Yoschibe's Gedenkstein bei Schimonoseki.

[365] Bei Schimonoseki, demselben Orte, der nachmals durch den letzten Sieg Yoschitsune's über die Flotte der Taira und durch den Tod des Prinzen von Antoku berühmt ward, befindet sich, wie man sagt, seit fast tausend Jahren auf einer steilen Klippe ein Gedenkstein, über dessen Bedeutung eine alte Sage Auskunft giebt. Er ist das Denkmal eines armen Schiffers, Yoschibe, der den berühmten Kaiser Daigo, welcher während seiner glorreichen Regierung viel für Kunst und Wissenschaft that, nach Kiuschiu überzusetzen hatte, als derselbe dort eine Rebellion unterdrücken wollte. Die Barke kam durch plötzlich eintretenden Sturm in große Gefahr, und Daigo bedrohte den Schiffer, der sich nicht zu helfen wußte, mit dem Tode, wenn er ihn nicht glücklich ans Land brächte. Yoschibe, in Verzweiflung, tödtete sich augenblicklich durch Bauchaufschlitzen. Mochten nun die Meeresgötter durch das Opfer, das ihnen auf diese Weise gebracht wurde, befriedigt sein, oder mochte wirklich, wie Daigo glaubte, Yoschibe's Ungeschick die Gefahr vergrößert haben: die Barke, die den Kaiser trug, landete glücklich. Die Schiffer der Gegend aber unterließen nicht, ihrem Gefährten, der, wie sie[365] meinten, ungerechter Weise zu Tode gekommen war, jenen Denkstein zu setzen, in dessen Nähe seine Seele seitdem weilt und oft gefährdeten Schiffern Rettung gebracht hat.

Quelle:
Brauns, David: Japanische Märchen und Sagen. Leipzig: Verlag von Wilhelm Friedrich, 1885, S. 365-366.
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