385 Nr. 20v.

6. Aus dem Kirchsp. Waiwara.


Ein Ehepaar hatte zwei Kinder; einen Knaben und ein Mädchen. Der Knabe ging eines Tages mit einem Bogen in den Wald, um Vögel zu schießen. Da sah[289] er einen Hasen. Er hielt ihn für einen Tiger und lief erschreckt fort. Darüber lachte der Hase so, daß seine Lippe platzte.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt II. 36. p. 389 Nr. 23v.

Zu S. 100.


Zeile 13 y.u. lies Etn. Sbornik 6 (1864) Abt. 1, 122.


Zu S. 103 ff. Kap. 2, 1.


Ein glücklicher Fund setzt mich in die Lage, interessante Nachträge zur Feindschaftsfabel geben zu können.

In der ältesten Fassung, die sich in einem Werke des čechischen Juristen Ctibor Tovačovsky findet, geht, wie wir lasen, die Rede von einem Kampf zwischen Hunden und Wölfen. Beim ersten Zusammenstoß siegen zwar die Hunde, allein die Wölfe sammeln sich, ermutigen sich zu neuem Strauß und sprechen zueinander: »Das Recht ist unser, denn wir sind alle grau, jene aber von verschiedener Farbe: der eine rot, der andere weiß, der dritte schwarz und der vierte bunt.« Die Wölfe stürzen sich aufs neue in den Kampf und gewinnen einen glänzenden Sieg.

Eine Anspielung auf das verschiedenfarbige Aussehen der Hunde finden wir auch im Bildergedicht des Nürnberger Briefmalers Glockendon (oben S. 105) worauf bereits Bolte aufmerksam machte (Zeitschr. d. Ver. f. Volkskunde 21, 167). Hier heißt es gleich eingangs von den Mäusen, Katzen, Ratzen und Hunden:


In heusern, kirchen, auff der gassen

Künnen sy ir zwitracht nicht lassen,

Und wenn sy haben ein hochzeyt,

So seind ir allweg vil bereit;

Von jung und alten, klein und groß

Laufft durch einander ein großer stoß,

Schwartz, graw, rot, gescheckelt und weissen,

Die Klaider sy einander reissen.


Das Motiv der buntfarbigen Hunde wird aber von Glockendon nicht weiter genutzt, augenscheinlich kannte er die dazugehörige Fabel nicht, die auf Babrios zurückgeht.

In hinkenden Iamben abgefaßt (ca. 200 n. Chr.) erzählt die 85. Fabel des Babrios von einem Kriege zwischen Hunden und Wölfen. Ein achäischer Hund wird von seinen Stammesgenossen zum Feldherrn gewählt, aber als es zur Schlacht kommen soll, weigert er sich, seine Truppen in den Kampf zu führen, denn:


... χρὴ δ᾽ ἀεὶ προβουλεύειν.

τῶν μὲν πολεμίων τὸ γένος ὧν ὁρῶ πάντων

ἕν ἐστιν· ἡμῶν δ᾽ ἦλϑον οἱ μὲν ἐκ Κρήτης,

οἱ δ᾽ ἐκ Μολοσσῶν εἰσιν, οἱ δ᾽ Ἀκαρνανῶν,

ἄλλοι δὲ Δόλοπες, οἱ δὲ Κύπρον ἢ Θρᾴκην

αὐχοῦσιν, ἄλλοι δ᾽ ἄλλοϑεν ....

(Babrii Fabulae p. 43, rec. M. Gitlbauer).


Und weiter sagt er zu den Seinen: »Wir sind nicht wie unsere Feinde von einer Farbe, sondern einige von uns sind schwarz, die anderen grau,[290] einige sind weißgefleckt, andere wieder ganz weiß. Wie kann ich diese nicht zusammenstimmenden in den Kampf führen gegen jene, unter denen eine so vollkommene Gleichheit herrscht?«

Einigkeit ist ein großes Glück für die Menschen, schließt Babrios, der Zwiespalt aber entkräftet sie und führt sie in Knechtschaft.

Die Übereinstimmung dieser Fabel mit der Fassung des čechischen Juristen liegt auf der Hand. Hier wie dort stehen sich die Buntfarbigen und die Einfarbigen gegenüber, ja man kann in der Beschreibung der Hunde eine fast wörtliche Übereinstimmung feststellen. Daß die Vorgeschichte des Kampfes bei Tovačovský Neues bringt, und der Schluß ein anderer ist als bei Babrios, kann nicht überraschen, denn die griechische Fabel sollte tatsächliche politische Verhältnisse, über die auch Plutarch berichtet, satyrisch beleuchten5, war also mehr oder weniger an die Wirklichkeit gebunden. Hierbei setzen wir voraus, daß Babrios aus älteren Erzählungen schöpfte, was aber keineswegs ausgemacht ist, denn er kann den knappen, scharf pointierten Rahmen für seine politische Anspielung auch selbst erdacht haben. Dann wäre die Ausgestaltung der handlungsarmen Geschichte auf Tovačovskys Konto oder das seiner unbekannten Quelle zu setzen. Jedenfalls war jedoch die Fabel so, wie sie bei Babrios steht, für den späteren Erzähler, der nichts von griechischer Politik wußte, nicht zu brauchen. Umformungen mußten eintreten, und was lag da näher als die Fabel mit solchen Stoffen zu verquicken, die von dem einen der auftretenden Tiere – dem Hunde – bereits im Schwange waren? Wann und von wem zuerst diese Anknüpfung vollzogen ist, bleibt vorläufig ungewiß, sicherlich ist sie aber schon früh erfolgt, denn sie hat ein weites, bis in den hohen Norden Europas sich erstreckendes Verbreitungsgebiet errungen.

Bezeichnenderweise tritt der Wolf nur noch in polnischen, russischen und finnischen Varianten der jungen mündlichen Tradition auf (s. oben S. 125 f., 214 f. und die unten folgenden Nachträge), in den mittel- und westeuropäischen fehlt er.

Wiederum liegt die Vermutung nicht fern, daß Byzanz die Vermittlung der griechischen Fabel in den slawischen Osten übernommen hat, von wo aus sie in nördlicher Richtung bis nach Finnland, westwärts bis Polen und Mähren gedrungen ist. Dabei mag das Verbreitungsgebiet in älterer Zeit ein weit größeres gewesen sein, als sich heute nachweisen läßt, und der Wolf kann damals auch in mitteleuropäischen Varianten aufgetreten sein. Erst seine Ausrottung in jüngerer Zeit gab vielleicht die Veranlassung zu seinem Verschwinden.

Wir kommen auf Grund der obigen Ausführungen zum Schluß, daß von[291] allen literarischen Varianten Tovačovskýs Fassung, deren altertümlicher Charakter uns schon aufgefallen ist, den ursprünglichen Hergang am getreuesten widergibt. Sie hat den nachweislich ältesten Zug von der Buntheit der Hunde und ihren Kampf mit den Wölfen bewahrt, und bei ihr finden wir zum erstenmal, soweit wir es verfolgen können, die Verbindung mit der Geschichte vom verlorenen Dokument, die Katze und Maus in die Handlung einführt und mit der bekannten Feindschaftsätiologie schließt.

Den hier folgenden sechs finnischen Varianten ist das Auftreten des Wolfes gemeinsam, in Einzelheiten gehen sie teilweise auseinander. Die ersten vier Fassungen schließen mit der Feindschaftsätiologie, die fünfte endet mit dem Motiv vom Beschnüffeln, die sechste hat beides.

1a. Zum singenden Wolf vgl. oben S. 232 ff.


Es war einmal ein armes Haus, und der Hund [der dort lebte] mußte oft hungern. Er schloß einen Bund mit dem Wolfe. Während die Leute auf der Wiese arbeiteten, wohin sie ein kleines Kind mitgenommen hatten, kam der Wolf und entführte das Kind. Der Hund setzte ihm nach, nahm ihm das Kind weg und brachte es zurück, und von jetzt ab erhielt er Essen genug. Nach einiger Zeit sagte der Wolf zum Hunde: »Schaffe du mir jetzt Essen, wie ich dir damals welches verschaffte.« Es wurde aber im Hause ein Gastmahl gegeben und die Mahlzeit war gerade beendigt. Der Hund sagte zum Wolfe: »Geh dort hinein um zu essen.« Der Wolf ging und aß, aber binnen kurzem wurde er sehr durstig, so daß er den Hund um ein Getränk bat. Der Hund brachte ihm Bier. Der Wolf trank und begann wieder zu essen. Wieder wurde er durstig und der Hund brachte abermals Getränke. Der Wolf sagte: »Ich will singen.« Der Hund sagte: »Tu es nicht, man würde dich fangen.« Als nun der Wolf aß und trank, wurde er immer mehr betrunken. »Ich beginne zu singen,« rief er. Er wurde vom Hunde gewarnt, aber er begann dessenungeachtet. Er brüllte dermaßen, daß die Wände des Gebäudes zitterten. Leute kamen dazu und der Wolf wurde ergriffen und getötet. Darauf kamen die anderen Wölfe aus dem Walde und begannen den Hund zu bedrängen, sie meinten: »Er war es, der es so machte, daß jener getötet wurde.« Es wurde prozessiert. Das Gericht erkannte in der Sache, daß der Hund schuldig sei, und die Hunde wurden verurteilt, sich im Walde aufzuhalten, während die Wölfe im Dorfe wohnen sollten. Die Hunde aber bestachen den Eichter, so daß dieser ein falsches Protokoll aufnahm und schrieb: die Wölfe sollen sich im Walde aufhalten, die Hunde im Dorfe wohnen. Als die Wölfe ins Dorf kamen, hielten ihnen die Hunde das Protokoll hin. Die Wölfe mußten sich in den Wald zurückziehen. Die Hunde steckten ihr Protokoll in einen Biß des Daches und sagteu zu den Katzen: »Geben sie acht, daß die Mäuse das Protokoll nicht zernagen, während wir in den Wald gehen.« Die Hunde gingen dorthin, um die Wölfe zu verjagen. Aber die Katze war unaufmerksam. Bei der Rückkehr der Hunde lag das Protokoll in tausend Stückchen zernagt. Und seitdem haben Wölfe Hunde und Hunde Katzen und Katzen Mäuse gehaßt.


  • Literatur: K. Krohn, Suom. Kans. I 152 Nr. 133.

b. Aus Satakunta.


Der Wolf pflegte ehemals Schafe zu fressen, und der Hund verkündigte es im Dorfe. Einmal machten sie aber einen Vertrag mit dem Inhalt, daß der Wolf den[292] Hund nicht mehr beunruhigen solle, falls der Hund ihn nicht angäbe. Der Hund gab den Vertrag der Katze in Verwahr. Die Katze versteckte den Vertrag, aber die Mäuse zernagten ihn. Als der Winter kam, begann der Wolf die Hunde zu beunruhigen. »Das war ja nicht erlaubt,« sagte der Hund und forderte von der Katze den Vertrag zurück. Die Katze aber konnte das Papier nicht finden. Seitdem hat der Wolf den Hund gehaßt, der Hund die Katze und die Katze die Maus.


  • Literatur: Manuskript K. Rankonen 9.

c. Aus Tawastland.


Ehemals, zurzeit wo alle Tiere reden konnten, kam der Wolf zu einem Hauswirt, bewarb sich um den Dienst als Schäfer und forderte ein junges Rindvieh als Lohn. Der Hauswirt ging auf den Handel ein, und man schrieb einen Kontrakt. Der Wolf sagte zum Hunde: »Du wirst ja zu Hause bleiben, halte diesen Kontrakt in Verwahr.« Das tat der Hund, aber als er einmal in den Wald ging, gab er den Kontrakt der Katze zur Aufbewahrung. Die Katze nahm das Papier und steckte es in einen Riß in der Wand. Es wurde Herbst. Der Wolf hatte seinen Dienst gut versehen und forderte seinen Lohn. Der Hauswirt sagte: »Hole den Kontrakt.« Der Wolf verlangte ihn vom Hund und dieser wieder von der Katze. Die Katze ging um zu sehen, ob das Papier im Risse sei, aber die Mäuse hatten es gefressen. Der Hauswirt gab dem Wolfe nicht das junge Rindvieh, weil dieser keinen Kontrakt aufzuweisen hatte. Seitdem hat der Wolf den Hund, der Hund die Katze und die Katze die Maus gehaßt und der Wolf nimmt sich seitdem Kälber ohne Erlaubnis, weil er seinen Lohn nicht erhalten hat.


  • Literatur: Manuskript M. Forstadius 12.

d. Aus Mittelösterbotten.


Es war einmal ein fauler Hund, den man in den Wald fortjagte. Es kam ein Wolf und fragte: »Wer bist du?« – »Ich bin ein Schuster.« Der Wolf sagte: »Verfertige mir ein Paar Schuhe.« »Hole mir eine Kuh herbei, – ich muß ja Leder haben. Dann: ein Schaf, des Zwirnes wegen. Dann: ein Schwein, um der Fette willen.« Der Hund fraß sie alle drei. Der Wolf wurde zornig, und es gab eine Schlägerei zwischen ihnen. Seitdem hassen Hunde und Wölfe einander. Die Hunde haben nicht mehr vonnöten, etwas anderes zu tun, son dern erhalten ihr Essen und erhielten auch einen Vertrag, der naß wurde; man gab ihn der Katze zum Trocknen, aber die Mäuse fraßen ihn. Seitdem hassen Katzen und Hunde einander und ebenso Katzen und Mäuse.


  • Literatur: Manuskript E. Rautell 90.

e. Aus Nordkarelien.


Die Hunde jagten den Wolf vom Kirchspiele weg. Der dankbare Kreisaufseher gab den Hunden einen gemeinsamen Paß. Die Hunde begannen zu überlegen, wem sie den Paß in Verwahrung geben sollten. Endlich beschlossen sie den Paß demjenigen zu geben, dessen Schweif am buschigsten sei. So geschah es. – Sie schwammen über einen Fluß, aber dabei ging das Papier verloren. Jetzt konnten die Hunde sich gar nicht erinnern, wer den Paß bekommen hatte und begannen darum einander unter den Schwanz zu schnüffeln, und seitdem haben die Hunde die Gewohnheit einander unter dem Schweif zu schnüffeln.


  • Literatur: Manuskript M. Nurmio.

[293] f.


Es war einmal ein alter, treuer Hund. Da geschah es, daß zwei Hähne miteinander stritten; der Hund wollte sie trennen, aber unglücklicherweise wurde der eine Hahn dabei von ihm totgebissen. Der Hausherr ward darum auf ihn erzürnt und jagte ihn aus dem ganzen Kirchspiel fort. Als der Hund in einem Schuppen auf der Wiese schlief, kam ein Wolf hinzu und fragte: »Wer bist du?« »Ein Schuster bin ich,« antwortete der Hund. Der Wolf begann ihn dringend zu bitten, daß er ihm Stiefel verfertige. »Hole mir ein Kalb für den Stoff,« sagte der Hund. Der Wolf tat wie befohlen. Nach zwei Wochen kam der Wolf um die Stiefel zu holen und fragte: »Sind die Stiefel schon fertig?« Der Hund, der unterdessen das Kalb gefressen hatte, sagte: »Habe doch keine Borsten, bringe mir ein Schwein.« Nach acht Tagen kam der Wolf wieder. Der Hund hatte indessen das Schwein gefressen und sagte: »Bringe mir noch ein Schaf um der Fette willen.« Der Wolf brachte das Schaf herbei. Über drei Tage sollte er wiederkommen. Er kam nach drei Tagen und fragte: »Sind die Stiefel schon fertig?« Der Hund hatte indessen das Schaf gefressen. Er sagte: »Ich habe all den Stoff gefressen.« Der Wolf rief: »Jetzt töte und fresse ich dich, da du mich genarrt hast.« Der Hund sagte: »Laß uns noch nicht beginnen zu streiten. Versammle du so viele Wölfe wie du kannst, ich will Hunde zusammenrufen, alsdann wollen wir erproben, wer gewinnen wird.« Nach acht Tagen sollten sie auf derselben Wiese den Kampf ausfechten. Dem Wolfe war es nur gelungen, einige Wölfe zusammenzubringen, der Hund aber hatte viele Hunde zusammengerufen. Darauf begann der Kampf und die Wölfe konnten natürlich nicht standhalten; sie wurden von den Hunden aus dem Kirchspiel fortgejagt. Die Dorfgemeinde beschloß: »Jetzt sollen die Hunde überall Essen bekommen und mit den Fähren übergesetzt werden.« Und es wurde den Hunden ein Protokoll darüber gegeben, das sie der Katze in Verwahr gaben. Darauf kamen sie zu einer Stelle, wo sie mit der Fähre überfahren wollten. Aber der Fährmann sagte: »Ohne Geld darf ich Hunde nicht überführen.« Die Hunde sagten: »Wir haben ein Protokoll, worin es steht: ›sollen mit den Fähren übergesetzt werden.‹« Und ein Hund ging, um das Protokoll von der Katze zu holen, aber die hatte indessen die Mäuse ein Stück vom Protokoll benagen lassen. Der Hund holte das Protokoll herbei, aber es fehlte gerade die Stelle: »mit den Fähren übergesetzt werden«. Die Hunde meinten jedoch: »Hinüberwollen wir doch!« und steckten das Protokoll unter den Schweif desjenigen Hundes, dessen Schweif am buschigsten war, so daß das Papier nicht naß würde. Der Hund aber vergaß die Sache und hob seinen Schweif empor als er schwamm, und der Strom spülte den Kontrakt weg. Als man hinübergekommen war, begann man das Protokoll zu suchen, aber vergebens. Und seitdem hat der Hund die Katze gehaßt, weil sie die Mäuse das Protokoll zerreißen ließ, und die Katze haßt die Mäuse, weil sie das Protokoll zerrissen haben. Und wenn jetzt Hunde zusammentreffen, so beriechen sie einander unter dem Schweif, um nach dem Protokoll zu sehen.


  • Literatur: K. Krohn, Suom. Kans. I, 163 Nr. 134, vgl. ebenda S. 409, XLI 7 b: eine Variante aus Jisalmi in Nordsavolax und zwei aus Mittelösterbotten, Kirchsp. Pulkkila und Haapavesi; vgl. auch ebenda S. 409, a: eine Variante aus Pyhäjärvi in Mittelösterbotten.

Hier mochte ich auch gleich drei bei den Schweden in Finnland aufgezeichnete Varianten einfügen. Der Wolf tritt in allen auf; das Motiv ›Beschnüffeln‹ findet sich in den beiden letzten Fassungen. – Die Übersetzung stammt von Herrn stud. Hans Rydbo in Gotenburg.


[294] 1. Es war einmal ein alter Hund, der nicht mehr bellen oder sonst was konnte. Da meinten seine Besitzer, daß es das beste sei, ihn zu erschießen. Als der Hund das hörte, rannte er in den Wald hinaus, um sein Leben zu retten. Dort fand er eine alte Hütte, die verlassen war, und die Fenster waren fortgenommen, aber der Herd stand noch da. Der Hund sprang zum Fenster hinein und auf den Herd, um sich zu wärmen. Bald darauf kam ein Wolf, stützte sich mit seinen Vorderpfoten auf den Fensterpfosten und schaute in die Hütte hinein. Als er den Hund erblickte, fragte er: »Wer bist du?« – »Ein Schuster,« antwortete der Hund. »Nun, wenn du ein Schuster bist, willst du mir nicht ein Paar Stiefel machen?« sagte der Wolf. – »Ich habe kein Leder,« antwortete der Hund. »Ich werde dir schon Leder verschaffen, ich selbst,« entgegnete der Wolf und ging fort, kam aber bald mit einer Sterke6 zurück, übergab sie ihm und sagte: »Da hast du Leder.« – »Gut, du wirst deine Stiefel aber nicht eher als nach fünf Wochen bekommen,« erwiderte der Hund, als er die Sterke bekam. Als fünf Wochen vergangen waren, kam der Wolf zurück und fragte nach den Stiefeln. Der Hund antwortete: »Ich habe kein Schmalz und konnte daher die Haut nicht brauchen.« Der Wolf rannte aufs neue fort und hatte ein schrecklich großes Schwein in den Klauen, als er zum Hunde zurückkehrte. – »Deine Stiefel bekommst du nicht eher, als bis fünf Wochen vergangen sind,« sagte der Hund. Der Wolf ging darauf fort, und der Hund fraß das Schwein, befand sich sehr wohl dabei und bekümmerte sich wenig um die Stiefel des Wolfes. Als fünf Wochen vergangen waren, kam der Wolf zurück und fragte nach den Stiefeln, die ihm der Hund machen sollte. Als er kam und sich mit den Vorderfüßen auf den Fensterpfosten stützte und nach den Stiefeln fragte, antwortete ihm der Hund, daß er kein Feuer gehabt habe, und darum keinen Pechfaden habe zubereiten können. Als der Wolf das hörte, wurde er böse und sprang zum Hunde in die Hütte, und nun fingen sie an sich zu schlagen. Aber der Hund besiegte den Wolf. Darnach versöhnten sie sich wieder, machten aber untereinander aus, daß der Hund in die Stadt gehen und Hunde holen sollte, der Wolf aber in den Wald, um Wölfe zu holen, und dann sollten sie sich in der Nähe der Hütte versammeln, um sich dort aufs neue zu schlagen. Wer gewinnen würde, solle mit den Menschen sein dürfen, aber die, die verlieren würden, sollten im Walde bleiben müssen. Sie taten so, wie beschlossen. Der Hund lief in die Stadt und verschaffte sich Kameraden, und der Wolf in den Wald und suchte seinesgleichen auf. Als sie alle versammelt waren, gab es eine große Schlägerei. Der Kampf wurde immer gewaltiger, aber zuletzt mußten die Wölfe nachgeben und im Walde Wohnung nehmen, die Hunde aber, die gewonnen hatten, durften mit den Menschen sein, wie es der Hund und der Wolf schon im voraus verabredet hatten. Als die Schlägerei zu Ende war, gingen der Hund und der Wolf in die Stadt, um zu trinken. Als sie gesoffen hatten und der Hund berauscht war, begegnete er in der Straße der Katze. Da gab er ihr jene Schrift, die er und der Wolf untereinander aufgesetzt hatten, und sagte, sie solle das Papier bewahren, bis er nüchtern geworden sei. Die Katze nahm die Schrift und versteckte sie auf dem Heuboden unter dem Dach, zwischen Dach und Firstbalken. Als der Hund nüchtern geworden war, fragte er die Katze nach seiner Schrift. Die Katze wollte dorthin gehen, wo sie das Papier versteckt hatte, und es herbeiholen. Als sie aber dort hinkam, hatten die Mäuse es zernagt. Da die Katze dem Hunde seine Schrift nicht bringen konnte, wurde er böse; sie fingen eine Balgerei an und prügelten sich. Als der Streit zu[295] Ende war, stellte die Katze den Mäusen nach, die ihr die Schrift zernagt hatten, fraß sie auf und sagte, sie wolle von dem Tage ab allen Mäusen nach dem Leben trachten, die sie nur erblicken würde. Seit der Zeit liegen die Katze und der Hund im Streit miteinander, und die Katze jagt den Mäusen nach, die die Schrift des Hundes zerrissen haben, und der Wolf stellt dem Hunde nach, weil er ihm die Stiefel nicht machte, wie er ihm versprochen hatte, ehe sie sich schlugen und der Wolf verlor und daher im Walde wohnen mußte.

2. Ein alter Hund, der achtzehn Jahre geworden war, begab sich aus der Stadt, wo er von allen verachtet wurde, in die Einöde, wo er lange Zeit in einer Waldbadestube wohnte. Eines Abends kam ein Fremder, ein Wolf, der einen weiten Weg gemacht hatte, zur Wohnung des Hundes und fragte zum Fenster hinein: »Wer wohnt hier?« – »Ein Schuster,« sagte der Hund. Er war sicher und ruhig in seiner Wohnung, weil er einen großen Sperrbaum vor die Tür gelegt hatte, und der Baum zum Durchkriechen für den Wolf zu eng war. »Nun, willst du mir ein Paar Schuhe machen?« fragte der Wolf, »mir frieren schon seit langer Zeit die Füße, denn ich bin ohne Schuhe gewandert.« – »Wenn du Leder und was sonst dazu nötig ist, hierher bringst, werde ich dir binnen vierzehn Tagen Schuhe machen,« sagte der Hund. In kurzem kam der Wolf mit einer Kuh zur Wohnung des Hundes zurück. Als er die Kuh nicht ganz und gar durch den Spalt zwängen konnte, mußte er sie zerstückeln und alles, Bissen für Bissen hineingeben. Als der Hund Essen bekommen hatte, gab er vor, daß ihm Pech fehle. Als er Pech bekommen hatte, gab er vor, daß Borsten fehlen. Um allen Mängeln abzuhelfen, die der Anfertigung der Schuhe im Wege standen, versuchte der Wolf alles, was er vermochte. Borsten anzuschaffen war ihm keine schwere Arbeit: er packte ein großes Schwein und trug es vor die Wohnung des Hundes. Weil es zu groß war, um es hineinzubringen, mußte er es zerstückeln und einen Bissen nach dem andern durch die Spalte stopfen. Da die Schuhe des Wolfes nie fertig wurden, sondern der Hund immer neue Entschuldigungen vorzubringen hatte, wurde der Wolf immer böser, und schließlich wurden beide aufeinander so erbittert, daß sie beschlossen, durch Kampf den Zwiespalt zu entscheiden. Platz und Zeit wurden festgestellt. Der Hund, welcher in der Stadt sehr bekannt war, erhielt auf seine Seite viele Kameraden zur Hilfe. Der Wolf aber verließ sich zu sehr auf seinen Mut und seine Kraft und versäumte es, sich so viele Freunde zum Beistand zu verschaffen, wie der Hund. Darum wurde er besiegt und verlor viele Kameraden in dem Kampfe und das Allervorteilhafteste, nämlich den Sieg. In herrlichem Triumph kehrte der alte Hund in die Stadt zurück, von allen seinen Kameraden begleitet, und forderte Lohn für den Sieg, den er über seinen Gegner, den Wolf, eben erkämpft hatte. Keiner konnte ihm verweigern, was er wünschte, sondern man gab ihm ein großes Privileg, das viele gute Vorrechte für ihn und alle seine Kameraden enthielt. Er ließ die Katze dieses Privileg in einen Bauernhof bringen, damit es dort vorläufig im Versteck bliebe. Die Katze leistete dem Befehle Folge und nahm das Privileg des Hundes in Verwahr. Indessen machte der alte Hund mit vielen seiner alten Kameraden aus der Stadt eine Reise. Als sie an einen großen Fluß gekommen waren, über den man mit der Fähre übersetzen mußte, erinnerten sie sich, daß sie ihr Privileg vergessen hatten. Sie sandten sogleich die Katze danach aus. Als das Schriftstück abgeholt war und die Hunde über den Fluß fahren wollten, hatte keiner von ihnen Geld, um den Fährmann zu bezahlen. Darum führte er sie auch nicht über den Fluß auf seiner Fähre, sondern sie mußten alle schwimmen. Derjenige, der das Privileg hinüberbringen sollte, steckte es unter seinen[296] Schwanz. Aber während er schwamm, verlor er es im Wasser. Als sie alle hinübergekommen waren, fingen sie an, sich gegenseitig unter den Schwänzen zu beschnüffeln, um ihr Privileg zu suchen, und so suchen die Hunde noch heute, wenn sie einander begegnen.

3. Der Hund und der Wolf waren eine Zeitlang gut Freund, aber es wurde ihnen wohl zu eng, an gemeinsamem Platze zu jagen. Sie machten darum einen Vertrag zwischeneinander, daß sie sich trennen wollten. Der Hund steckte den Vertrag unter den Schwanz, da er keine andere Stelle hatte, wohin er es legen konnte. Als er später an einen See kam und hinüberschwamm, wurde der Vertrag naß; darum befahl er, als er nach Hause kam, der Katze, ihn auf einem Ofen zu trocknen. Die Katze hatte nicht recht darauf acht, und ließ die Mäuse den Vertrag auffressen. Als der Hund später zum Wolf zurückkam, wollte dieser es nicht dulden, daß sich der Hund bei ihm aufhielte, und sagte: »Wir haben ja einen Vertrag zwischen uns gemacht, daß wir nicht auf demselben Platze verweilen würden,« und er fragte nach dem Vertrag. Als der Hund ihn nicht aufweisen konnte, gerieten sie in Streit, und seit der Zeit ist der Wolf dem Hunde böse gewesen, und der Hund der Katze, die den Vertrag auf dem Ofen trocknen und überwachen sollte, und die Katze den Mäusen, die den Vertrag des Hundes aufgefressen hatten. Und noch heute, wenn Hunde sich begegnen, beschnüffeln sie sich unter dem Schwänze und suchen den Vertrag.


  • Literatur: Nyare bidrag till kännedom om de svenska landsmålen och svenskt folkliv 1906, Rancken-Vefvar, Djursagor från Österbotten Nr. 31–33.

Zu S. 106.


Johannes Bolte teilt mir freundlichst mit, daß das Meisterlied des Peter Probst inzwischen in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 19, 128 (1911) von Kreisler abgedruckt worden ist.


Zu S. 113 Nr. 3.


Aus Satakunta.


Der Hund, die Katze und die Ratte sollten freien Tisch beim Könige haben. Und der Hund gab den Kontrakt der Katze in Verwahr, und die Katze gab ihn der Ratte. Eines Tages, als es schönes Wetter war, steckte die Ratte den Kontrakt in die Erde unter die Traufrinne. Es trat Regenwetter ein, und der Kontrakt wurde vom Wasser gänzlich erweicht. Nach Verlauf einiger Jahre starb der alte König, und eine neue Regierung trat an die Stelle der alten. Man fragte die Tiere: »Mit welchem Recht sitzen sie am Tisch des Königs?« Der Hund rannte, um den Kontrakt von der Katze zu holen, und die Katze tat ebenso, um ihn von der Ratte zu fordern. Die Ratte ging und wühlte unter der Traufrinne, fand aber nichts. Da wurden sie alle vom Hofe weggejagt und seitdem haben sie einander unversöhnlich gehaßt.


  • Literatur: K. Krohn, Suomal. Kansan. 1, 211 Nr. 181.

Zu S. 114 Nr. 4.


Estnische Varianten aus dem hdschriftl. Nachlaß von Hurt II, 27, p. 863 Nr. 3 und II, 42, p. 89 Nr. 1.


1. Aus dem Kirchsp. Pillistfer.


Warum Katze, Hund und Maus einander feind sind.


Als Gott die Tiere erschaffen hatte, bestimmte er auch einem jeden die Nahrung. Nur der Hund war vergessen worden. Er mußte viel Hunger leiden und[297] entschloß sich endlich, zu Gott zu gehen und ihn um Rat zu fragen. Gott erlaubte ihm, alles zu fressen, was von seines Herrn Tische fiele. Um sein Recht zu sichern, gab Gott ihm ein Schreiben mit, welches er seinem Herrn im nötigen Falle vorweisen sollte. Zu Hause angekommen gab der Hund sein Dokument der Katze, damit diese es verwahre. Die Katze legte es ins Mauseloch, wo es gar bald von Mäusen und Ratten verschleppt wurde. Nun geschah es, daß der Wirt des Hundes ein Schwein schlachtete. Er hatte es auf einen Tisch gelegt, um es zu zerteilen. Während er beschäftigt war, bemerkte er nicht, daß das Schwein herunterfiel. Der Hund ging gleich hin, um das Tier für sich zu bekommen, wie Gott ihm ja die Erlaubnis gegeben hatte. Damit war der Wirt aber nicht zufrieden. Er trieb den Hund mit Schimpfworten fort. Da ging dieser zur Katze, um sein Schreiben zu bekommen und es dem Herrn vorzuweisen. Die Katze hatte ihm natürlich nichts zu geben, denn sie hatte schon längst bemerkt, daß das wichtige Dokument verloren gegangen war. Der Hund mußte unverrichteter Sache zurückkehren und verlor alle seine Rechte. Von dem Tage fing er an, alle Katzen zu hassen und zu verfolgen.


2. Aus dem Kirchsp. Fennern.


Oftmals gebrauchen die Menschen den Ausdruck: »Sie leben wie Katze und Hund.« Über die Entstehung dieses Wortes erzählt der Volksmund: »In alter Zeit lebten die Tiere sehr oft in Zank und Streit; sie konnten in der Wahl der Nahrung und des Wohnortes nicht einig werden und beklagten sich darum oft bei Gott dem Herrn. Um Frieden zu stiften, versammelte Gott einst alle Tiere um sich und gab jedem eine bestimmte Nahrung; darauf wies er ihnen auch die Behausungen und befahl, diese Gesetze immer zu beachten. Unter den vielen Tieren, welche erschienen waren, fehlte aber der Hund. Er hatte sich verspätet und erschien erst, als alle anderen schon fort waren. Wie er vor Gott mit seiner Bitte erschien, gab der Herr ihm die Erlaubnis, alles das zu essen, was von seines Herrn Tische falle. Zur Sicherheit gab er ihm noch eine Beglaubigung mit; die sollte er vorweisen, wenn sein Herr ihm nicht Glauben schenken würde. Dankbar ging der Hund fort und tat nach des Herrn Geheiß. Eines Tages aber gab er den Schein, den er von Gott erhalten, der Katze ab. »Du bist doch mehr zu Hause, als ich. Verwahr' ihn. Bei meinen Wanderungen könnte ich ihn leicht verlieren,« sagte er zu ihr. Die Katze nahm den Schein und versteckte ihn in einem Rattenloch. Die Ratten verschleppten ihn jedoch in einigen Tagen und so kam es, daß der Hund sein teures Eigentum nicht mehr sah. Von dem Geschehenen erzählte die Katze dem Hunde jedoch nichts. Nun geschah es, daß der Wirt eines Tages ein Schwein schlachtete. Er legte das Tier auf den Tisch, um es aufzuschneiden. Der Hund und die Katze saßen in demselben Zimmer und warteten, ob nicht etwas auch für sie abfiele. Aus Versehen ließ der Wirt das Schwein herunterfallen. Wie der Hund das sah, lief er gleich hinzu und behauptete, daß es ihm gehöre, da Gott ihm das zur Nahrung gegeben hätte, was von seines Herrn Tische fiele. Der Wirt ließ sich das natürlich nicht gefallen, sondern ergriff einen Stock, um ihn hinauszutreiben. Da wandte der Hund sich schnell zur Katze und befahl ihr, die Beglaubigung herauszuholen. Jetzt kam es an den Tag, daß die Katze den Schein verloren hatte. Der Hund mußte sich ins Unvermeidliche fügen, wurde aber von dem Tage an ein arger Feind und Verfolger der Katzen.[298]


Zu S. 119, C 1.


Vgl. auch den Schluß der polnischen Variante oben S. 215, ferner: St. Čiszewski, Lud rolniczo-górniczy S. 187, Krakau 1887 (mir nicht zugänglich).


Zu S. 121 Nr. 6.


Vgl. die folgenden finnischen Varianten, die mir durch K. Krohns Vermittlung bekannt geworden sind.


1. Aus Nordösterbotten.


Wissen Sie, warum der Hund und die Katze einander hassen? Sie waren ehemals beide Jäger, aber einmal stahl die Katze dem Hunde den Erlaubnisschein zur Mäusejagd und versteckte ihn unter einer Traufrinne, so daß der Hund ihn nicht mehr finden konnte. Und seitdem haben Hund und Katze einander gehaßt.


  • Literatur: Manuskript M. Latva 7.

2. Aus Satakunta, Kirchsp. Noormarkku.


Der Hund hatte schon lange dem Bauer gedient und erhielt nun einen Ruhegehaltsbrief. Dieser Vertrag wurde aber von der Katze gestohlen und in eine Dachstube gebracht, wo er von einer Maus aufgefressen wurde. Auf diese Weise entstand ein ewiger Haß zwischen Hund, Katze und Maus.


  • Literatur: Manuskript Fr. Lindgren 57.

3. Aus Satakunta, Kirchsp. Eräjärvi.


Der Hund und die Katze kauften sich ein gemeinsames Haus. Auch ein Kontrakt wurde wie gewöhnlich gemacht. Die Katze wurde Hauswirtin und erhielt den Kontrakt. Der Hund war als Wirt beschäftigt. So lebten sie in Frieden, bis ein Ereignis den Haß zwischen sie brachte. Die Hauswirtin hatte den Kontrakt nicht vor den Mäusen schützen können; sie hatten das Papier zernagt. Darum wurde die Katze böse über die Mäuse, und der Hund böse über die Katze.


  • Literatur: Manuskript J. Tyyskä XXXIX 38.

4. Herkunft wie bei 3.


Die Katze und der Hund hatten ein gemeinsames Haus. Man machte einen Kontrakt. Der Hund wurde Hauswirt. In Frieden lebten die Hausmutter und der Hausvater. Aber die Hauswirtin hatte nicht den Vertrag vor den Mäusen schützen können. Die Mäuse hatten den Kontrakt zernagt. Darum wurde die Katze auf die Mäuse zornig, und der Hund böse auf die Katze. Seitdem hat der Hund die Katze gehaßt und die Katze hat seitdem auch die Mäuse gehaßt.


  • Literatur: Manuskript J. Tyyskä XXXIX 56.

5. Aus Satakunta, Kirchsp. Pori.


Der Hund, die Katze und die Maus hatten eine gemeinsame Wirtschaft. Der Hund war Hausherr, die Katze war Hausfrau und die Maus war Knecht. Der Hausherr machte einen Vertrag betreffend die Überlassung eines Gutes an seinen Sohn und gab das Papier der Hausfrau in Verwahr. Die Katze steckte das Dokument in einen Riß in der Wand, aber die Maus verzehrte es. Darum haßt der Hund die Katze und die Katze die Maus.


  • Literatur: Manuskript A. Laiho 15.

6. Aus Satakunta, Kirchsp. Siikainen.


Es war im Hause ein alter Hund, und der Hausherr sagte: »Dieser alte Hund[299] soll getötet werden.« Aber ein Kind hatte das Unglück ins Wasser zu fallen, und wurde von dem Hunde gerettet. »Diesen alten Hund soll man doch nicht töten,« meinte jetzt der Hausvater. Der Hund aber sagte: »Zuerst drohen Sie mir mit dem Tode und jetzt sagen Sie, daß man mich nicht töten dürfe. Ich traue Ihnen nicht mehr, sondern es soll ein schriftlicher Vertrag gemacht werden.« Der Hausvater machte den Vertrag, und der Hund gab das Papier der Katze, wobei er sagte: »Du hast schärfere Klauen als ich, geh und bringe das Papier in den Dachraum.« Die Katze tat wie befohlen. – Nach einigen Jahren sagte der Hausvater: »Dieser alte Hund soll getötet werden.« – »Doch nicht,« sagte der Hund, »ich habe ja den Vertrag.« – Er befahl der Katze, den Vertrag hervorzuholen. Die Katze ging, aber der Vertrag war von Mäusen ganz zernagt. Ergrimmt tötete die Katze die Mäuse, der Hund die Katze und der Hausvater den Hund.


  • Literatur: Manuskript H. Granqvist 29.
    7–14. Varianten bei K. Krohn, Suom. Kans. I, S. 409 XLIVa, die nur in belanglosen Einzelheiten voneinander abweichen.

Zu S. 129, III.


1. Finnische Varianten.


a) Aus Österbotten, Kirchsp. Wihanti.


Es war einmal ein Hund, der seiner Treue halber einen Paß erhalten hatte, und diesen gab man der Katze in Verwahr. – Die Katze steckte das Papier auf den Ofen; die Mäuse aber zerrissen das Papier, es blieb nur wenig davon übrig. – Die Hunde sollten auf Reisen gehen und forderten den Paß zurück. Die Katze wurde zornig über die Maus, die immer alles fressen mußte. Der Paß wurde den Hunden gegeben. Sie bedachten, wohin sie den Paß stecken könnten, als sie über einen Fluß schwimmen sollten, und da steckten sie den Paß unter den Schweif eines Hundes; der Paß ist dabei verloren gegangen, und sie suchen ihn immer noch.


  • Literatur: Manuskript E. Rautell 49.

b) Die Hunde, Katzen und Ratten waren einmal im Kriege. Sie erhielten Pässe, bevor sie nach Hause kehrten. Sie kamen zu einem großen Fluß. Die Ratten langten zuerst an, steckten die Pässe in ihre Mäuler und setzten wohlbehalten über. Nach einiger Zeit traf die Schar der Katzen ein. Die Ratten auf dem anderen Ufer riefen: »Stecken Sie die Pässe unter Ihre Schweife, wozu haben Sie die Schweife?« Die Katzen taten so, aber als sie ins tiefe Wasser gerieten, hoben sie die Schweife empor und die Pässe wurden vom Strom weggeführt. Die Katzen waren zornig und meinten: »Wir wollen die Hunde betrügen, ebenso wie wir selbst betrogen wurden.« Nach einiger Zeit kamen die Hunde zum Ufer des Flusses, und die Katzen riefen: »Stecken Sie die Pässe unter ihre Schweife!« Die Hunde taten es. Aber als sie ins Wasser kamen: hui! die Schweife in die Höhe, und die Pässe den Fluß entlang. Als sie das Ufer erreicht hatten, entstand eine Schlägerei. Und noch immer wird gestritten, wo man nur zusammenkommt.


  • Literatur: K. Krohn, Suom. Kans. I, 211 Nr. 182, vgl. ebenda S. 409, XLIVb, vier Varianten im Auszuge mitgeteilt.

c) Aus Südösterbotten, Kirchsp. Isokyro.


Die Katze und der Hund reisten einmal zusammen. Sie hatten einen gemeinsamen Paß, den die Katze verwahrte. Aber in einem Nachtquartier kam eine Maus und fraß so viel vom Paß auf, daß nur ein kleines Stück davon übrig blieb. Am[300] Morgen konnten sie den Paß nicht finden, und der Hund begann zu murren, die Katze aber fauchte entgegen, und so entstand eine tüchtige Schlägerei. Und seitdem herrscht ein schlechtes Verhältnis zwischen dem Hunde und der Katze. Als aber die Katze bemerkte, daß die Maus den Streich gespielt hatte, leistete sie folgenden grausamen Eid: »Ich, die Katze, Tochter der Katze, schwöre, daß ich alle Mäuse und Ratten umbringen werde.« – Und seitdem stürzt die Katze immer auf eine Maus los, wo sie nur zusammentreffen. – Und darum gucken zwei Hunde noch heute, wenn sie sich treffen, einander das Hinterteil an, um zu sehen, ob der Paß dort noch in Verwahr sei.


  • Literatur: Manuskript J. Karpi 2.

2. Variante der Schweden in Finnland, aufgezeichnet in Österbotten.


Die Katze und der Hund waren ehemals Geschwister und standen auf vertraulichem Fuße miteinander. Ich will erzählen, wie sie sich zu zanken anfingen. Die Katze mußte einmal auf Reisen gehen und eine Zeitlang ausbleiben. Sie gab ihren Paß dem Hunde, damit dieser ihn verwahre. Der Hund steckte den Paß unter seinen Schwanz. Als er nachdem einmal über einen Fluß schwamm, erinnerte er sich der Sache nicht, sondern sperrte seinen Hinterteil auf, und da fiel der Paß hinaus. Und seitdem sind Hund und Katze Feinde.


  • Literatur: Sammlung der Schwedischen Litt.-Gesellschaft 10, 4; s. auch 28, 53.

Zu S. 136 Nr. 4.


Die Fassung dürfte auf Tabarin (Oeuvres 1, 35 ed. Aventin 1858) zurückgehen, denn hier wie dort findet sich der auffällige Zug, daß der Hund nach indischen Gewürzen geschickt wird (vgl. Bolte, Zeitschr. d. Ver. f. Volkskunde 21, 167).


Zu S. 144, B.


Vgl. noch die sehr erkünstelte Geschichte bei Dayrell, Folk stories from Southern Nigeria p. 68 Nr. 18 (London 1910), die mit der Begründung der Feindschaft zwischen Katze und Ratte schließt.


Zu S. 145 Nr. 4.


Vgl. noch Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 21, 363 Nr. 14 (koreanisch) und die Anm. Boltes S. 364.


Zu S. 145, C.


Finnische Varianten.


1. Es war im Dorf eine sehr große Katze, die alle Mäuse fraß, wo sie sie nur finden konnte. Die Mäuse, die übriggeblieben waren, versammelten sich und beratschlagten, was zu tun sei. Sie kauften eine Glocke, nachdem sie dazu Geld gesammelt hatten. Aber niemand wagte die Glocke an den Hals der Katze zu binden, wie beschlossen war. Und auf diese Weise ging viel Geld verloren, denn die Glocke konnte man nicht brauchen. Wenn du etwas unbesonnen tust, geht es dir wie den Mäusen mit dem Anbinden der Glocke.


  • Literatur: E. Lönnrot, Om det nord-tschudiska språket S. 14, vgl. Manuskript Lilius 331.

2. Aus Satakunta. Vermischung mit der Feindschaftsfabel.


Der Hund hatte ehemals sein Haus verkauft und wußte nicht, wo er den Kontrakt verwahren solle. Er sagte zur Katze: »Stecke du das Papier dort oben auf[301] den Firstbalken.« Die Katze tat es, aber das Papier wurde von Mäusen gefressen, und die Katze fürchtete sich vor dem Haß des Hundes – und das tut sie noch heute; die Mäuse aber werden derart von der Katze verfolgt, daß sie niemals Ruhe haben. Einmal hielten die Mäuse eine Versammlung ab, um zu beraten, auf welche Weise man eine Glocke an den Hals der Katze binden könnte. Eine alte Maus nahm diesen schweren Auftrag auf sich; aber die Katze schnappte den Bringer der Glocke auf und fraß ihn. Auf solche Weise wurde dieser Rat zunichte.


  • Literatur: Manuskript Ruusu 38.

Zu S. 147 Nr. 3.


Ergänze: Krohn, Suom. Kans. I, 212 Nr. 183 aufgezeichnet von J. Sjöros 1880 im westlichen Finnland laut freundlicher Mitteilung von K. Krohn.


Zu S. 153 Nr. 2.


Vgl. Zeitschrift d. Ver. f. Volkskunde 21, 364 ff. Nr. 15, 16, zwei koreanische Erzählungen, mitgeteilt von Ennshoff. Die erste endet mit der Ätiologie der Feindschaft zwischen Hund und Katze, die zweite ist unätiologisch.


Zu S. 169 Nr. 14.


Eine finnische Variante (Landsch. Nyland, Kirchsp. Märskom), deren Übersetzung K. Krohn mir vermittelt hat, kennt ebenfalls die Fledermaus im Wettflug, hier auf den Flügeln des Adlers, wie gewöhnlich. Neu ist aber die Begründung der Federlosigkeit der Fledermaus in diesem Zusammenhang. Vom Zaunkönige wird ähnliches erzählt, vgl. oben S. 165 Nr. 3 und 4.

Die finnische Fassung lautet so:


Die Vögel hielten einmal eine große Versammlung ab, denn sie sollten sich einen König wählen. Soviel sie auch wählten und wählten, so konnten sie doch nicht einig werden. Schließlich brachte einer zum Vorschlag, daß sie erproben sollten, wer von ihnen am höchsten fliegen könne, und denjenigen sollten sie zum König ernennen. Als die Fledermaus dies hörte, setzte sie sich auf den Rücken des Adlers, denn sie vermutete, daß der Adler am höchsten fliegen würde. Als sie darauf alle im Fluge wetteiferten, flog der Adler der Sonne so nahe, daß sie das Gefieder der Fledermaus, die auf dem Rücken des Adlers saß, verbrannte. Jetzt drehte sich der Adler um, und als er sah, daß alle hinter ihm geblieben waren, rief er: »Ich bin am höchsten!« »Ich noch höher!« rief die Fledermaus. Als die Vögel erblickten, welch einen erbärmlichen König sie bekommen hatten, waren sie auf die Fledermaus so zornig, daß diese sich gar nicht mehr des Tages zu zeigen wagt, sondern nur zur Nachtzeit umherfliegt, und seitdem hat sie auch kein Gefieder.


  • Literatur: Nyland VI, 109.

Zu S. 183.


Z. 3 v.u. lies: und hier tritt der Geier für den Adler ein.


Zu S. 190 V.


Aus Malta.


Nach Erschaffung der Welt hielten die Vögel Rat, wie man es anstellen müsse, um einen König zu wählen. So hielten sie eine Versammlung ab und hofften,[302] daß der Meister sieh dazu einfinden werde, da er geladen war. Aber er kam nicht. Da mußten sie allein entscheiden und sagten: »Wer am höchsten fliegt, wird König 1« Jeder Vogel sagte vorm Aufsteigen: »So Gott will, fliege ich!« Aber der Truthahn und die Henne dünkten sich zu vornehm, um die selben Worte zu gebrauchen, und da riefen sie hochmütig: »Ob er es will oder nicht, so fliege ich doch! Hab' so viel Federn!« Und der Truthahn schrie noch besonders: »Glu, glu, glu, glu gluglug!« was heißen wollte: »Schau, wie schön ich bin im Fluge!« Und die Henne, ärgerlich über seine Eitelkeit, konnte nichts hervorbringen als ein zorniges »dak, dak, dak, dakdadakdak«, was soviel sagen sollte wie »dieser freche Truthahn« (dak gleich dieser)! Und da wollte es der Meister, daß sie beide sitzenblieben und nie das Fliegen erlernten. Der Truthahn tut heute noch, als könne er fliegen, wenn er sich beobachtet sieht, und ist ein echter, rechter Betrüger. Die Henne aber, die sich nicht erniedrigen wollte, ist zur Dienenden geworden und ist unfrei.


  • Literatur: Freundl. mitgeteilt von Frl. Ilg.

Zu S. 198.


Die Motivierung der Fledermaus, sie sei kein Vogel, weil sie Zähne habe, aber auch kein Vierfüßler, weil sie Flügel besitze, ist bei den Mongolen Zentralasiens weit verbreitet, vgl. Potanin, Očerki 4, 169. 174. 758 ff., ders. Vostočnyje motivy S. 477.

Sie findet sich auch in der bekannten Sammlung buddhistischer Fabeln in China, die Stau. Julien übersetzt hat, vgl. Les Avadânas 2, 154 Nr. CXXVI, Liebrecht, Zur Volkskunde S. 121.


Zu S. 199 Anm. 5.


Vgl. noch Blätter f. pomm. Volkskunde 8, 148 Nr. 4, Schönhärl, Volkskundliches aus Togo S. 125 f.


Zu S. 203 Anm. 2.


Vgl. auch Hackman, Katalog Nr. 222* (FFCommunications Nr. 6), z. Beisp. Svenska Landsmål 26, 12:


Der Fuchs erhascht die Krähe und will sie totbeißen. Die Krähe sagt: »Töte mich nicht auf diese Weise, sondern wirf mich vom Felsen hinunter.« Dies tat der Fuchs, und die Krähe flog davon.


Zu S. 205 Nr. 8.


Bei den Finnen scheint der Eingang russischer Märchen, wie er in Nr. 8 und Varr. vorliegt, als selbständige Sage erzählt zu werden, denn durch Prof. Krohns Vermittlung erhielt ich folgende zwei Fassungen:


1. Die Meise und die Maus stritten um eine Ähre, aber die Meise sagte: »Wollen wir Krieg führen, dieser Ähre wegen?« Die Meise ging darauf ein. Die Meise rief alle fliegenden Tiere zusammen und die Maus alle vierfüßigen Tiere. Dank der Kraft des Adlers wurden alle vierfüßigen getötet.


  • Literatur: Manuskript H. Meriläinen 87. Aufgezeichnet im Gouv. Archangel'sk.

2. Der Sperling und die Maus begannen zu streiten. Der Sperling rief alle Vögel zusammen und die Maus alle vierfüßigen Tiere des Waldes. Alle Anhänger der Maus wurden vom Adler getötet.


  • Literatur: Manuskript Putkonen 31.

[303] Zu S. 210.


Zum Märchenkomplex B vgl. noch Magazin der lettischen literarischen Gesellschaft 19, 1, 116 ff. Nr. 23 – Nr. 25, zu A – ebd. 19, 1, 170 f. drei lettische Varianten. In der letzten wird erzählt, daß sich das Schwein im Walde ein Wohnhaus gebaut und den Wolf, der dort eindringen wollte, verjagt habe. Wolf und Fuchs, heißt es weiter, gingen nun zum Herrn des Waldes, zum Elen, und verklagten bei ihm den unliebenswürdigen Wirt. Das Elen ging darauf zum Hause des Schweines und stieß es mit seinem langen, starken Geweih um. Nun mußte der Wirt mit allen seinen Knechten wieder zurück zum Menschen. Das Schwein kann aber bis auf den heutigen Tag jene Zeit nicht vergessen, wo es als Wirt gelebt hat, und ruft daher noch immer, wenn man es anfaßt, wie damals: »Kur wihri, kur wihri?« d.i. »Wo sind (meine) Männer, wo sind (meine) Männer?«


  • Literatur: Zur Stimmdeutung vgl. die lettische Sage oben S. 212.

Zu S. 212.


Eine Mischform zwischen A und B bildet auch das abchasische Märchen im Sbornik material. Kavk. 40, 3, 35–38; die Handlung beginnt hier mit den ›Haustieren auf der Wanderschaft‹ und schließt mit der Szene unter den Bäumen.


Zu S. 219 Anm. 3.


Vgl. noch Vladimirov, Vvedenije S. 156 f., Nasyrov und Pol'akov, Skazki kazanskich tatar Nr. 8 u. Anm. S. 102 ff. (Kazan' 1900), Blätter f. pomm. Volkskunde 2, 55. 9, 37.


Zu S. 225 Anm. 7.


Vgl. noch Zapiski krasn. podotděla I, 1 Nr. 15 S. 37, Lorentz, Slowinzische Texte S. 20 Nr. 19, S. 36 Nr. 39 a u.b.


Zu S. 231 Anm. 3.


Vgl. noch Magazin d. lett. literär. Gesellsch. 19, 1, 159 Nr. 20 (unätiologisch und verderbt).


Zu S. 236 Anm. 1.


Vgl. noch H. Sachs, Fabeln und Schwanke 4, Nr. 405 und Anm.


Zu S. 237.


Variante der Schweden in Finnland.


Einmal traf der Fuchs den Hasen, der lag da und nagte an einem Stück Fleisch. Er fragte den Hasen, wo er das Fleisch herbekommen hätte. Der Hase antwortete und sagte, der Fuchs müsse einem Hengst auflauern, wenn er daliege und schlafe, und sich an seinem Schweif festbeißen, auf diese Weise werde er zu Fleisch gelangen. Der Fuchs tat, wie der Hase ihm geraten hatte. Er paßte auf, als der Hengst schlief, und biß sich fest, wie der Hase ihm gesagt hatte, und wickelte sich das Haar um den Kopf. Als der Hengst aufwachte, erschrak er sehr, weil er den Fuchs am Schwänze hängen hatte, und fing an zu laufen, und der Fuchs wurde hin und hergeschleudert. Der Hase lag im Gebüsch, lachte und fragte den Fuchs: »Nun, wo wirst du jetzt hinfahren, Reineke?« Der Fuchs antwortete:[304]


»Gott allein mag wissen,

wohin es auf Erden geht, ...«7


Als der Hase das hörte, lachte er, daß der Mund barst, und seit der Zeit hat der Hase seine Scharte gehabt.


  • Literatur: Nyare bidrag till kännedom om de svenska landsmålen och svenskt folklif 1905, Rancken-Vefvar, Djursagor Nr. 36.

Zu S. 241 VIII.


Im Rahmen der Erzählung »Halbaus-Ganzaus« treten in der folgenden estnischen Variante statt Bär und Fuchs – Katze und Maus auf, deren Feindschaft erklärt wird.


Aus dem Kirchsp. Fennern.


In alter Zeit lebten Katze und Maus friedlich miteinander. Es kam ihnen gar nicht in den Sinn, in Hader und Streit ihre Tage zu verbringen. Ihre Freundschaft war so groß, daß sie das größte Vertrauen zueinander hatten und gemeinschaftlich für Speise und Trank sorgten.

Einst hatten sie eine Tonne voll Fett gesammelt und beschlossen, sie für den Winter aufzusparen, wo es schwer ist, etwas Besseres zu finden. Die Maus konnte aber ihr Versprechen nicht halten, denn der Gedanke, daß eine so große Menge Fett in der Vorratskammer aufgespeichert liege, gab ihr keine Ruhe. Unter dem Vorwande, zur Taufe einer Krähe zu gehn, verschwand sie und schlich sich in die Vorratskammer, wo sie das Fett mit ihren Kameradinnen verschlang. Erst spät in der Nacht kam sie nach Hause. Auf die Frage der Katze, wie das Krähenkind heiße, antwortete sie kurz: »Der Boden scheint heraus.« Verwundert über diesen sonderbaren Namen, kehrte die Katze sich auf die andere Seite und schlief ein. Am andern Tage kam der Betrug heraus. Die Wut der Katze kannte keine Grenzen. Sie wurde von dem Tage an die ständige Feindin der Maus. Darum verfolgen also alle Katzen erbarmungslos die Mäuse und finden Vergnügen daran sie zu quälen.


  • Literatur: Aus dem hdschr. Nachlaß von Hurt II. 42. p. 92 Nr. 2.

Zu S. 253 Anm. 2.


Vgl. noch Magazin der lett. literär. Gesellsch. 19, 1, 162 ff. Nr. 24 (lettische Variante, der Schluß gehört zum Kampf der Haustiere mit den Waldtieren, Gruppe B).


Zu S. 253 Anm. 3.


Vgl. noch Blätter f. pomm. Volkskunde 9, 36.


Zu S. 283 f. Kap. 8, IX, C.


Eine Variante der Artšiner (östlicher Kaukasus) handelt vom Fuchs und der Taube. Ihr gibt der Vogel »Malik Ulchazin« den Rat, wird aber selbst vom Fuchs mit den bekannten Fragen nach dem Verhalten bei starkem Winde überlistet; Sbornik materialov Kavkaza 39, 3, 115.[305]


Zu S. 273 f. Nr. 4.


Variante der Abchasen.


Einstmals verabredeten die Fledermaus, der Dornstrauch (kol'učka) und der Eisvogel Handel zu treiben und einen Manufakturwarenladen aufzumachen. Die Fledermaus borgte viel Geld von verschiedenen Vögeln zusammen. [Dann] machten sie sich auf übers Meer, um Waren einzukaufen. Alle kauften mit Gewinn. Die Waren legten sie dem Eisvogel auf den Rücken und kehrten zurück. Auf dem Wege, mitten im Meer, fielen die Waren vom Rücken des Eisvogels ins Wasser, und sofort verschluckte sie ein Fisch. Es war nichts zu machen. Sie kehrten nach Hause zurück. Dem Eisvogel schlugen sie vor, den selben Fisch aufzusuchen, der die Waren verschlungen hatte, und sie aus seinem Innern herauszuholen. Darum nun fängt der Eisvogel Fische in Meeren, Flüssen und Seen, um irgendwann einmal zufällig den Fisch zu finden, der die Waren verschluckt hat, und diese aus ihm herauszuholen, der Dornstrauch aber hat sich über das Festland verbreitet, um die Waren festzuhalten, wenn jemand sie vorbeitragen oder in die Stoffe gekleidet sein würde; darum hält er die Kleider aller [Menschen] fest, um seine Waren aufzufinden, die Fledermaus aber versteckt sich vor den Vögeln, ihren Kreditoren, damit sie sie nicht ergreifen und erwürgen.


  • Literatur: Sbornik materialov Kavkaza 40, 3, 33 f.

Fußnoten

1 D.i. nach Childers ›a large species of deer called elk in Ceylon‹.


2 Wörtlich: »Sicher wird von ihnen etwas Bchlecht gehört sein«.


3 santattā, wörtlich »Wurde versengt«. Der Pāli-Kommentator erklärt das Wort durch »santrastā« »geriet in Schrecken«, eine Erklärung, die den Sprachgesetzen nicht entspricht und offenbar durch die vorliegende Prosaerzählung veranlaßt ist.


4 Francis verweist in seiner Übersetzung S. 49 Anm. 1 auf: Schiefner-Ralston, Tibetan Tales XXII, p. 296 ›The Flight of the Beasts‹ und R. Morris, Folk-Lore Journal 3, 121. Diese Quellen sind mir nicht zugänglich.


5 O. Keller, Untersuchungen über die Geschichte der griechischen Fabel, Jahrbücher f. klass. Philol., vierter Supplementband S. 388 f. (1862).


6 Junge Kuh.


7 Die Übersetzung des Herrn Rydbo trifft hier nicht das Richtige; ich habe aus diesem Grunde, und weil mir die Zeitschrift augenblicklich nicht zugänglich ist, Vers 3 und 4 fortlassen müssen.


Quelle:
Dähnhardt-Natursagen-4, S. 306.
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