3. Vakri Vesalingur.

[92] Das Märchen »Vakri Vesalingur« (Lbs. 538 4 to) weiss nichts von der Verzauberung der Königstochter. Es erzählt nur von dem Wiederholen der drei Kostbarkeiten, die dem Könige abhanden kamen, dem Lichtstein, dem Goldhörnchen und dem goldenen Schachbrett. Der Held ist ein armer Bauernjunge, Vakri Vesalingur, der aus Liebe zur schönen Königstochter wider den Willen des Königs immer in dessen Königreich sich herumtreibt. Um ihn für immer los zu werden, stellt ihm der König auf Anstiften des Ministers Rauður diese Aufgaben. Bei der Lösung derselben hilft ihm mit Rat und Tat seine zauberkundige Mutter. Sie gibt ihm jedesmal ein Knäuel, das vor ihm herläuft, um ihm den Weg zu zeigen. – Der Lichtstein[92] ist im Besitze einer Riesin. Wie diese geht, Wäsche zu waschen, nimmt sie ihr kleines Kind mit und setzt es draußen auf eine Erdscholle. Vakri, der durch einen Tarnstein in der Hand unsichtbar ist, kneift das Kind so lange, bis es schreit. Da es sich nicht trösten lässt, geht die Riesin fort, um ihm den Lichtstein zum Spielen zu holen. In der Zwischenzeit löst Vakri ein Rasenstück und kriecht unter dasselbe. Wie die Riesin mit dem Stein zurückkehrt, spricht sie die Beschwörung aus:


»Hvert það holt,

sem er upp á fold

eða niður í mold,

og alla anda jeg tel

með i dauðans hver.«


»Jeder Körper,

der auf der Erde ist

oder nieder in der Erde,

sowie alle Geister nenn ich

dem Tode verfallen.«


Aber dieser Zauberspruch kann Vakri nichts anhaben, da er ja unter der Erde sich befindet. Als die Riesin wieder anfängt zu waschen, nimmt er dem Kinde den Stein fort und läuft nach Hause. – – Das Goldhörnchen erhält er auf dieselbe Weise, wie Lupus das Goldgewand im ersten Märchen, d.h. er begibt sich freiwillig zu den Riesinnen, lässt sich von ihnen zum Mahle gut nähren und tötet schliesslich die Riesentochter, die ihn schlachten soll. Der Alten stiehlt er in der Nacht darauf das Goldhörnchen. – – – Das goldene Schachbrett ist im Besitze von zwölf Mohren (Blámenn). Bei ihnen verdingt er sich als Diener. Vor dem ersten Sommertage spricht er dann den Wunsch aus, dass auch die Mohren, wie die übrigen Menschen, diesen Tag durch ein Gelage festlich begehen sollten. Der Vorschlag wird angenommen. Wie sie schon gründlich betrunken sind, holen sie zur Erhöhung der Stimmung noch das goldene Schachbrett und beginnen zu spielen. Vakri nimmt ihnen heimlich immer Steine fort, sie beschuldigen im Rausche einander des Diebstahls und fangen an, sich zu raufen. Nun nimmt Vakri das Schachbrett und alle übrigen Kostbarkeiten aus dem Hause. Er legt dann Feuer an, so dass die Mohren jämmerlich verbrennen. Zur Belohnung für die Lösung dieser Aufgaben erhält Vakri nun die Königstochter.

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 92-93.
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