XCVII. Meine Frau will etwas für ihren Knopf haben.

[351] Árn. II S. 508/9. Von dem Maler Sigurður Guðmundsson.


Ein armes Bauernpaar hat als einzigen Schatz einen goldenen Knopf an der Spindel. Wie eines Tages die Alte im Freien sitzt und spinnt, springt der Knopf ab und ist nirgends zu finden. Nach der Rückkehr des Mannes erzählt sie ihm ihren Verlust. Dieser meint, dass der Elbe Kiðhús, der in der Nähe im Hügel wohne, sicher den Knopf gestohlen habe. Er wolle hingehen und sein Eigentum zurückfordern oder etwas anderes dafür verlangen. Er geht nun und schlägt lange Zeit stürmisch mit einem Knüttel gegen den Hügel. Endlich fragt Kiðhús:


»Hver bukkar mín hús«,


»Wer klopft an meine Wohnung?«


Darauf sagt der Mann:


»Karl er þetta, Kiðhús minn,

Kerling vill hafa nokkuð fyrir snúð sinn.«


»Ich bin's, der Mann, lieber Kiðhús,

Meine Frau will etwas für ihren Knopf haben.«


Auf die Frage des Elben, was er sich wünsche, verlangt der Bauer eine Kuh, die jedesmal ein Viertelfass Milch gibt. Mit dieser geht er dann heim. Als am anderen Tage die Bäuerin alle Gefässe mit Milch angefüllt hat, fällt ihr ein, Grütze zu kochen, aber es fehlt ihr dazu das Mehl. Jetzt geht der Mann wieder zu Kiðhús und bittet als Entgelt für den Knopf auch um Mehl. Der Elbe gibt ihm eine Tonne voll. Nachdem das Bauernpaar sich die Grütze hat schmecken lassen, überlegt es sich, dass es die Überreste der Jungfrau Maria bringen wolle. Um aber in den Himmel zu kommen, bedarf es[351] einer Leiter. Kiðhús muss auf die Bitte des Mannes auch diese liefern, trotzdem er nun ärgerlich fragt, ob der verdammte Knopf denn noch nicht abbezahlt sei? Das Bauernpaar steigt nun mit dem Grützentopfe zum Himmel hinauf. Wie es schon in beträchtlicher Höhe ist, wird es schwindlig und stürzt kopfüber hinunter. Seine Köpfe und der Topf springen beim Fall in Stücke, so dass das Gehirn und die Grütze nach allen Seiten durch die Welt zerstreut werden. Dort, wo das Gehirn auf das Gestein kam, sieht man auch heute noch weisse Flecken, und wo die Grütze hinspritzte, zeigen sich gelbe Flecken auf den Steinen.

Dieses Märchen stimmt im Grundgedanken mit dem deutschen Märchen »von dem Fischer und syner Fru« (Grimm 19 I S. 73 ff.) überein. Es ist nur viel dürftiger erzählt und unterscheidet sich auch durch den tragischen Schluss. –

Der Zug, dass der Mann von dem Elben etwas zum Entgelt für sein gestohlenes Eigentum verlangt, findet sich auch in einem norwegischen Märchen (Asbj. 7 »Om Gutten, som gik til Nordenvinden paa Krav« S. 32 ff.). Hier nimmt der Nordwind einem armen Burschen das Mehl fort, und dieser fordert hierfür Entschädigung. Im weiteren Verlauf geht dann dieses Märchen in die Erzählung vom »Tischlein deck' dich« über.

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 351-352.
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