[333] Meine letzte kleine Geschichte ist besonders charakteristisch. Die Chinesen haben eine Anzahl sprichwörtlicher Redensarten, welche in witziger bonmot-Form irgend eine Eigenschaft charakterisieren. So sagt man z.B. von einem Menschen, der, besonders seinen Eltern gegenüber, immer das Gegenteil von dem thut, wozu man ihn auffordert oder worum man ihn bittet, er sei »Páo-lao-yĕ-ti örh-tsze«, »ein Sohn des Herrn Pao« (sprich: Pau). Dieser Ausdruck beruht auf folgender Anekdote. Ein Herr Pao hatte einen Sohn, der immer seinem Vater alles zum Possen that. Als nun Herr Pao zu sterben kam, da war es sein letzter Wunsch, dass er in einem soliden, steinernen Sarge beerdigt werden möchte. Da er aber den widerspenstigen Charakter seines Sohnes kannte, so sagte er zu diesem: »Mein Sohn, Du hast mir in meinem ganzen Leben nie etwas zu Liebe gethan, meinen letzten Wunsch aber, hoffe ich, wirst Du mir wenigstens erfüllen. Ich habe eine besondere Abneigung gegen steinerne Särge; desshalb bitte ich dich, lass mich doch ja in einem hölzernen Sarge zur Erde bestatten«. Nachdem er so gesprochen, verstarb er. Da dachte sein Sohn bei sich: »Während des ganzen Lebens meines Vaters habe ich nie das gethan, was er wünschte; sei nen letzten Wunsch wenigstens will ich erfüllen«. Und so bestattete er ihn denn in der That in einem hölzernen Sarge, und der arme Vater hatte seinen Zweck doch nicht erreicht. –
Zu obigen, in meinem Vortrag am 24. April d.J. im Verein für Volkskunde besprochenen 9 Beispielen chinesischer Fabeln und Schwänke erlaube ich mir hier aus meinem sonstigen Vorrat noch zwei hinzuzufügen.
Die folgende Anekdote