XCVIII. Die dummen Weiber.

[352] Lbs. 538 4 to.


Ein Bauer schickt einmal eine alte Frau mit einer Kuh und einer Henne zum Verkaufe aus. Sie soll für die Kuh sechzehn Reichstaler und für die Henne sechzehn Schillinge fordern. Die Alte bietet nun die Kuh für sechzehn Schillinge aus und wird sie dafür sogleich los, aber niemand will für die Henne sechzehn Reichstaler geben. Auf einem Gehöfte wird der Frau ein Lager auf einem Haufen von Daunen gegeben. Am andern Morgen ist die Alte ganz mit Federn bedeckt und bildet sich ein, ein Adler geworden zu sein. Sie kehrt nun heim, indem sie auf dem Wege als Adler immer[352] zu fliegen versucht. Der Bauer trifft sie bei diesen Bemühungen schon unterwegs an. Wie er die Geschichte ihres Verkaufs hört, weiss er sich vor Wut kaum zu lassen. Aber ehe er der Alten ihre Dummheit ordentlich heimzahlt, will er versuchen, ob er nicht drei gleich dumme alte Weiber findet. Er macht sich auf den Weg und kommt an eine Hütte. Hier sieht er, wie eine alte Frau in ihrer Schürze aus dem Innern des Hauses die Dunkelheit heraus und Licht hineinzutragen versucht. Er verspricht der Alten, ihr zu helfen, wenn sie ihm dafür ordentlichen Lohn geben wolle. Diese ist's zufrieden. Nun bringt der Bauer in der Hütte Fenster an, bekommt dafür viel Geld und zieht vergnügt weiter. Nach einer Weile gelangt er an ein anderes Gehöft. Hier sieht er, wie eine Alte mit einem Holzschlägel eifrig den Kopf ihres Gatten bearbeitet. Auf Befragen erzählt sie, dass ihr Mann nun schon lange Zeit vergeblich versuche, den Kopf durch sein Hemd zu stecken, trotzdem sie sich eifrig bemühe, ihm dabei zu helfen. Der Bauer schneidet nun oben ins Hemd die nötige Öffnung, der Kopf des Alten kommt durch, und Mann und Frau sind entzückt, ihm durch Geld seine Hilfe reichlich lohnen zu können. – Nun kommt der Bauer an ein Gehöft, wo ein altes Ehepaar wohnt. Die Frau hier ist zum dritten Male verheiratet. Sie fragt den Bauern, woher er komme, und dieser sagt: »Gerade aus dem Himmelreiche.« »Ach, dann kannst du mir gewiss sagen, wie es meinen beiden ersten Männern ergeht«, meint die Alte. »Was macht mein erster Pétur?« »Ja, dem geht's schlecht. Wie du weisst, hatte er ja keine ordentlichen Kleider, und nun ist er fast nackt und kann auch nirgends Unterschlupf finden.« Sofort gibt ihm nun die darüber erschrockene Frau einen ganzen Sack voll Kleider und einen Beutel voll Geld und bittet ihn flehentlich, das alles doch ihrem Manne mitzubringen. – Pétur dem zweiten geht es nach der Aussage des Bauern aber auch schlecht. Ihm sendet die liebende Gattin zwei Pferde und das, was sie noch an Geld und Habseligkeiten übrig hat. Nach Empfang dieser Gaben zieht der Bauer vergnügt heimwärts. – Wie Pétur der dritte nach Hause kommt, ist er sehr wenig erbaut, die Hütte ganz ausgeräumt zu finden.[353] Aber seine Alte tröstet ihn und sagt, dass diese Gaben auch ihm nützen würden, wenn er dereinst ins Himmelreich käme. – Unser Bauer bringt Geld, Kleider und Pferde nach Hause zurück und vergibt um der übrigen dummen Weiber willen der dummen Alten den törichten Verkauf.

Der gleiche Schwank, nur noch etwas ausführlicher erzählt, findet sich in der norwegischen Märchensammlung (Asbj. 10, »Somme Kjærringer ere slige« S. 45 ff.). Die Frau des Bauern geht hier in die Stadt, um die einzige Kuh und eine dürre Heime zu verkaufen. Sie begegnet dem Schlächter, dem sie die Kuh für eine Mark, das Huhn aber für zehn Taler anbietet. Die Kuh will dieser gern für den Preis nehmen, für das Huhn habe er jedoch gerade keine Verwendung. Wie die Frau in der Stadt keinen Käufer für das teure Huhn findet, kommt sie zum Schlächter zurück und verlangt von ihm, dass er nun auch das Huhn kaufe. Der Mann will später darüber reden – vorläufig solle sie erst einmal etwas bei ihm essen. Er gibt ihr nun so viel Branntwein, dass sie total betrunken wird. Darauf taucht er sie in eine Teertonne und wälzt sie dann in Federn. Wie die Frau erwacht, weiss sie nicht, ab sie es selbst ist oder aber irgend ein grosser Vogel. Weil Hund und Kalb sie daheim nicht zu kennen scheinen, kommt sie zur Überzeugung, dass sie tatsächlich ein Vogel sei und versucht nun zu fliegen. Der Mann erkennt sie schliesslich und hört nun die Geschichte ihres Verkaufs. Wie er sich aufmacht, um drei ebenso dumme alte Weiber zu finden, bekommt er von der Frau, die in einem Eimer Sonne in ihre Hütte tragen will, dreihundert Taler, nachdem er in die Wände die vergessenen Fenster geschlagen hat. Von dem Ehepaar, das sich mit dem Anziehen des Hemdes vergeblich quält, erhält er die gleiche Summe für das Loch, das er für den Hals ins Hemd hineinschneidet. Und die Bäuerin, die von ihm hört, dass es im Himmelreiche ihrem zweiten Manne (Peter dem zweiten) so schlecht geht, gibt ihm Wagen und Pferd, Kleider und Geld für den Verstorbenen. Peter der dritte, dem seine Frau dies erzählt, will dem Betrüger nacheilen, verliert jedoch durch eine List auch noch sein Pferd. – Wie der Bauer mit all seinen Schätzen[354] nach Hause kommt, hat seine Frau in Ermangelung von Saatkorn Salz gesät. Denn es würde ja immer gesagt, »wer etwas säe, würde auch etwas ernten«. – –

Bei Müllenh. (X, »Die dümmste Frau« S. 413 ff.) verkauft die dumme Frau des Müllers einem unbekannten Schlächter fünf Ochsen in der Weise, dass er zwei, ohne sie zu bezahlen, mitnimmt und die drei übrigen zum Pfände lässt. Der Müller findet nun eine Gräfin, die seiner Erzählung, beim Tanze aus dem Himmel gefallen zu sein, Glauben schenkt, und die ihm für ihren verstorbenen Gatten nun vierhundert Golddukaten, Stoff für einen Anzug und Speise und Trank mitgibt. Auch hier wird der nacheilende Sohn um sein Pferd betrogen. – –

Im englischen Märchen (Jac. I, »The three Sillies« S. 9 ff.) geht der Freier der »klugen Else« aus, um drei ebenso grosse Toren, wie seine Braut ist, zu finden. Er trifft zuerst eine Frau, die ihre Kuh aufs Dach zu ziehen versucht, damit sie dort oben das Gras fressen kann. Ein Mann weiss nicht, wie er seine Hosen anziehen soll und ist dankbar für die Unterweisung. Und in einem Dorfe sind alle Einwohner um einen Teich versammelt und bemühen sich, den Mond herauszufischen, der augenscheinlich ins Wasser gefallen ist.

Bei Grimm (104, »Die klugen Leute« II S. 68 ff.) und ebenso bei Suterm. (23, »Die dumme Grete« S. 70 ff.) geht der Mann einer dummen Frau aus, um eine noch dümmere Frau zu suchen. Auch er findet eine, die von ihm glaubt, er sei aus dem Himmel gekommen, und die ihm nun Gaben für ihren verstorbenen Mann mitgibt.

Auch ein wälschtyroler Märchen erzählt von der dummen Frau, die durch mancherlei Streiche ihren Mann so erbost, dass er ausgeht, um eine noch dümmere Frau zu finden (Schneller 56, »Die närrischen Weiber« S. 162 ff.). Er trifft eine Frau, die mit einer Heugabel Nüsse aus einem Korbe schöpfen will, dann eine zweite, die auf dem Hausdache sitzt und spinnt, damit der Faden recht lang werde, und hierauf eine dritte Alte, die in einem Siebe von draussen Wärme in ihre Keller trägt. Wie er bei der vierten Frau vorbeikommt, ist die gerade beschäftigt, einen Esel, der mit allen Vieren um sich schlägt und gewaltig schreit, in die Höhe zu ziehen.[355] Auf Befragen erklärt sie, dass ihr die Bruthenne von den Eiern weggelaufen sei. Nun solle der Esel ihr diese ausbrüten, aber das dumme Vieh wolle sich nicht einmal heraufziehen lassen. –

Weitere Nachweise zu dem Manne, der drei noch dümmere Weiber wie das seinige suchen will, finden sich bei Köhler (Kl. Schr. S. 81/2).

Dass die Preise zweier Tiere von einem dummen Menschen verwechselt werden, wird auch in einem französischen Volksmärchen erzählt (Köhler, Kl. Schr. S. 97). Cadet-Cruchon, ein ausgemachter Tölpel, verkauft drei Lämmer für zwölf Sous das Stück, bekommt aber dann nirgends für seine Henne einen Taler.

Das Motiv von der beschränkten Frau, die einem Manne, von dem sie glaubt, er sei aus dem Himmel gekommen, Graben für irgend einen verstorbenen Angehörigen mitgibt, wird für sich stehend vielfach in einem Schwanke benutzt. Es findet sich schon in den Schwanksammlungen des 16. Jahrhunderts (Pauli Nr. 463 S. 274, siehe auch Anm. S. 527) und wurde von Hans Sachs dramatisch bearbeitet. In den von mir verglichenen Märchensammlungen kann ich dieses Motiv noch bei Schott (43, »Die Botschaft vom Himmel« S. 291 ff.), Jac. I (»Jack Hannaford« S. 40 ff.), Cosquin (22, »Jeanne et Brimborian« I S. 237 ff.) und Schmidt (25, »Die Sendung in die Unterwelt« S. 125 ff.) nachweisen.

Quelle:
Rittershaus, Adeline: Die neuisländischen Volksmärchen. Halle: Max Niemeyer, 1902, S. 352-356.
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