[79] Árn. II S. 467–70. Nach dem Manuskripte von Þorvarður Ólafsson.
Ein Bauernpaar hat drei Töchter, von denen die jüngste, Helga, das Aschenbrödel ist. Die einzige Kuh Búkolla kommt[79] einst abhanden und die älteste Tochter geht fort, um die Kuh zu suchen. Unterwegs macht sie verschiedentlich Halt, um an einem Mahle sich zu stärken, und fordert dann jedesmal die Kuh auf, zu brüllen, wenn sie ihren Namen hören sollte. Endlich gibt die Kuh ihr aus der Ferne Antwort. Das Mädchen kommt nun in eine Höhle. Drinnen sind Fleisch und Kuchen auf dem Feuer, und die Kuh ist mit einer Eisenkette festgebunden. Sie nimmt nun zuerst nach Herzenslust von den Speisen, dann versucht sie die Kuh zu lösen. Doch das ist unmöglich. Nach einer Weile kommt mit Donnern und Dröhnen eine Riesin in die Höhle. Weil das Mädchen ihr Fleisch und Kuchen gestohlen hat, bricht ihr die Hausherrin das Genick und wirft sie in eine Ecke der Höhle. Der zweiten Schwester ergeht es nicht besser. Nun soll Helga die Kuh suchen. Auch sie kommt zur Höhle, aber sie bereitet sorgfältig das Mahl, ohne selber etwas zu essen. Zum Lohne wird sie von der Riesin verschont. Am andern Morgen bekommt sie die Aufgabe, eine Brustnadel wiederzusuchen, die die Riesin einst verloren hat. Ratlos sitzt sie im Eingang der Höhle und weint. Da kommt ein wahres Ungeheuer von einem Manne zu ihr, das sich Dordingull nennt, und bietet ihr seine Hilfe an. Zum Lohne müsse sie ihn dann am Abend küssen. – Helga geht auf den Vorschlag ein. Darauf geht er mit ihr zu einer Hütte, wo auf seine Aufforderung hin der Spaten hackt und der Rechen mistet, bis die Brustnadel gefunden ist. Dordingull gibt nun Helga die Nadel, doch dieser ist es unmöglich, ihr Versprechen, ihn zu küssen, einzuhalten. – Am andern Morgen soll Helga bei der Schwester der Riesin, der Daladrottning, ein Schachbrett wiederholen. Auch jetzt rät und hilft ihr Dordingull. Von den vorgesetzten Speisen isst Helga nichts, sondern steckt nur drei Bissen in die Tasche. Da sie vorher das Tischgerät gesegnet hat, kann auf die Aufforderung der Daladrottning die Gabel sie nicht stechen, das Messer sie nicht schneiden, und das Tuch sie nicht verschlucken. Wie drei Wölfe sie auf dem Heimwege verfolgen, wirft sie ihnen die drei Bissen hin, worauf sie sogleich tot zu Boden fallen. – Am dritten Morgen soll Helga der Riesin die Höhle reinigen, doch alles, was sie anfasst,[80] rührt sich nicht von der Stelle. Nun kommt wiederum Dordingull, um ihr zu helfen, wenn sie ihn dafür am Abend küssen will. Nachdem nun die Höhle gereinigt ist, setzt er unter das Bett der Riesin einen Kessel mit siedendem Pech. Wie die Riesin hineinfällt, zerbricht Helga vor ihr das Lebensei, das unter dem Kopfkissen verborgen gewesen war und ruft dabei den Namen Dordingulls. Die Riesin fällt sogleich tot zu Boden und wird von den beiden verbrannt. Ein furchtbares Dröhnen und Donnern entsteht, da die Daladrottning, die mit ihrer Schwester das gleiche Lebensei hatte, ebenfalls stirbt. Entsetzt flüchtet sich Helga zu Dordingull und küsst ihn in der Angst dreimal. In der Nacht wird dann das Ungeheuer zu einem Königssohne verwandelt, der zum Dank seine Retterin heiratet.
Dieses Märchen ist eigentlich von Anfang bis zu Ende eine Zusammensetzung von verschiedenen Motiven, die in ganz andere Erzählungen hineingehören. Es beginnt wie eins der Märchen von »Aschenbrödel«. Das Verschwinden der Kuh Búkolla und die Art und Weise, wie sie gesucht wird, entspricht dem Märchen gleichen Namens. Darauf kommt die Episode mit den drei Aufgaben, wobei Dordingull hilft. Dieses Motiv findet sich im Märchen von »dem zum Hund verzauberten Königssohne« und ist dort auch noch näher besprochen worden. Wie in der Variante von »Kísa« verrichten Hacke und Rechen selbständig die Arbeit, bis die Nadel gefunden ist. In »Ganti á Hólnum« werden von einem vergifteten Apfel, den Riesinnen ihren Gästen gaben, elf sie verfolgende Wölfe getötet, ebenso wie hier von den drei Bissen die drei Wölfe. Das Ende des Märchens mit der Erlösung Dordingulls entspricht dann wieder dem Ende des »Aschenbrödels« – von der Kuh Búkolla, den Schwestern oder den Eltern ist dann aber in unserem Märchen nicht weiter die Rede. –