LXII. Friedrich Jóhann Danibert.

[250] Nach dem Manuskripte Steingrímur Thorsteinssons.


Ein König hiess Friedrich, seine Gemahlin Jóhanna, und die Burg, die sie bewohnten, Danibert. Als ihnen ein Sohn geboren wurde, nannten sie ihn Friedrich Jóhann Danibert. Mit zwölf Jahren nahm der Pflegevater des Knaben ihn mit auf seine Segelfahrt. Er fragte ihn, was er auf sein Schiff denn nehmen wolle, um in den anderen Ländern Handel zu treiben. Der Knabe sagte »Fische« und blieb auch fest bei diesem Vorhaben, trotzdem man ihm immer wieder vorhielt, dass es allenthalben schon genug Fische gäbe, und niemand sie ihm abkaufen würde. – – Kurze Zeit nach ihrer Abfahrt bekommen sie Sturm und treiben nun Tage hindurch planlos auf dem Meere umher. Endlich gelangen sie in ein unbekanntes Land. Sie verlassen hier ihr Schiff, um die Gegend zu untersuchen. Vier Männer begegnen ihnen und bieten ihnen in ihrem Hause Nachtquartier an. Warme Biergrütze wird ihnen hier vorgesetzt. Friedrich Jóhann Danibert warnt seine Gefährten, sie zu essen, doch da diese kalt und hungrig sind, lassen sie sich nicht zurückhalten. Kurz nachher sind sie alle, mit Ausnahme des Knaben, total betrunken. Man weist ihnen[250] im oberen Stockwerke Betten an. Alle schlafen sogleich, nur Friedrich Jóhann Danibert wacht und sieht, wie vier seiner Gefährten heimlich fortgeschleppt werden. Nach einer Weile werden wieder vier geholt, unter diesen sein Pflegevater. Der Knabe, der sich schlafend gestellt hat, eilt nun an ein Fenster und beobachtet von hier aus, wie in einer Ecke des Gartens seine Leute getötet werden. Mit vieler Mühe weckt er seine noch: übrigen Gefährten. Sie lassen sich dann an zusammengebundenen Kleidern heimlich in den Garten hinuntergleiten und entfliehen in den Wald. Auf den Rat des Knaben haben sie alle ihre Schuhe verkehrt angezogen, so dass ihre Fussspuren eine falsche Richtung zeigen. Die Spürhunde, die ihnen nun nachgesandt werden, sind dadurch irre geführt und kehren unverrichteter Dinge zum Hause zurück. – – Wie es Tag geworden ist, geht Friedrich Jóhann Danibert mit den Seinigen weiter ins Land hinein. Er begegnet einem prächtig geschmückten Jüngling, der mit seinem Wagen durch das Land fährt. Der Knabe hat über sich und die Seinen, sowie über seinen Glauben Auskunft zu geben. Dann sagt ihnen der Fremde, er sei der Königssohn des Landes. Bald nachher würde er auf einem herrlichen Wagen seinem Vater, dem Könige, begegnen. Wenn der sie nach ihrem Glauben fragen würde, so sollten sie sagen, sie glaubten an den Höchsten und Mächtigsten. »So glaubt ihr also an mich«, würde darauf der König sagen und mit der Antwort zufrieden sein. – Alles trifft auch nach den Weisungen des Königssohnes ein. Der König ladet die Fremden an seinen Hof und erweist hier Friedrich Jóhann Danibert mancherlei Ehren. Er schickt auch eine grosse Schar Leute ab, um an den Räubern für ihre Untaten, die sie an ihren Gästen begangen haben, blutige Rache zu nehmen. Eines Tages wird bei einem grossen Festmahle ein Tuch vor den König gebracht. Dieser rollt es auf und nimmt aus ihm ein Fischstück, das er ehrerbietig küsst, wobei er sagt: »Unsere rote Kuh sei gelobt!« Auf die erstaunte Frage Friedrich Jóhann Daniberts teilt er diesem mit, dass das Fischstück der letzte Rest des Fisches sei, den er einst zu seiner Hochzeit bekommen habe. Fisch sei aber in seinem Lande durchaus unbekannt und nirgends zu haben. Nun bietet Friedrich Jóhann Danibert dem Könige[251] seine ganze Schiffsladung voll Fische zum Kaufe an, und der geht natürlich mit der grössten Freude auf den Handel ein. Nach dem Essen geht der König, die Krone auf dem Haupte, mit seinem Gefolge zum Tempel, um hier der roten Kuh zu opfern. Sie bezeigt sich zwar höchst unehrerbietig gegen ihn, aber je schmutziger er wird, desto mehr fühlt er sich beglückt. Der Kuhdünger ist im Tempel auf der einen Seite feierlich aufgeschichtet, und dorthin werden auch vom Schiffe die Fische getragen, da sie nach Ansicht des Königs dadurch noch besonders geheiligt werden. Der ganze Hofstaat opfert der Kuh, mit Ausnahme von Friedrich Jóhann Danibert. Um seiner Fische willen lässt ihm das aber der König ungestraft hingehen, und sein Sohn bekommt durch den Fremden sogar schon Verständnis für das Christentum. – – Nach einiger, Zeit segelt er mit vollbeladenem Schiffe zur Heimat zurück. Als der alte Heidenkönig stirbt, bittet der Sohn seinen Freund Friedrich Jóhann Danibert ihm Geistliche und Bücher zu senden, um der Kuhverehrung ein Ende zu machen und das Land dem Christentume zu unterwerfen.

Bemerkenswert ist in diesem Märchen die Kuhverehrung des heidnischen Volkes und die Heiligung der Fische durch den Kuhdünger, da dieses ein Merkmal ist, das für die Religion der Inder und Perser als besonders charakteristisch betrachtet werden muss (vergl. Geiger, »Ostiranische Kultur« S. 258).

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 250-252.
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