12. Hans und der Teufel.

Estnisches Märchen.


Der Teufel trat einst zum klugen Hans und sprach: ›Komm, laß uns unsere Kraft messen! Wer dem anderen so die Hand drücken kann, daß er schreit, der soll gewonnen haben.‹ ›Wohl‹, sprach Hans, ›mag's drum sein! Ich möchte aber nicht, daß es bei Tage geschehe; denn wenn ich schrie und es gingen Leute vorbei, so schämte ich mir die Augen aus dem Kopfe.‹ So verabredeten sie denn, in der Dämmerung im Walde zusammenzukommen: weit vom Dorfe, da sollte der Wettkampf stattfinden. Hans aber ließ sich einen Fausthandschuh aus Eisen machen und zog ihn an die rechte Hand, und als die Sonne hinter den Wipfeln des fernen Waldes verschwunden war, ging er beherzt in den dunklen Wald und fand den Teufel beim Kreuzweg auf ihn harrend. Da stellten sie sich einander gegenüber, Fuß an Fuß und Aug' in Auge; der Teufel streckte seine langfingerige Tatze aus, ergriff Hansens Rechte und drückte – wie der Teufel. Aber der Handschuh war aus schwedischem Eisen geschmiedet, und Hans lachte nur dazu, denn weil es dunkel war, so vermochte der Teufel nicht zu erkennen, daß Hans behandschuht war. ›Teufel‹, rief er aus, ›wie ist deine Hand so hart.‹ – ›Das kommt von harter Arbeit!‹ – ›Und woher ist deine Hand so schwarz?‹ – ›Das kommt vom Mistfahren!‹ – Und als der Teufel müde geworden war, [24] griff Hans zu und quetschte des Teufels Krallen zusammen, daß dieser anfing kläglich zu heulen, gerade wie eine Katze im Schraubstock. ›Au, au, auweh, auweh!‹ schrie er, dann setzte er sich in einen Graben, biß ins Gras, legte sich kühlende Kräuter auf die gequetschte Hand und nahm sich vor, nie mehr den Kampf mit Hans aufzunehmen.

Der Wald aber, wo solches geschehen, hieß fortan der Druckwald. Die Blümlein, die der Teufel abbiß und sich auf die Pfote legte, heißen noch heutigentags Teufelsabbiß und Katzenpfötchen.

Quelle:
Dähnhardt, Oskar: Naturgeschichtliche Märchen. 7. Aufl. Leipzig/Berlin: 1925, S. 24-25.
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