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[223] Lbs. 536 4 to. Von Páll Pálsson in Árkvörn nach der Erzählung der alten Frau Guðriður Eyolfsdóttir 1863/64 niedergeschrieben.
Ein Königspaar hatte drei Söhne. – Wie der König stirbt, vererbt er dem ältesten Sohne sein Königreich, dem zweiten all' sein fahrendes Gut und dem jüngsten einen Mantel, einen Goldring und ein Paar Handschuhe. Wer sich auf den Mantel setzt, kann auf ihm reisen, wohin immer er sich wünscht. Wer den Ring besitzt, wird unermesslich reich, und der Eigentümer[223] der Handschuhe wird von der ganzen Welt geliebt. Trotz dieser Wundereigenschaften glaubt sich der jüngste Königssohn, der noch auf der Schule war, bei der Erbteilung vom Vater sehr zurückgesetzt. – – – Die alte Königin verwahrt ihm die drei Kostbarkeiten. Einmal bittet er seine Mutter um den Ring, und nach langem Widerstreben händigt sie ihm diesen aus. Nun wird er sogleich sehr reich und lebt herrlich und in Freuden. Seine Dienerin bittet ihn, doch ihr den Ring zum Aufbewahren zu geben. Nach einer Weile kommt dann das Mädchen weinend zu ihm und klagt, der Ring sei ihr gestohlen worden. Der Königssohn tröstet sie und sagt, daran sei nun jetzt nichts mehr zu ändern, drum sei es besser, über diese Sache über haupt nicht mehr zu sprechen. Nun gibt ihm die Mutter die Handschuhe heraus. Auch sie verwahrt die Dienerin, und auch sie werden ihr gestohlen. Nun lässt er sich den Mantel geben, um auf ihm in ferne Länder zu reisen. Auf die Bitte seiner Dienerin nimmt er sie mit. Lange Zeit fahren sie nun durch die Lüfte dahin. Wie sie an einer schönen Waldlichtung vorbeikommen, schlägt das Mädchen dem Jüngling vor, hier ein wenig halt zu machen und ein Mahl einzunehmen. Nachher wird der Königssohn müde und schläft ein. Als er nach einer Weile erwacht, ist seine Dienerin mit dem Mantel verschwunden. All' seiner Kostbarkeiten beraubt, muss der junge Königssohn nun mühsam zu Fusse weiterziehen. Nach einiger Zeit kommt er an eine Quelle. Da er sehr durstig ist, trinkt er aus ihr und füllt auch noch eine Flasche mit Wasser. Bald nachher fühlt er sich aber so elend und so krank, dass er sich kaum noch weiterzuschleppen vermag. Mit vieler Mühe und Not gelangt er an einen zweiten Quell, und auch von diesem trinkt er. Sofort fühlt er sich wunderbar gestärkt, ja, er ist nun so gesund und frisch wie nie zuvor. Von diesem Wasser füllt er sich nun zwei Flaschen und zieht weiter. Endlich kommt er in ein Königreich. Alle Leute gehen hier mit verstörten, traurigen Gesichtern umher, denn die einzige Tochter des Königs ist so schwer krank, dass keine Rettung mehr möglich ist. Der Jüngling bietet nun seine Hilfe an. Er gibt der Prinzessin täglich von seinem Heiltrank zu trinken, bis dass sie so gesund[224] ist wie nie zuvor. Am Hofe wird er infolgedessen sehr geehrt. Nach Ablauf eines Jahres bittet er den König um kurzen Urlaub, da er gern seinen Lehrmeister wieder aufsuchen wolle. Er bekommt zu dem Zwecke prächtige Kleider, ein vollbemanntes Schiff und ein ansehnliches Gefolge. Niemand erkennt ihn daheim, während er sogleich seine Dienerin erkennt, die mit den ihm geraubten Schätzen als vornehme Dame ein herrliches Leben führt. Er freit um sie, und da er ein ansehnlicher Königssohn zu sein scheint, so erhält er auch ihr Jawort. Alle ihre Schätze werden nun auf sein Schiff gebracht, zuletzt auch der Mantel, der Ring und die Handschuhe. Wie nun die Braut gleichfalls das Schiff besteigen will, gibt er ihr aus der ersten Masche zu trinken. Da wird sie gleich so jämmerlich krank, dass sie sich vor Schmerzen kaum noch zu halten weiss. Nun gibt er sich ihr zu erkennen und sagt, dass sie die Krankheit als Lohn ihrer Treulosigkeit reichlich verdient habe. Sie muss nun im Elend zurückbleiben, er aber fährt mit seinen wiedergewonnenen Schätzen zum Könige und feiert Hochzeit mit der durch ihn geretteten Prinzessin.
Nach den Anmerkungen Cosquins zu dem mit unserer isländischen Erzählung zu vergleichenden Märchen »La bourse, le sifflet et le chapeau« (11 I S. 121 ff.) ist dieses Thema vielfach behandelt worden. Dem Isländischen am nächsten steht die Erzählung der »Gesta Romanorum« (Cosquin S. 128). Hier erbt ein Prinz gleichfalls von seinem Vater drei Kostbarkeiten, einen Goldring, eine Spange und ein kostbares Tuch. Der Goldring hat die Eigenschaft, dass sein Träger von allen Leuten geliebt wird, und dass er von ihnen bekommt, was immer er verlangt. Der Besitzer der Spange kann sich wünschen, was er will, und das Tuch trägt einen im Augenblicke an jeden beliebigen Ort. Der Prinz fällt nun in die Hände einer Kurtisane, die ihm nach und nach seine Kostbarkeiten abschwindelt. Endlich findet er sich von allen verlassen in einer Wüstenei, wohin ihn die Verräterin gelockt hatte. Aus Hunger isst er die Frucht eines Baumes und wird aussätzig. Darauf isst er die Frucht eines anderen Baumes, die ihm seine Gesundheit zurückgibt. In seine Heimatsstadt zurückgekehrt, gilt er durch die Heilung von Aussätzigen als ein tüchtiger[225] Arzt. Die verräterische Dirne, die ihn nicht wiedererkennt, lässt ihn in einer Krankheit auch rufen. Er erklärt, sie nicht eher heilen zu können, bis sie nicht ihre Sünden gebeichtet habe. Nachdem er nun seine Kostbarkeiten zurückerhalten hat, gibt er ihr von der Frucht, die aussätzig macht, und verlässt sie. – – –
In ähnlicher Weise verläuft auch nach Cosquin eine hindostanische Erzählung (»Revue Orientale et ameri caine« 1865 S. 149). Es ist auch dort ein Fürst, der durch die List einer Kurtisane seiner Kostbarkeiten (die er sich hier allerdings auch nicht rechtmässig angeeignet hatte) beraubt wird. Sein Grossvezier, der dem Fürsten nachgereist ist, entdeckt ein Wasser, von dem einige Tropfen in einen Affen verwandeln. Die Kurtisane wird nun mit ihm bespritzt. Um ihre Gestalt zurückzubekommen, sind nach Angabe des Grossveziers die gestohlenen Kostbarkeiten nötig. Sowie der Fürst diese wieder in Händen hat, wünscht er sich mit seinem Vezier in die Heimat und lässt die Verräterin in der Affengestalt zurück. – Bei Cosquin (11 »La bourse, le sifflet et le chapeau« I S. 121 ff. und 52 »Les trois frères« II S. 79 ff.) sind es in beiden Erzählungen drei Soldaten, Brüder, die auf wunderbare Weise Kostbarkeiten erhalten. Im ersten Märchen gewinnt eine Prinzessin im betrügerischen Spiele alle drei Dinge einem der Brüder ab, im zweiten Märchen werden sie betrügerischerweise allen drei Brüdern von drei Prinzessinnen entlockt. Während nun in der letztgenannten Erzählung mit Hilfe eines Wundersäbels die Brüder wieder zu ihrem Eigentum gelangen, verschafft im ersten Märchen der eine Soldat der Prinzessin durch Äpfel Hörner. Um sie vertrieben zu bekommen, muss sie alle durch Betrug erworbenen Kostbarkeiten wieder herausgeben. Darauf verschwindet der als Arzt gekleidete Soldat und lässt die Prinzessin noch mit einem Horne zurück. – – Bei Grimm werden im »Krautesel« (122 II S. 130 ff.) die Hexe, samt Tochter und Dienerin zur Strafe für ihren Betrug durch Salat in Esel verwandelt. Da die beiden Jungfrauen nur durch die Alte gezwungen am Betrüge sich beteiligt hatten, bekommen sie später ihre natürliche Gestalt wieder.