XC. Der Teufel als Verwalter.

[334] Árn. II S. 5/6. Nach dem Manuskript des Pastors Benedikt Þórðarson auf Brjánslæk.


Einst war ein Bischof in Skálholt, der gegen seinen Verwalter immer hart und rücksichtslos war. Infolgedessen hielt es keiner lange bei ihm aus, und mancher, der von ihm fortging, meinte, da solle am besten der Teufel Verwalter sein. – Nachgerade hat der Bischof grosse Schwierigkeit, einen Verwalter zu finden. In dieser Not kommt ein ältlicher Mann zu ihm, von rotem Haare und ungefügem Wüchse. Dieser will die vakante Stelle annehmen, ohne irgendwie um Lohn zu feilschen – damit wolle er bis zu seinem Fortgang warten. Der Bischof ist einverstanden und nimmt den Mann, erkundigt sich auch nicht weiter bei ihm nach seiner Herkunft und seinem frühern Leben. – Ein alter, vielkundiger Bauer aus der Nachbarschaft misstraut diesem neuen Verwalter. Er warnt den Bischof und macht ihn auch darauf aufmerksam, dass der Verwalter stets nach dem Evangelium erst in die Kirche käme und vor dem Segen sie schon wieder verliesse. Der Bischof stellt nun deswegen seinen Diener zur Rede, aber dieser wird böse und erklärt, er habe an so vieles andre zu[334] denken, dass er nicht lang in der Kirche sitzen könne. Wenn man ihn hierin nicht gewähren lasse, so wolle er lieber den Dienst aufgeben. Hiermit gibt sich der Bischof zufrieden, und so lebt denn der Verwalter sechs Jahre beim Bischof, von allen Leuten dort schliesslich gemieden und nur bei seinem Herrn in Ansehen. – Zu Ostern kommt um Mitternacht der schon erwähnte alte Bauer am Kirchhof vorbei. Da sieht er den Verwalter mit zwei übel aussehenden Männern rings um die Kirche und über die Kirche Bänder und Seile spannen und hört darauf, wie der Verwalter den Leuten, augenscheinlich seinen Dienern, befiehlt, am folgenden Tage am Schlüsse des Gottesdienstes an den beiden Seiten der Kirche das Seil zu halten. Er wolle dann in der Türe stehen und das Band nehmen. Auf diese Weise würden sie dann die Kirche mit allen, die in ihr seien, in die Erde versenken können. – Wie der Bauer das hört, eilt er zum Bischof und teilt ihm alles mit. Nach dem Rat des zauberkundigen Alten wird nun der Anschlag des Verwalters zu vereiteln gesucht. Der Bauer ritzt während des Messeläutens allenthalben in der Kirche Kreuzeszeichen ein, d.h. in Wahrheit zerschneidet er die Bande, die in der vorhergehenden Nacht über die Kirche gelegt worden waren. Darauf steigt der Bischof auf die Kanzel. Nach der Verlesung des Evangeliums kommt der Verwalter in die Kirche. Wie er wider alles Vermuten seinen Herrn selber predigen hört, erschrickt er, und wie der Bischof das sieht, wird er in seiner Rede so warm und so eifrig, dass die ganze Versammlung zu Tränen gerührt wird. Der Verwalter wird bald totenbleich, bald kohlschwarz vor Zorn und will zur Kirche hinaus. Vor der Türe steht jedoch der Bauer und verwehrt ihm energisch den Ausgang. Wie der Bischof das sieht, erhebt er die Hände zum Segen. Da sinkt der Verwalter in den Boden hinein, und der Bauer schlägt ihn mit den Psalmen Davids noch auf den Kopf. Wie der Verwalter verschwunden ist, hält der Bischof noch eine Dankesrede für seine und der Gemeinde Erlösung vom Teufel. Von dieser Zeit an ändert er sich und wird seinen Leuten ein guter Gebieter.

Wie hier der Teufel als Verwalter, so spielt er in einer Legende Gerings (XXVI »Der Teufel als Abt« II S. 85 ff.)[335] die Rolle eines Abtes. In dieser Gestalt verführt er die Mönche zur Üppigkeit und unkeuschem Lebenswandel, bis seine wahre Natur entdeckt wird, worauf er gleichfalls im Fussboden versinkt.

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 334-336.
Lizenz:
Kategorien: