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In uralten Zeiten, ehe die Menschen das Feuer kannten, lebte in Maiwara an der Milne-Bucht eine alte Frau, die von allen Muhme genannt wurde.
Damals schnitten die Leute den Yams und Taro in dünne Scheiben und trockneten sie in der Sonne. Auch die alte Frau bereitete so für zehn Jünglinge das Essen; und während sie im Busch nach wilden Schweinen jagten, kochte sie ihre eigenen Speisen. Das geschah mit Feuer, das sie aus ihrem Körper zog; doch beseitigte sie stets die Asche und Abfälle, ehe die Jungen zurückkamen, denn sie sollten nicht wissen, wie sie den Taro und Yams kochte. Eines Tages geriet ein Stückchen gekochten Taros unter die Speisen für die Knaben. Das war unabsichtlich geschehen. Als nun die Jungen ihre Abendmahlzeit verzehrten, erwischte der Jüngste das Stückchen gekochten Taro; er [68] kostete es und war ganz überrascht, daß es so schön, schmeckte. Seine Gefährten mußten es auch versuchen und sie mochten es alle. Sonst waren Taro und Yams hart und trocken gewesen; jetzt waren sie weich; und sie konnten es gar nicht begreifen, weshalb der Taro so schön war. Als sie am andern Tag wieder zur Jagd in den Busch zogen, blieb der Jüngste zurück und versteckte sich im Hause. Er sah, wie die alte Frau das Essen für ihn und seine Gefährten in der Sonne trocknete, und sah auch, wie sie Feuer zwischen den Beinen hervorzog, als sie ihr eigenes Essen kochen wollte. Als die anderen am Abend wiederkamen und ihre Abendmahlzeit verzehrten, erzählte ihnen der Jüngste was er gesehen hatte. Da erkannten die Knaben den Nutzen des Feuers und beschlossen, der Frau etwas Feuer zu stehlen. Und so schmiedeten sie einen Plan.
Am Morgen schärften sie die Äxte und schlugen einen Baum um, der so hoch wie ein Haus war; dann versuchten sie, darüber hinweg zu springen; das gelang allein dem Jüngsten, und so wurde er gewählt, um der alten Frau das Feuer zu stehlen. Am nächsten Tage gingen die Knaben wie gewöhnlich in den Busch; nach einer Weile aber kehrten sie um, neun Jungen versteckten sich, und der Jüngste schlich sich leise in das Haus der alten Frau. Als sie den Taro kochen wollte, schlüpfte er hinterher und schnappte ihr einen Feuerbrand weg. Er rannte so schnell wie er konnte zu dem gefällten Baum, sprang darüber hinweg, und die alte Frau konnte ihm nicht folgen. Als er über den Stamm sprang, verbrannte er sich an dem brennenden Span die Hand. Er ließ ihn fallen, das Feuer erfaßte das Gras; auch eine Pandanus-Palme geriet in Brand.
Nun lebte in einem Loch der Pandanus-Palme eine Schlange namens Garabuiye; ihr Schwanz fing Feuer und brannte lichterloh wie eine Fackel. Die alte Frau ließ nun gewaltige Regenmassen herabstürzten, und das Feuer erlosch. Doch die Schlange blieb in ihrem Loche in der Palme und ihr Schwanz brannte weiter.
[69] Als es aufgehört hatte zu regnen, kamen die Knaben zum Vorschein und wollten sich nach dem Feuer umsehen. Aber sie fanden keins mehr; schließlich bemerkten sie das Loch in der Pandanus-Palme; da zogen sie die Schlange heraus und brachen ihr den noch immer glühenden Schwanz ab. Darauf trugen sie einen großen Haufen Holz zusammen und setzten ihn mit dem Schlangenschwanz in Brand. Sofort eilten von allen Seiten, aus allen Dörfern die Leute herbei und nahmen sich Feuerbrände mit; die einen nahmen dieses, die anderen jenes Holz dazu; aus den Bäumen, wurden nun ihre Schutzgötter.