Als ich im Jahre 1898 zum ersten Male mich längere Zeit auf Island aufhielt, wurde ich beim Studium der neuisländischen Sprache und Literatur mit Jón Árnasons »Íslenzkar Þjóðsögur og ævintýri« bekannt. Je mehr ich mich in dieses zweibändige Werk vertiefte, desto mehr erwachte mein Interesse für diese Sagen und Märchen, die so vielfach Parallelen mit unseren deutschen Sagen und Märchen darboten, ohne freilich speziell in den Märchen die Vielseitigkeit unseres deutschen Märchenschatzes erreichen zu können. Bei der Lektüre des von Guðbrandur Vígfússon geschriebenen Vorwortes fand ich nun die Erklärung für diese Einseitigkeit des isländischen Märchenschatzes, nämlich die Bemerkung, dass nur ein Teil der bisher auf Island gesammelten Märchen von Jón Árnason in die Sammlung aufgenommen sei, dass besonders noch viele sogenannte Stiefmuttermärchen, mit denen sich schon zur Zeit des Mönches Oddr nach seinem Zeugnisse in der Vorrede zur »Ólafs saga Tryggvasonar« die Hirtenbuben die Zeit vertrieben, ungedruckt sein müssten. Und auch der kurze Zeitraum von drei Jahren, in dem eigentlich die Árnasonsche Sammlung zu stände gekommen war, wies weiter darauf hin, dass mit dieser Sammlung der Sagen- und Märchenschatz des isländischen Volkes nicht völlig gehoben sein konnte. – Denn wenn auch schon im Jahre 1817 die im vorhergehenden Jahre in Kopenhagen gegründete isländische Literaturgesellschaft (hið íslenzka bókmentafélag) eine Reihe von Fragebogen zur Beantwortung an die isländischen Pfarrer verschickt hatte, in denen unter anderem auch nach alten Sagen und Liedern gefragt wurde, so war bis zum Jahre 1845 von isländischen Volkssagen oder Volksmärchen nichts bekannt geworden. In diesem Jahre nun vereinigten sich zwei junge Isländer, Jón Árnason und Magnús Grímsson, um ebenso wie die Gebrüder Grimm in[13] ihren »Kinder- und Hausmärchen« auch eine isländische Sammlung von Volkssagen und Volksmärchen zu veranstalten. Ihre Sammlung, die jedoch nur langsame Fortschritte machte, setzte sich zusammen aus den Erzählungen der Schüler, die aus allen Teilen Islands in Bessastaðir zusammenkamen, und aus den Sagen und Märchen, die beide Sammler in ihren engeren Heimatbezirken auftreiben konnten. Denn die grosse Menge des Volkes hielt mit den Sagen und Märchen, deren Mitteilung jeder Erwachsene unter seiner Würde hielt, scheu zurück, und die Sammlung würde wohl nie einen gedeihlichen Fortgang genommen haben, wenn nicht Konrad Maurer im Jahre 1858 bei seiner Reise durch Island, der unter anderem sein Buch »Isländische Volkssagen« seine Entstehung verdankt, durch seine warme Begeisterung für Volkssagen und Volksmärchen im ganzen Lande die Leute für diese bisher verachteten »Lügengeschichten« oder »Alte-Weiber-Geschichten« interessiert hätte. Auf Maurers Veranlassung schickte nun Jón Árnason aufs neue Fragebogen nach Sagen und Märchen durch Island, nun aber hatten seine Bemühungen solchen Erfolg, dass drei Jahre später schon in zwei Bänden von je vierzig Bogen die »Íslenzkar Þjóðsögur og ævintýri« veröffentlicht werden konnten. – – – Und wer hatte nun alles zur Sammlung beigesteuert? – Der alte Bauer, der sich aus früher Kindheit noch der Sagen und Märchen zu entsinnen wusste, schrieb sie aus treuem Gedächtnisse nieder, die Grossmütter und Mütter gaben ihren reichen Märchenschatz preis, mit dem sie immer die aufhorchenden Kleinen zum Schweigen gebracht hatten, die Gymnasiasten und Studenten sammelten alles, was in den langen Dämmerstunden das Gesinde sich zu erzählen wusste, der Fischer und der Hirte brachte seinen Tribut an Sagen und Märchen, und geschäftig gingen in den einzelnen Bezirken die Pfarrer von Gemeinde zu Gemeinde, um das schon Niedergeschriebene einzusammeln und das bisher nur mündlich Überlieferte aufzuzeichnen – kurz, das Verzeichnis der Beitragenden, das Jón Árnason im zweiten Bande seiner Sammlung veröffentlicht, zeigt deutlich, wie allgemein das Interesse war, das nun im Lande den altüberkommenen Sagen und Märchen entgegengebracht wurde. – Es gab aber immer noch eine Anzahl Leute[14] – Pfarrer wie Bauern – die vor dem Erscheinen der Árnasonschen Sammlung, die sie eines Besseren belehrte, den in ihrem Bereiche noch ruhenden Schatz nicht heben wollten, weil sie die Arbeit unter ihrer Würde hielten, andere wieder verspäteten sich mit ihren Sammlungen, neue Sagen- und Märchenkundige konnten noch entdeckt werden, und so war wohl zu vermuten, dass nach der grossen Sammlung von Jón Árnason eine Nachlese aus den nachher noch eingelaufenen Manuskripten, die in der Landesbibliothek in Reykjavík aufbewahrt wurden, wohl am Platze sein und einen guten Erfolg versprechen dürfte.
Da ich im Sommer 1900 wiederum ca. 51/2 Monate in Reykjavík verlebte, benutzte ich diese Gelegenheit, um auf der dortigen Landesbibliothek unter den Manuskripten Nachforschungen nach vielleicht noch ungedruckten isländischen Volksmärchen anzustellen. Durch die Unterstützung des leider vor kurzem verstorbenen Gymnasial- Oberlehrers Halldór Friðksson und durch das freundliche Entgegenkommen des Museumsdirektors Jón Jakobsson war es mir möglich, alle Manuskripte, die etwa Märchen enthalten konnten, einer genauen Durchsicht zu unterziehen. Das Resultat waren ca. 40 als isländische Märchen noch ganz unbekannte Märchen, ferner aber zu den bei Jón Árnason, Maurer etc. schon veröffentlichten Märchen eine grosse Anzahl von Varianten. Zu dem so erhaltenen Märchenschatze stellte mir Gymnasial-Oberlehrer Steingrímur Þorsteinsson, der bekannte neuisländische Lyriker, dem Island aber neben Anderem auch eine treffliche Übersetzung von 1001 Nacht zu verdanken hat, nun liebenswürdigerweise auch noch seine kleine, in mancher Beziehung jedoch sehr interessante Sammlung von isländischen Märchenmanuskripten, die von einem Sattelmacher Jón Jónsson aus der Rangárvallasýsla stammen soll, gleichfalls zur Verfügung.
Da ich zu dieser Zeit die Arbeiten der vergleichenden Märchenforschung noch nicht kannte, auf Schritt und Tritt aber Übereinstimmung mit unseren deutschen Volksmärchen antraf, ja, hie und da sogar im isländischen Märchen den Schauplatz ausdrücklich nach Deutschland (Saxland) verlegt fand, so beabsichtigte ich, aus dem mit Hinzuziehung aller schon gedruckten Märchen nun ziemlich vollständigen neuisländischen[15] Märchenschatze speziell alle Beziehungen zu Deutschland zusammenzustellen, um dann zu sehen, was von diesen parallelen Märchen, Märchengestalten und Märchenmotiven auch schon in der altgermanischen Literatur sich belegen lasse, was also mithin nicht erst durch die spätmittelalterlichen hanseatischen Handelsbeziehungen1 ausgetauscht worden war, sondern was schon in die Zeit des frühen Mittelalters zurückreichen musste, vielleicht sogar ein gemeingermanisches Besitztum sein konnte.
Die Mehrzahl aller schon gedruckten neuisländischen Märchen, die ich bei dieser Arbeit gleichfalls zur Vergleichung heranziehen musste, war jedoch den Folkloristen überhaupt noch nicht einmal bekannt (Poestions Übersetzung der bei Jón Árnason veröffentlichten Märchen ist für die Zwecke der vergleichenden Märchenforschung aus dem Grunde nicht zuverlässig genug, weil er oft verschiedene Märchen Varianten zu einem einzigen Märchen verschmolz), und so sah ich mich genötigt, meinen Plan zu ändern und zuerst einmal eine Sammlung zu veröffentlichen, in der ich alle bis heute auf Island nachweisbaren Volksmärchen im Auszuge (das allzureiche Material und die äusserst weitschweifige isländische Erzählungsweise hinderten mich an einer wörtlichen Wiedergabe) zusammenstellte. Von den Volkssagen und Schwänken nahm ich diejenigen Erzählungen auf, die im Isländischen entweder den Stempel eines echten Märchens trugen, oder die in der von mir zur Vergleichung herangezogenen internationalen Märchenliteratur als Märchen vertreten waren. Hätte ich aus den isländischen Volkssagen auch noch die Erzählungen berücksichtigen wollen, die vereinzelte märchenhafte Züge aufweisen (z.B. der durch Zauber hervorgerufene Nebel, das Festbannen an irgend ein Objekt etc.), so würde diese Sammlung wohl den doppelten Umfang bekommen haben. Aber auch trotz dieser Beschränkung vermag sie zu zeigen, welch reiche Schätze aus der Volksüberlieferung auch heute noch auf der unwirtlichen Polarinsel zu heben sind, auf der schon im frühen Mittelalter eine Dichtung, die zum grössten Teile auf der Volksüberlieferung ruhte, zu prächtiger Blüte gelangte.[16]
Dem Beispiele der übrigen Märchenforscher, vor allem aber Reinhold Köhlers, folgend, habe ich versucht, aus dem mir zur Vergleichung zu Gebot stehenden internationalen Märchenschatze die Parallelen sowol der ganzen Märchen wie der einzelnen Motive bei jedem Märchen anzuführen. Es gelang mir, ca. zwei Drittel aller Märchen auch bei anderen Völkern belegen zu können, während ich für 44 Märchen keine internationalen Entsprechungen fand. Diejenigen Märchen nun, zu denen sich keine Parallelen im internationalen Märchenschatze mir darboten, behandeln zum grössten Teile Konflikte zwischen Riesen und Menschen, wie ja auch die nordischen Mythen, die Fornaldarsögur etc. hauptsächlich bei diesem Thema mit Vorliebe verweilen. Einige wenige sind »Útilegumannasögur«, d.h. Märchen, in denen Geächtete die Hauptrolle spielen, und vereinzelte sind Elbensagen, von denen noch im Jahre 1899 Jón Porkelsson in der Einleitung seiner »Þjóðsögur og munnmali« behauptete, sie würden heute noch von einem Teile des isländischen Volkes als wahre Erzählungen angesehen. Die übrigen Märchen sind Märchenschwänke, die vielleicht bei noch weitgehenderer Vergleichung auch in mittelalterlichen Schwanksammlungen sich finden dürften.
Zu Beginn meines Studiums der Arbeiten der vergleichenden Märchenforschung hatte der Aufsatz Köhlers »Über die europäischen Volksmärchen«2 sowie Benfeys Einleitung zur Pantschatantra-Übersetzung in mir die Ansicht geweckt, dass die meisten europäischen Volksmärchen in Indien ihren Ursprung haben müssten. Denn Benfey3 erklärt ausdrücklich: »Durch ihre innere Vortrefflichkeit scheinen die indischen Märchen alles, was etwa ähnliches bei den verschiedenen Völkern, zu denen sie gelangten, schon existiert hatte, absorbiert zu haben. Denn die Umwandlung, die sie, insbesondere sowie sie sich im Volksmunde verbreiteten, erfuhren, ist – abgesehen von der Nationalisierung – nachweislich fast nur kaleidoskopartige Vermischung von Formen, Zügen und Motiven, welche ursprünglich getrennt waren. Ebenderselben verdanken sie auch ihre in der Tat nur scheinbare Fülle; denn in Wirklichkeit[17] reduziert sich die grosse Masse, insbesondere der europäischen Märchen, auf eine keineswegs beträchtliche Anzahl von Grundformen, aus denen sie sich mit mehr oder weniger Glück und Geschick durch teils volkliche, teils individuelle Tätigkeit vervielfältigt haben. Die literarischen Vehikel bildeten hauptsächlich das Tûtînâmeh, arabische und höchst wahrscheinlich jüdische Schriften. Daneben lief aber mündliche Überlieferung, insbesondere in den slavischen Ländern. In Europas Literatur bürgern sich die Erzählungen vor allem durch Boccaccio, die Märchen durch Straparola ein. Aus der Literatur gingen sie dann ins Volk über, aus diesem, verwandelt, wieder in die Literatur, dann wieder ins Volk u.s.w. und erreichen, insbesondere durch diese wechselseitige Tätigkeit nationalen und individuellen Geistes, jenen Charakter nationaler Wahrheit und individueller Einheit, welcher nicht wenigen von ihnen einen so hohen poetischen Wert verleiht«. – – – Nach Benfeys Ansicht ist es jetzt nur nötig, alle oder doch den allergrössten Teil der europäischen Volksmärchen auf ihre indische Grundlage zurückzuführen, um die Theorie von ihrem indischen Ursprünge tatsächlich unanfechtbar zu machen. Köhler erklärt denn auch im Jahre 1865 in dem schon erwähnten Aufsatze »Über die europäischen Volksmärchen«4, dass schon jetzt so viele Märchen auf ihre indischen Quellen sicher zurückgeführt seien, dass wir auch bei den übrigen sehr vorsichtig mit der Annahme ihres autochthonischen Ursprunges sein müssten, und zwei Jahrzehnte später konstatiert Cosquin in seiner Einleitung zu den »Contes populaires de Lorraine« im gleichen Sinne5: »La question de l'origine des contes populaires est une question de fait.«
Im Laufe meiner Märchenvergleichungen liess sich jedoch meiner Ansicht nach die Theorie vom indischen Ursprünge und der spätmittelalterlichen Verbreitung der Märchen und Schwanke nur schlecht mit der Tatsache vereinigen, dass ein Teil der neuisländischen Märchen und Märchenmotive Parallelen in der altgermanischen, und hier vor allem in der altisländischen Literatur besitzt. Von der Leyen, der in seiner Schrift »Das Märchen in den Göttersagen der Edda« auch in der nordischen Mythologie einige Märchen und zahlreiche Märchenmotive nachweist, wird[18] durch diese Tatsache freilich nicht in seinem Glauben an den indischen Ursprung der Märchen erschüttert,6 sondern er kommt hierdurch nur zu dem Schlüsse, dass diese aus Indien eingewanderten Märchen und Märchenmotive erst zu einer späten Zeit in die Göttersagen aufgenommen worden seien:
»Wenn wir eine sage in älterer, etwa aus dem 9. bis 10. jh. stammender (vgl. § 4 die sage vorn weltenbaum, § 16 Óðinn und Óðrerir) und jüngerer (ca. 1200) aufzeichnung besassen (vergl. auch das eingangs zu § 5 Baldr und das zu § 11 Hýmiskviða bemerkte): so war die ältere immer von märchenmotiven frei, die jüngere ganz damit behangen. Alle nachweislich jungen sagen, alle späten, erst im Norden erfundenen götter (vgl. § 1 Heimdallr, § 2 Freyja, § 7 Skaði und Þjazi, § 9 Þórr bei Útgarðaloki) waren ebenso mit märchenhaftem beiwerk überreich ausgeschmückt. Aus all dem geht unwiderleglich hervor, dass die märchen zwischen dem 9. und 12. jh. nach dem Norden gewandert sein können. – – – Wie mir scheint, gelangten sie nicht viel vor 1200 dorthin. Denn sobald der mit der Snorra Edda ungefähr gleichzeitige Saxo märchen und sagen erzählt, die uns die Edda auch mitteilt (vgl. § 2 Freyja, § 5 Baldr, § 7 Skaði und Þjazi, § 9 Þórr bei Útgarðaloki, § 10 Geirrðr, § 15 Grímnismál), erscheinen sie bei ihm in ganz anderer, von Eddafassung stark abweichender form. Als Saxo hier und die erzähl er der Edda dort die märchen aufzeichneten, konnten sie noch nicht zu der festen form gelangt sein, die sich aus längerer tradition ergibt: sie hatten im Norden sozusagen noch kein heimatsrecht, waren vielen gewaltsamkeiten ausgesetzt, eben weil sie erst vor kurzem eingedrungen waren.«7
Was die ältere Aufzeichnung der Eddasagen im 9. bis 10. Jahrhundert anbetrifft, so dürfte es von der Leyen wohl schwer fallen, für eine solche Auf zeichnung den Beweis anzutreten. Meines Wissens spricht nur Sievers8 einmal die Vermutung aus, dass vielleicht ein Teil der Eddalieder vor ihrer Aufzeichnung in Buchstabenschrift schon in Runenstäbe eingeschnitzt[19] worden seien. Im übrigen sind alle Eddaforscher darüber einig, dass frühestens um die Mitte des 12. Jahrhunderts und spätestens um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Eddalieder nach mündlicher Überlieferung zum ersten Male niedergeschrieben wurden. Wann die einzelnen Eddalieder aber verfasst wurden, ist eine Frage, die von den Forschern sehr abweichend beantwortet wird. Auf keinen Fall aber kann von der Leyen die Abwesenheit oder Anwesenheit von Märchen und Märchenmotiven als Kriterium für das höhere oder minder hohe Alter eines Liedes oder eines Mythos oder einer Sage benutzen. Die »Þrymskviða« und die »Völundarkviða« z.B. werden von wohl allen Eddaforschern zu den ältesten Eddaliedern gerechnet – ihre Abfassungszeit fällt also frühestens in das Ende des 9. Jahrhunderts – und doch haben wir in beiden echte alte Volksmärchen, die auch heute noch im Volksmunde leben. Andererseits können wir in Gedichten wie »Völuspá« und »Hávamál« (Gedichte, die Kenntnis aller in Frage kommenden Mythen bei den Hörern voraussetzen, und die aus diesem Grunde die Mythen nur mit wenigen Worten andeuten) selbstverständlich nur wenig Märchenmotive finden, während diese sofort dort zum Vorschein kommen, wo – wie in der Snorra Edda – ein Mythos umständlich in Prosa erzählt wird, oder wo – wie z.B. in »Grimnismál« – die Aufzählung skaldischer Gelehrsamkeit einer Einkleidung bedurfte. – – – Dass nun aber gar die Verschiedenheit der Form, die ein Märchen bei dem Dänen Saxo Grammaticus und bei den isländischen Erzählern der Göttersagen erhält, daher rühren soll, dass »die neu eingewanderten Märchen noch nicht zu der festen Form gelangt waren, die sich aus längerer Tradition ergibt«, ist eine Behauptung, die von der Leyen wohl kaum durch irgend einen Beleg wird stützen können. Denn durch die längere Tradition erhält nicht einmal bei ein und demselben Volke – wie die oft zahlreichen Varianten beweisen – ein Märchen eine feste Form, geschweige denn bei räumlich weit geschiedenen Völkern. Die verschiedenartige Darstellung des gleichen Themas bei Saxo und bei den isländischen Erzählern kann entweder daher rühren, dass im Laufe der Zeiten die alten Märchen durch die mündliche Überlieferung in Dänemark eine andere Gestalt wie auf Island bekommen mussten, oder aber Saxo hat von seinen isländischen Gewährsmännern, nach[20] deren Berichten er seiner Vorrede zufolge einen grossen Teil seines Werkes niederschrieb,9 eine Variante des in der Edda überlieferten Märchens erzählt bekommen, oder aber sein Gedächtnis oder das Gedächtnis seiner Gewährsmänner ist in einigen Fällen nicht ganz treu gewesen. Das sind alles Möglichkeiten, die bei der Märchenvergleichung immer wieder die zahlreichen Varianten, die ein Märchen annehmen kann, erklären müssen. Wenn durch längere Tradition ein Märchenstoff nicht nur beim gleichen Volke, sondern auch bei räumlich geschiedenen Völkern eine feste Form bekommen muss, so wäre jede Märchenvergleichung bald zu Ende! – – – Auf keinen Fall also kann aus von der Leyens Schrift – wie der Verfasser meint – unwiderleglich hervorgehen, dass die Märchen zwischen dem 9. bis 12. Jahrhundert (wahrscheinlich sogar nicht viel vor 1200) in den Norden einwanderten, sondern nur so viel kann aus ihr unwiderleglich hervorgehen, dass zahlreiche heute noch lebende Märchenmotive, vereinzelt auch heute noch lebende Volksmärchen schon in den Göttersagen der Edden nachzuweisen sind. Da diese nun, wie ihre zum Teil lückenhafte Aufzeichnung, die häufigen Interpolationen, die Zusammenschmelzung ursprünglich gar nicht zusammengehöriger Lieder etc. beweisen, erst nach längerer mündlicher Tradition frühestens um die Mitte des 12. und spätestens um die Mitte des 13. Jahrhunderts niedergeschrieben sind, so können diese Märchen, Märchengestalten und Märchenmotive auf literarischem Wege wenigstens nicht in den Norden gedrungen sein (die für Europas Erzählungsliteratur bedeutsame Pantschatantraübersetzung wurde zwischen 1263 und 1278 abgefasst)10, sondern hier wäre nur eine mündliche Überlieferung möglich. Wer diese nun annehmen will, muss dann auch unwiderlegliche Beweise für diese Annahme beibringen und sie nicht einfach dadurch als gesichert betrachten, dass man diktatorisch erklärt, alle die Märchen, die zufällig in Indiens Literatur früher wie bei einem anderen Volke aufgezeichnet wurden, müssen von Indien stammen – Cosquin geht in seinen lothringischen Märchen sogar so weit, den indischen Ursprung irgend eines Märchens[21] als feststehend anzunehmen, wenn es sich auch nur in einer modernen indischen Märchensammlung belegen lässt! – – er muss an irgend einem Beispiele unwiderleglich nachweisen, dass tatsächlich die Volksüberlieferung in solch weitgehendem Masse fremden Einflüssen zugänglich sein kann.
Wie zäh diese jedoch an altererbtem Gute festhält, zeigt uns der Aberglaube, dessen Wurzeln doch vielfach auf den frühesten Entwicklungszustand eines Volkes zurückzuführen sind. Dass aber auch die Märchenüberlieferung eines Volkes fremden Einflüssen durchaus nicht in solchem Masse, wie Benfey und seine Anhänger annehmen, zugänglich ist, lässt sich gerade hier im Isländischen trefflich beweisen. Der gelehrte Bischof Jón Halldorsson, der im 14. Jahrhundert lebte, brachte von seinen Reisen eine grosse Anzahl von Legenden, Erzählungen und Märchen mit, und aus seiner Umgebung haben wir eine Reihe von Aufzeichnungen, die uns deutlich zeigen, dass man die fremden Erzählungen, die der Bischof trefflich vortrug, wohl zu schätzen wusste. In die lebendige Volksüberlieferung sind jedoch diese fremden Stoffe nicht übergegangen, wenigstens kann ich mit Ausnahme von Nr. LXXXV (Ritter und Waldfrau) – ein Märchen, das einige Ähnlichkeit mit einem Elbenmärchen aufweist – kein einziges der von Gering herausgegebenen »Íslendzk Aeventyri« in dem heutigen isländischen Märchen schätze belegen. – Auch »1001 Nacht« ist jetzt schon bald 40 Jahre lang durch eine treffliche Übersetzung dem isländischen Volke zagänglich gemacht. Ólafur Daviðsson wie Björn Bjarnason erzählen in ihren neuisländischen Sagen und Märchensammlungen, die sie erst im letzten Jahrzehnt aufzeichneten, eine ganze Reihe von Märchen – von irgend welchem Einfluss, den »1001 Nacht« auf Form und Inhalt derselben ausübt, lässt sich jedoch gleichfalls nichts nachweisen. Wenn aber die historisch beglaubigte Einführung von fremden Legenden, Märchen und Schwänken nachweisbar sowohl im vierzehnten wie im neunzehnten Jahrhundert ohne Einfluss blieb, warum sollen wir dann den nicht einmal durch irgend welche Dokumente beglaubigten, auf hypothetischem, mündlichem Wege eingewanderten indischen Märchen in der Volksüberlieferung des zwölften Jahrhunderts solchen weitreichenden Anteil zumessen?[22]
Doch nicht nur die Göttersagen der Edden, sondern auch die ziemlich gleichzeitige altisländische Erzählungsliteratur, die ja auch auf mündlicher Volksüberlieferung beruhte, besitzt eine ganze Reihe von Märchen, Märchengestalten und Märchenmotiven, die auch heute noch in den neuisländischen Märchen eine wichtige Rolle spielen. Diese haben sich also bis heute in der alten Frische erhalten und liefern dadurch nun den Beweis, dass sie schon zur Zeit ihrer ersten Aufnahme in die Literatur altes einheimisches Gut gewesen sein müssen, da sie nur in diesem Falle bis heute in der lebendigen Volksüberlieferung fortleben konnten.
Die konservative Natur der Volksüberlieferung zeigt sich auch darin, wie treu oft in den Märchen ein alter, sonst längst vergessener Kulturzustand sich aufbewahrt findet. Gerade die isländischen Märchen sind reich an alten Sitten, alten Anschauungen und altem Zauberglauben – ich will im folgenden einmal kurz zusammenstellen, was alles in ihnen auf eine ferne Vorzeit sich zurückführen lässt. Hieran will ich ferner eine kurze Übersicht anschliessen über die Märchenmotive, Märchengestalten und ganzen Märchen, die ich – soweit sich mir bei der Lektüre zufällig bisher Parallelen boten – schon in der altisländischen Literatur belegen kann. Wenn die erste Zusammenstellung dann für die in den Märchen zu Tage tretende konservative Natur der Volksüberlieferung den Beweis liefert, so gibt die zweite Zusammenstellung wohl einen klaren Begriff darüber, was alles auf dem hypothetischen mündlichen Wege von Indien eingewandert sein soll. Denn die altisländische Literatur, die ich hier berücksichtige, schliesst durch die Zeit ihrer Niederschrift nach Benfeys eigenem Zeugnisse eine literarische Beeinflussung aus.
Wir befinden uns in den neuisländischen Märchen (wie übrigens auch in vielen internationalen Märchen) bei einem Hirtenvolke auf einer primitiven Kulturstufe, wo alle Glieder des Volkes noch wesentlich die gleiche Beschäftigung haben. Der König ist ebenso wie seine Untertanen Besitzer von Viehherden,11 unter diesem Vieh hat er auch sein besonderes Lieblingstier,12[23] und sogar die Königskinder müssen auf Veranlassung der Stiefmutter oft das Vieh hüten,13 ebenso wie ja auch noch Saxo Grammaticus die Söhne des Schwedenkönigs Hundingus durch die Bosheit der Stiefmutter als Hüter über die königlichen Herden gesetzt wurden.14 Wenn geschlachtet wird, nehmen die Könige an diesem Ereignisse Anteil,15 sie haben zur Ausübung der notwendigsten Handwerke beim Schlosse ihre eigene Schmiede,16 sie fällen draussen im Walde selbst ihr Holz17 oder lassen durch den Minister mit dem Wintergaste um die Wette Holz fällen.18 Ein sozialer Unterschied zwischen dem Könige und seinen Untertanen besteht kaum. Ein Untertan kann dem Könige durch seine häufigen Besuche im Königreiche lästig fallen,19 oder aber er kann ihn mit Lügengeschichten unterhalten20 etc. Die Königskinder aus dem Schlosse und die Bauernkinder, deren Eltern in einer Ecke des Königshofes eine Hütte besitzen, spielen Kinderspiele zusammen,21 ja vielfach gehen Königskind und Bauernkind später miteinander eine Ehe ein,22 eine Heirat, die in historischer Zeit für isländische Verhältnisse ganz undenkbar gewesen wäre, von der aber aus den altnorwegischen Zeiten häufiger erzählt wird.
Die Königstöchter haben oft ihr eigenes Frauenhaus, in dem sie sich, getrennt von den Männern, mit ihren Dienerinnen aufhalten,23 und wenn von irgend einem gewalttätigen Herrscher ein Angriff auf ihre Ehre befürchtet wird, so kann solch eine königliche Jungfrau sogar in einem versteckten Erdhause auferzogen werden,24 gerade wie Mutter und Schwester des Jarls Hugi in der »Flóamannasaga« in einem Erdhause sich versteckt hielten.25
Wenn eine Königin stirbt, so wird sie nach alter Sitte im Hügel beigesetzt26 – im Märchen von dem »zum Löwen verzauberten[24] Königssohne«27 erfahren wir sogar, dass in den Leichenhügel sowohl die Hunde des Verstorbenen, sowie seine angebliche Mörderin miteingeschlossen wurden. Auch hier wird dann wie bei Saxo Grammaticus28 der Tote zum Wiedergänger (Gespenst) und macht einen Angriff auf den mit ihm im Grabhügel Befindlichen.
Durch die allzugrosse Trauer des überlebenden Sohnes fühlt sich die tote Mutter im Grabe ebenso belästigt29, wie einst Helgi durch die Tränen seiner Gattin Sigrún, die ihm blutig auf die Brust fielen30, oder wie im deutschen Märchen das tote Kindchen, das mit seinem schweren Tränenkruge oder in seinem tränendurchnässten Hemdchen mit den andern Kindern im Zuge nicht mitwandern konnte. – – – –
Nach dem Tode der Königin ziehen in allen hierhin gehörigen Märchen für den König die Minister oder sein bester Freund auf die Brautwerbung aus – auch in den Fornaldarsögur31 und bei Saxo Grammaticus32 lassen die Könige in gleicher Weise für sich um eine Braut werben. Regelmässig überfällt die Brautwerber des Märchens dann auf hohem Meere so dichter Nebel (von diesem Zaubernebel wissen auch die Fornaldarsögur oft zu erzählen), dass sie sich verirren und an irgend einer unbekannten Insel landen. Harfenschlag verrät ihnen die Anwesenheit von menschlichen Wesen (auch die Fornaldarsögur und Saxo Grammaticus erwähnen oft die Harfe, seit historischer Zeit ist die Harfe jedoch nicht mehr viel in Gebrauch gewesen).33 Wie sie dem Klange nachgehen, finden sie eine Frau oder gar mehrere, die angeblich durch Wikinger ihren königlichen Gatten und ihr Land verloren haben, und die sich jetzt durch Harfenspiel oder durch das Kämmen ihrer langen Haare die Zeit vertreiben. Die Boten des Königs werben um die schöne Fremde, doch sowie sie dann Königin geworden ist, schwindet täglich einer der Hofleute auf spurlose Weise, und die königlichen Stiefkinder werden von ihr mit schwerem Zauber belegt. Diese Entwicklung ist stereotyp in all den neuisländischen Stiefmuttermärchen, sie ist aber auch schon ähnlich in den Fornaldarsögur34[25] zu belegen. – – – – Ebenso wie die unglücklichen von Wikingern verfolgten Königinnen, so vertreiben sich auch andere Märchenheldinnen durch das Kämmen ihrer Haare die Zeit, so z.B. die Königstochter Lydia35 oder die schöne Sesselja;36 nicht weniger Aufmerksamkeit ist in alten Zeiten der Haarpflege geschenkt worden. In der »Kormákssaga« wird erzählt, dass Kormákr zu Steingerðr ins Zimmer tritt, wie diese sich ihre langen Haare kämmt,37 in der »Vígastyrs Saga ok Heiðarvíga38« heisst es, dass draussen vor dem Hause eine Frau ihrem Manne den Kopf gewaschen habe, und der gleichen Arbeit will auch am Tage vor Weihnachten die kluge Finna39 sich unterziehen, als sie die Entdeckung macht, dass ihr Mann, der unter schwerer Verzauberung steht, das Haus verlassen hat. Brynhildr und Guðrun gehen nach der Erzählung der Snorra Edda40 an den Fluss, um ihre Haare zu waschen, während nach der Darstellung der »Völsungasaga«41 beide Königinnen draussen am Bache sich waschen, als zwischen ihnen der folgenschwere Streit zum Ausbruche kommt. Auch im heutigen Märchen wird von einer Riesenfamilie erzählt, dass sie sich draussen am Bache zu waschen pflegte,42 während die Königin Mjaðveig43 sogar draussen am Bache ein Bad nimmt.
Bei den meisten Völkern, die noch auf niedriger Kulturstufe stehen, wird das Kind in den engen, aber scharf ausgeprägten und festen Kulturverhältnissen viel früher erwachsen wie bei hochstehenden Kulturvölkern. Auch hiervon geben uns die neuisländischen Märchen, die eben einen viel altern Kulturzustand festgehalten haben, einen deutlichen Beweis. Die Königstochter Jóhanna44 ist mit erreichtem zwölften Jahre schon zur Jungfrau erwachsen, und auch die Buge Königstochter45 lässt sich nur bis zum zwölften Jahre in ihrer versteckten Erdwohnung zurückhalten, dann verlangt sie vom Vater, wie alle übrigen königlichen Jungfrauen, ihr eigenes Frauenhaus. Bjarndreingur46 soll nach dem Willen seines verzauberten Vaters bis zum zwölften Jahre bei seiner Mutter in der Höhle[26] bleiben, Tístram47 wird bis zum zwölften Jahre bei Isól im Frauenhause gelassen, dann geht er als Bräutigam Isóls mit dem Könige auf Schatzreisen, und auch Friedrich Jóhann Danibert48 darf nach vollendetem zwölften Jahre mit seinem Pflegevater auf Handelsreisen ausziehen. Diese genaue Altersbestimmung reicht bis in die Zeiten vor dem Jahre 1000 zurück. Bis zum Jahre 1000 galt nämlich auf Island und in Norwegen das erreichte zwölfte Jahr als Mündigkeitstermin, dann wurde dieser Termin, wohl infolge der erweiterten Lebensverhältnisse, auf Island auf das sechzehnte Jahr ausgedehnt.49– –
Der Königssohn Porir50 zieht mit seinem Blutsbruder auf Wikingfahrten aus und kehrt nach einigen Jahren mit vielen reichbeladenen Schiffen wieder zur Heimat zurück, Wikinger überfallen einen König in seinem eigenen Lande51, oder es kommen sogar zwei Berserker, um im Zweikampfe mit dem Kaiser dessen schöne Tochter sich zu erobern52 – kurz, das Wikingerleben und die Berserker spielen in den heutigen Märchen noch dieselbe Rolle, wie in der gesamten altnordischen Literatur.
Wie der Königssohn einen Goldschuh findet53, legt er das Gelübde ab, die Eigentümerin dieses Schuhes heiraten zu wollen – nach einer Variante dieses Märchens soll die Königstochter das Gelübde getan haben, nur den Finder ihres verlorenen Schuhes zum Gatten zu nehmen. Auch das ist eine alte Sitte. Heftinn, der Bruder des Helgi Hjörvarðsson, legt z.B. das unbedachte Gelübde ab, Svava, die Braut seines Bruders, heiraten zu wollen54, und Brynhildr spricht das Gelübde aus, entweder Signrðr zu besitzen oder zu sterben.55
Der Fremde, der im Herbste in den nordischen Landen Gastfreundschaft annahm, musste dort auch den Winter hindurch bleiben. Der Wintergast, den man doch im heutigen Island auch nicht mehr kennt, spielt darum heute noch in den isländischen Märchen eine grosse Rolle, während die norwegischen Märchen ihn meines Wissens nirgends mehr erwähnen, ebensowenig wie diese von Wikingern, Gelübden etc. zu erzählen wissen.[27]
Schon in den Gräbern der älteren Eisenzeit56 findet man Brettspiele. Diese Vorliebe für Brettspiele, die sich auch in der alten Literatur vielfach belegen lässt, haben die isländischen Märchen bis in die heutige Zeit beibehalten, während kein Märchen des internationalen Märchenschatzes vom Brettspiele seiner Helden etwas berichtet. Die Götter spielen in der goldenen Friedenszeit draussen im Grasgarten Brett57, und nach dem Wiederauftauchen der Erde werden die goldenen Brettspiele im Grase gefunden.58 Die Söhne Ragnar-Loðbrókar sitzen beim Brettspiele, wie sie die Nachricht vom Tode ihres Vaters erfahren59, Friðþjófr spielt Brett, wie die Brüder seiner Geliebten durch Boten Hilfe von ihm erbitten60, und auch Kormákr vertreibt sich im Hause, in dem die schöne Steingerðr sich befindet, die Zeit mit Brettspiel, statt mit den Knechten das Vieh zusammenzutreiben61 etc. etc. – Nicht minder häufig findet sich im heutigen Märchen das Brettspiel erwähnt. Im Märchen »Die Maus und die Spinne«62 sucht ein Mann durch Aufforderung zum Brettspiel den Helden von der Lösung seiner Aufgabe wegzulocken, in einer Variante zum »verlorenen Goldschuh«63 spielen die bösen Bauerntöchter mit dem Königssohne regelmässig Brett, der »von Riesinnen geraubte Königssohn«64 vertreibt sich mit seiner Retterin sogar in der Höhle der Riesinnen die Zeit mit Brettspiel etc. etc. Und wenn einem Könige irgend welche Kostbarkeiten geraubt werden, so befindet sich unter diesen fast regelmässig ein goldenes Brettspiel, durch dessen Wiederbeschaffung der Held die Hand der Königstochter oder das halbe Königreich zu gewinnen vermag.65
In einigen wenigen Märchen wird Geld erwähnt66 und zwar immer Reichstaler. In den übrigen Märchen ist von prächtigen Gewändern, Gold und Kostbarkeiten im allgemeinen die Rede, oder aber es heisst ausdrücklich, dass der Held durch einen Goldring sich die Hilfe irgend eines Menschen, Zwergen oder Riesen erkaufte.67 – – –[28]
Ebenso wie alte Sitten, so zeigt sich auch alter Zauberglaube in den Märchenmotiven der heutigen Märchen. In der »Vatnsdæla Saga«68 wird Ingimundr, der Stammvater des Geschlechtes, durch die Wahrsagung einer Finnin nach Island gewiesen, und eine zauberkundige Finnin ist es auch, die dem stolzen Königssohne seine Heirat mit der eben geborenen Bauerntochter voraussagt.69 An Stelle der Finnin treten bei Mærþöll70, im Märchen »Die Meerjungfrau«71 und im Märchen »Vom Königssohne, der seine Schwester erlöste«72, drei blaugekleidete Frauen, von denen die letzte, die sich über irgend etwas erbost, eine Verwünschung ausspricht – ebenso wie ja auch bei Saxo Grammaticus73 die letzte der drei weisen Frauen den jungen Prinzen mit dem Laster des Geizes belegt, und in der »Nornagests Saga«74 die jüngste Norne die Verwünschung auf den Knaben legt, dass er nicht länger wie die gerade brennende Kerze leben solle, während es in der »Helgakviða«75 heisst, dass bei der Geburt des jungen Helden die Nornen gekommen seien, um seine Schicksalsfäden zu knüpfen. – – –
Auch der Glaube, dass Leute verzaubert sein könnten, jede neunte Nacht ihre Gestalt zu wechseln, muss – wie die Zeitbestimmung der neunten Nacht verrät – schon sehr alten Datums sein. In der »Völ sunga Saga«76 können Sigmundr und Sinfjötli jede neunte Nacht ihr Wärwolfsgewand ablegen, in der »Njáls Saga«77 wirft Skarpheðinn dem Flosi vor, er sei die Geliebte des Snæfellsáss und würde von ihm jede neunte Nacht in ein Weib verwandelt, und ebenso wird im heutigen Märchen78 die Königstochter infolge des Fluches einer Norne jede neunte Nacht zur Seehexe, während »die zur Hündin verzauberte Königstochter«79 nur jede neunte Nacht ihre menschliche Gestalt zurückbekommen kann.
Bei jeder Verzauberung bleiben immer die Augen unverändert, berichtet uns das heutige Märchen80, und auch das ist ein alter Glaube, der sich vielfach in der altisländischen Literatur belegen lässt. Ich erinnere hier nur an Loki in Friggs[29] Falkengewand, der vom Riesen Geirröðr trotz der Verzauberung an seinen Augen erkannt wird81, und ferner an cap. 18 der »Laxdæla Saga«, wo die mit dem Sturm im Breiðifjörður kämpfenden Schiffer bei einem aussergewöhnlich grossen Seehunde Menschenaugen zu erkennen glauben. – – –
Wenn einer dauernd aus einer Verzauberung befreit werden soll, so muss gleich nach der Entzauberung die am Boden liegende Haut verbrannt werden. Auf diese Weise befreien sich z.B. in der »Völsungasaga« Sigmundr und Sinfjötli aus ihrer Wärwolfsverzauberung, und das gleiche wird ohne Ausnahme in all den neuisländischen Märchen beobachtet, in denen ein Verzauberter seine Menschengestalt wieder erhält.
Die Tarnkappe, die auch heute noch in den Märchen eine wichtige Rolle spielt82, kann als Märchenrequisit schon auf ein respektables Alter zurückblicken, denn schon Perseus erhält nach der altgriechischen Erzählung ein solches Kleidungsstück, das unsichtbar macht, von drei Ungeheuern, die miteinander nur ein Auge und einen Zahn besitzen, zum Geschenk. Von den gleichen echt märchenhaften Persönlichkeiten empfängt er übrigens auch noch ein paar Flügelschuhe, die ihn durch die Luft tragen. – Das Fliegen durch die Luft, das Benfey als speziell indisch bezeichnet, ist ebenso wie die Tarnkappe also ein viel älteres Märchenmotiv wie die älteste indische Märchenliteratur, und selbstverständlich lassen sich Tücher, Betten etc., die ihren Besitzer durch die Luft tragen, wie im internationalen Märchenschatze, so auch in manch einem neuisländischen Märchen belegen.83
Einen Vergessenheitstrank gibt nach der Darstellung der »Völsungasaga«84 Grimhildr dem jungen Sigurðr zu trinken, so dass er die ferne Braut vergisst und um Guðrún freit. Den gleichen Trank kennt im Märchen »Der rollende Rindsmagen«85 die böse Riesin, welche im Herzen des Königs die Stelle der verstorbenen Gattin einnehmen will, und auch Tístram86 bekommt einen Vergessenheitstrank zu trinken, um die lichte Isól zu vergessen und die Tochter der bösen Königin zu heiraten.[30]
Einen Schlafdorn benutzt Gott Óðinn, um die ungehorsame Walküre in den Zauberschlaf zu versenken.87 Auch er ist in den heutigen isländischen Märchen noch wohl bekannt, so z.B. versetzt Lupus88 die Riesinnen durch einen Schlafdorn in tiefen Schlaf, oder Mærþölls treue Dienerin sticht ihn absichtlich dem jungen Könige so lose, dass er bald wieder erwacht.89
Der Grossvater des nordischen Nibelungenhelden, des Sigurðr Fáfnisbani, verdankt seine Geburt einem wundersamen Apfel, der von Óðinn seiner bis dahin kinderlosen Mutter gesandt worden war90, Björn Hitdælakappi verfasst über seinen Feind Þórðr ein Spottgedicht, in dem er behauptet, dass seine Mutter mit ihm schwanger geworden sei, nachdem sie einen Seefisch verspeist habe91, und in zwei neuisländischen Märchen gewinnt eine kinderlose Königin durch das Verschlucken einer Forelle ein Kind.92
Unter den Besitztümern Þórs wird ein Kraftgürtel aufgezählt, der seine Körperkraft noch um die Hälfte vermehrte.93 Wie der Gott nun auf Veranlassung Lokis zum Riesen Geirröðr ging, hatte er weder diesen Gürtel, noch seine Eisenhandschuhe, noch seinen Donnerkeil mitgenommen. Doch unterwegs hatte die Riesin Gríðr, bei der er übernachtete, Mitleid mit ihm und gab ihm ihren Kraftgürtel und ihre Krafthandschuhe, so dass nun der Gott gegen alle Tücken seines Gegners sich wehren konnte.94 In dem Märchen von der »zur Riesin verzauberten Königstochter«95 ist es wiederum eine Riesin, die ihrem Schützling solche Krafthandschuhe leiht, während im Märchen vom »dankbaren Zwerge«96 ein Zwerg diese Handschuhe verschenkt. Im Märchen »Rauðiboli«97 muss dann der Held sogar verschiedene Rüstungen anlegen, um mit jeder neuen Rüstung zu grösserer Stärke zu gelangen.
Auch das wunderbare Schiff Skíðblaðnir, das Gott Freyr besass98, treffen wir in unseren heutigen Märchen wieder. Die[31] »kunstreichen Brüder«99 bekommen z.B. beim Auszuge in die Welt von ihrer Mutter solch ein Wunderschiff mitgegeben, das beim Nichtgebrauche nur so gross wie eine Nussschale ist. Und das Schiff, das »Hans der Dummling«100 von dem Zwerge als Lohn für die Rettung seines Kindes zum Geschenke erhält, ist wie ein Tuch zusammenzufalten und bequem in die Tasche zu stecken. Auf dem Wasser aber nimmt es jede gewünschte Grösse an und fährt ebenso gut gegen den Wind wie mit dem Wind.
Nicht umsonst heisst die Heldin des Märchens »Der Fluch der Patin«101 Mærþöll, denn ebenso wie ihre Namensschwester, die Göttin Freya, die ja auch Mardöll heisst, vermag sie goldene Tränen zu weinen. In der alten Skaldensprache wird das Gold ausdrücklich Mardallatár (die Tränen der Mardöll) genannt.102 Auch der Vers, mit dem im neuisländischen Märchen die treue Dienerin ihre verzauberte Herrin herbeiruft, erinnert etwas an den Anfang des Liedes, in dem in der Sæmundar Edda die Göttin Freya die Hauptrolle spielt, nämlich an das »Hyndluljóð«:
Komi, komi Mærþöll,
komi min vina,
komi ljósa mær
á lynggötu.
Vaki mær meyja,
vaki mín vina,
Hyndla systir,
er í helli býr.
Das weit verbreitete Märchen von »Gríshildur der guten«103 hat das Schlussmotiv mit der Erzählung von der »keuschen Königstochter Syritha« gemeinsam, die Saxo Grammaticus uns augenscheinlich nach alten Liedern erzählt.104 Gríshildur wie Syritha sollen bei der Scheinhochzeit des Geliebten dem Brautpaare die Kerze halten. Schon brennt ihnen diese auf den Fingern, doch in ihrem inneren Schmerze achten sie nicht der äusseren Pein. Endlich ruft der Geliebte ihnen zu, die Hand vor dem Verbrennen zu schützen – da trifft ihn zum ersten Male aus den Augen der keuschen Syritha ein Blick, während die geduldige Gríshildur antwortet »heiss brennt es mir auf den Fingern, doch noch heisser brennt mir im Herzen die Wunde«. In beiden Erzählungen hat dann die Scheinhochzeit ein Ende, und die Kerzenträgerin darf ins Brautbett steigen.[32]
Wenn Amlethus, der nach der Erzählung des Saxo Grammaticus105 mit zwei Leuten seines Stiefvaters auf dem Wege zum Könige von England sich befindet, unterwegs die Runen, die ihm den Tod bringen sollen, heimlich abschabt und andere Runen, die ihm zur Heirat mit der Königstochter verhelfen, an ihre Stelle ritzt, so haben wir hier das Motiv von der Briefvertauschung106 in seiner ursprünglichen Gestalt. Solch eine Änderung eines Briefes, der auf Wachs oder auf einen Holzstab geschnitten war, mag oft auch in Wirklichkeit vorgekommen sein107 – wie aber später die Schrift auf Pergament oder Papier an die Stelle trat, war die Benutzung dieses Motivs eigentlich nicht mehr an seinem Platze.
Der »rollende Rindsmagen«108 verzaubert den Speer, mit dem der junge König in der Wut nach ihm sticht, in der Weise, dass der Speer am Rindsmagen und der König am Speer hängen bleibt und nun unbarmherzig durchs Gestrüpp, über steinige Felder, Sümpfe usw. geschleppt wird. Das gleiche Zauberkunststück finden wir schon in der Snorra Edda vom Riesen Þjazi erzählt109, der den boshaften Loki an seine Stange festbannte und ihn so lange herumschleppte, bis er die Göttin Iðunn mit ihren Äpfeln auszuliefern versprach. Auch ein Festbannen an eine bestimmte Stelle, ein Motiv, das in allen Varianten des Märchens von der »vergessenen Braut«110 zu finden ist, musste sich Gott Loki schon gefallen lassen, als er auf einer seiner Abenteuerfahrten in Friggs Falkengewand dem Riesen Geirröðr einen Besuch abstattete.111
Im Märchen von der »ungetreuen Dienerin«112 kommt der junge Held zuerst an einen Quell, der ihn krank macht und dann zu einem andern, durch dessen Genuss er wieder gesund wird. Mit dem Wasser aus dem ersten Quell bestraft er dann nachher die ungetreue Dienerin. Den gleichen Wundertrank kennen schon die Fornaldarsögur. In der »Þorsteins Saga Víkingssonar«113 gibt die Unholdin Dís Kolsdóttir in der Gestalt einer schönen Jungfrau dem Helden Vikingr, der ihren Bruder im Zweikampfe[33] tötete, einen Trank zu trinken, der ihn schwer krank macht. Er findet erst wieder Genesung, wie ein Zwerg ihm von der Zauberin das gleiche Trinkhorn stiehlt, in dessen anderem Ende der Heiltrank sich befindet.
»Nenn' du meinen Namen, wenn du dich in Not befindest«, sagen im neuisländischen Märchen die Riesen oder Zwerge, die in einem solchen Falle ihren Schützlingen dann persönlich beistehen wollen,114 und auch Gott Þórr kommt sofort herbei, wie die Götter dem Riesen Hrungnir gegenüber, der in seiner Trunkenheit anmassend wird, sich nicht mehr zu helfen wissen und verzweiflungsvoll Þórs Namen aussprechen.115 Bei Saxo Grammaticus116 erscheint Craca bei der Nennung ihres Namens nicht persönlich, sondern sie hilft nur ihrem Stiefsohne dadurch, dass bei einem nächtlichen Überfall ein Schild zu seiner Deckung herabfällt und ihn schützt. Auch das »missgestaltete Weiblein«117 tritt bei der Nennung ihres Namens im neuisländischen Märchen nicht selbst in die Erscheinung, sondern es steht nur durch seine Zauberkünste seinem Schützlinge bei.
Das Märchen von der »vergessenen Braut«118 weist in allen Varianten das Motiv auf, dass das fliehende Brautpaar durch das Auswerfen von Gegenständen, die sogleich zu fast unüberwindlichen Hindernissen werden, sich vor den Verfolgern zu retten sucht. Dieses Motiv kennt auch schon Saxo Grammaticus, wenn er von den fliehenden Finnen erzählt,119 sie hätten zuerst drei Steinchen, dann Schnee auf den Boden geworfen. Die drei Steinchen seien in den Augen der verfolgenden Schweden zu drei riesigen Bergen geworden, und der Schnee sei zu einem gewaltigen Wasserstrom angeschwollen, so dass die Schweden durch diese Hindernisse zurückgeschreckt von der Verfolgung abgelassen hätten.
Das Motiv von dem Riesen, der durch kein Schwert zu verwunden ist,120 war schon im angelsächsischen Epos »Beówulf«, aus dem übrigens eine ganze Anzahl heute noch lebender[34] Märchenmotive sich belegen lassen, in die Literatur aufgenommen worden. Der Unhold Grendel, der in jeder Nacht in Heorot, der Halle König Hrôðgârs einbricht, um sich von dort einen der Gefolgsleute des Königs zum Frasse zu holen, ist gerade durch seine Unverwundbarkeit ein so furchtbarer Gegner geworden. Auch an seiner Mutter gleitet nachher Beówulfs Waffe ab, bis er endlich der Riesin eigene Waffe entdeckt und sie nun mit dieser zu töten vermag. Weitere Belege, besonders für das letztgenannte Motiv, d.h. dass ein Unhold nur durch ein bestimmtes Schwert zu töten ist, sind zahlreich aus der alten Literatur wie aus den neuisländischen Märchen anzuführen. Ich erinnere – um von den vielen Stellen nur einige herauszugreifen – aus der »Flóamannasaga«121 an Svartr járnhauss, den gewaltigen Wikinger, aus den Fornaldarsögur122 an Hárekr járnhauss, aus Saxo Grammaticus123 an Balderus, den Nebenbuhler des Hotherus, und aus den neuisländischen Märchen an das Märchen von dem »durch Riesinnen geraubten Königssohne«124 oder vom »Zauberlehrling«125 usw. usw. – – –
Ebenso wie uralte Sitten, Zaubergebräuche und Märchenmotive sind auch einzelne Gestalten der neuisländischen Volksmärchen schon in der alten Literatur zu belegen. Der Dummling des Märchens, der in seiner Jugend von allen verlacht und verachtet wird, finden wir in der altgermanischen Literatur schon im »Beówulf«, dem Helden des gleichnamigen angelsächsischen Epos, verherrlicht, denn von ihm heisst es ausdrücklich,126 dass man ihn lange Zeit für träge und untüchtig hielt, bis er sich als echter Märchenheld erwies, der in seiner Hand allein die Kraft von dreissig Männern besass. Uffo, der Sohn des Dänenkönigs Wermundus, gilt in seiner Jugend gleichfalls für blödsinnig und träge, doch sowie durch den Übermut des Feindes schweres Unglück über sein Vaterland hereinzubrechen scheint, da wird er zum starken, kampfestüchtigen Helden.127 Und auch Þetleifr ist in seiner Jugend ein echter Dummling, von dem ausdrücklich bemerkt wird, er habe sich hauptsächlich in der Küche in der Asche aufgehalten.128[35]
Der zauberkundige Wikinger oder Riese Járnhauss129, der in der alten Literatur oft als wilder Raufbold, Zauberer usw. eine Rolle spielt, lebt im heutigen Märchen als dreiköpfiger Riese Járnhauss weiter. Die furchtbaren Riesinnen, die nach Belieben die Gestalt lieblicher Jungfrauen annehmen können, die nach einer Heirat mit einem Menschen streben, und deren Nahrung nur aus Menschenfleisch besteht, sind ebenso gut den Fornaldarsögur130 und Saxo Grammaticus131 wie den heutigen Volksmärchen bekannt, und schon zur Zeit des Mönches Oddr – also am Ende des 12. Jahrhunderts – war es nach seiner Aussage eine Lieblingsbeschäftigung der Hirtenjungen, sich gegenseitig mit der Erzählung von Stiefmuttermärchen die Zeit zu vertreiben. – – – – Der gewaltsame Fürst, vor dessen Nachstellungen keine vornehme Jungfrau geschützt werden konnte132, mag in den vorhistorischen Zeiten in Skandinavien gewiss ebenso gut schon gelebt haben, wie wir ihn aus historischer Zeit belegen können. Ich erinnere hier z.B. an Hákon Jarl, von dem Snorri Sturluson uns in der »Heimskringla« ausführlich erzählt.133
Zu einer jungfräulichen Königin, die der Ehe sich so sehr abgeneigt zeigt, dass sie alle ihre Freier tötet, wird nach dem Berichte des Saxo Grammaticus134 Amlethus gesandt, um für den König von England bei ihr den Brautwerber zu spielen. Die Königin Sigríðr135 von Schweden verlockt zuerst ihren Pflegebruder Haraldr zur Brautwerbung, dann lässt sie ihn und einen ihrer anderen königlichen Freier, die beide schwerberauscht im gleichen Zimmer schlafen, in der Nacht verbrennen. So pflege sie fremden Kleinkönigen gegenüber zu handeln, die es wagten, die Augen zu ihr zu erheben. Und auch die neuisländischen Märchen wissen von manch einer königlichen Jungfrau zu erzählen, die gleichfalls in sprödem Stolze ihrer Freier sich zu erwehren sucht.136
Der Kern der Siegfriedssage137 besteht aus der Erzählung von einem ungeberdigen Knaben, der in der Wildnis zu einem gewaltigen[36] Jüngling heranwächst, der dann durch sein treffliches Schwert eine Jungfrau aus der Gewalt eines Drachen oder Riesen erlöst, und der schliesslich durch Trug der Jungfrau wie des Schatzes beraubt wird. Dieses alte Märchen endet tragisch, während das moderne Märchen, zu dem hier im Isländischen das Märchen »Bjarndreingur«138 gehört, mannigfache Versionen aufweist, um den für ein modernes Märchen obligatorischen glücklichen Schluss zu finden.
In dem Märchen »Die kunstreichen Brüder«139 wachsen sechs Brüder in völliger Weltabgeschiedenheit ohne allen Unterricht auf und gelten dann durch ihre Weltunkenntnis beim ersten Zusammentreffen mit Menschen für Narren. Ihre Ermordung des Ministers Raubur und ihr Auftreten am Hofe ihres königlichen Onkels, wo sie zum Gespött der Höflinge dienen, erinnert sehr an Parzival und sein erstes Erscheinen am Hofe des Königs Artus, dem ja auch ein Ritter des Hofes, Ritter Ither, zum Opfer fällt; doch eine Parallele zu dieser Episode kann ich bis jetzt im Altisländischen nicht nachweisen. Das neuisländische Märchen nimmt dann freilich eine ganz andere Erzählung, die wir dann schon aus sehr alter Zeit, nämlich aus dem »Beówulf«, belegen können, zur Fortsetzung auf. In jeder Neujahrsnacht wird nämlich dem Könige, zu dem die weltunerfahrenen Brüder, von denen jeder eine wunderbare Eigenschaft besitzt, gekommen sind, eine Tochter geraubt. Endlich halten in der kommenden Neujahrsnacht die kunstreichen Brüder Wache, und wie nun ein riesiger graubehaarter Arm sich ins Zimmer streckt, um die schlafende Königstochter zu ergreifen, wird dieser mit einem Zauberschwerte abgehauen. Unter furchtbarem Geheul verschwindet der unheimliche Gast, doch am anderen Tage wird durch das Verfolgen seiner blutigen Spur seine Wohnung von den kunstreichen Brüdern ausgekundschaftet und zuerst seine Frau oder Mutter oder sonst irgend welche Verwandte und dann er selbst getötet.
Gleichfalls im »Beówulf« machen wir die Bekanntschaft der Königin Þrýðo, die so stolz war, dass ein Mann sie nicht einmal ansehen durfte, ohne diesen Frevel mit dem Leben zu[37] büssen. (Das gleiche Motiv findet sich übrigens nach Benfey140 noch in einem böhmischen und mongolischen Märchen.) In den altenglischen »Vitæ Offæ« hören wir jedoch von Þrýðo, der Gattin König Offa's, eine ganz andere Geschichte, eine Parallele zu dem Märchen vom »Vater, der seine eigene Tochter verfolgt«.141 König Offa findet nämlich draussen im Walde ein wunderschönes Mädchen dem Hungertode preisgegeben, da es sich gegen eine Heirat mit dem eigenen Vater gesträubt hatte. Der König heiratet nun die fremde Jungfrau, und wie er einmal auf Heerfahrt sich befindet, sendet er durch einen vertrauten Boten Briefe in die Heimat. Der Bote übernachtet jedoch, ohne es zu wissen, unterwegs im Hause des bösen Vaters. Dieser vertauscht nachts die Briefe, so dass nun die Räte des Königs zu ihrer Bestürzung den Auftrag erhalten, die junge Königin samt ihren Kindern zu töten. Draussen im Walde müssen nun die Kinder ihr Leben lassen, doch keiner der Knechte vermag den Mord der Königin auszuführen. Wie der König nun heimkehrt und das Geschehene vernimmt, ist er untröstlich und irrt im Walde umher. Hier findet er schliesslich durch die Hilfe eines Einsiedlers seine Gattin wieder, und auch die Kinder werden durch den frommen Alten wieder zum Leben erweckt.
Auch Refr, der Sohn Rennirs, von dem uns die »Gautreks-Saga«142 erzählt, gehört zu den Dummlingen des Märchens. Er macht es umgekehrt wie »Hans im Glück,«143 denn er bekommt für seinen Wetzstein einen Goldring, für diesen ein wohlausgerüstetes Schiff etc., während der moderne Märchenheld sein kostbares Eigentum gegen immer Minderwertigeres vertauscht, bis er endlich den Wetzstein oder wie hier im Isländischen ein paar Schuhnadeln auch noch verliert. Der Schluss des Märchens in der »Gautreks-Saga« stimmt mit dem Schlüsse vom »gestiefelten Kater« überein, denn wie dort der Kater, so erwirbt hier der Jarl Neri durch listige Vorwände für seinen Schützling ein Königreich. Das Thema vom »gestiefelten Kater« konnte ich im Neuisländischen bisher übrigens nicht nachweisen. – – –[38]
Illugi Gríðarfóstri144 wird von der Riesin Gríðr, in deren Gewalt er sich befindet, mehrmals mit dem Tode bedroht, doch kaltblütig meint er, mehr wie einmal könne ja doch kein Mensch sterben. Diese Furchtlosigkeit rettet ihm das Leben und erlöst zugleich die Riesin Gríðr aus ihrer schweren Verzauberung, in die sie durch ihre böse Stiefmutter geraten war. Auch im neuisländischen Märchen müssen »Kolur im Nipufjall« und der »Riese im Bládalur«145 sowie die Riesin »Blákápa«146 jeden Menschen töten, der irgendwelche Furcht vor dem Tode zeigt. Auch hier meint der Held, einmal müsse ja doch jeder Mensch sterben und rettet durch diese Furchtlosigkeit sein Leben – ihre Erlösung finden im neuisländischen Märchen die Verzauberten freilich erst dann, wie sie in der Brautnacht zu den Füssen des Brautpaares schlafen. – – –
Ein furchtloser Bursche spielt auch in einem anderen neuisländischen Märchen147 die Hauptrolle. Nachdem er bei verschiedenen Gelegenheiten durch seine Furchtlosigkeit über ein Gespenst Meister geworden ist, kommt er zu einer Anzahl von Höhlenbewohnern, die ihn zu ihrer Bedienung bei sich aufnehmen. Er entdeckt nun in der Nacht, dass die Feinde seiner Herren von einer Elbenfrau durch eine Salbe in jeder Nacht, nachdem sie am Tage erschlagen worden sind, wieder aufs neue belebt werden, so dass ohne seine Dazwischenkunft zwischen beiden Parteien ein ewiger Kampf stattfinden würde, wie in der Schlacht auf dem Wülpensande, von dem die deutsche »Hildensage« berichtet oder wie im »Hjaðningavíg« der Snorra Edda148 oder wie im Kampfe auf Hithinsö, von dem Saxo Grammaticus erzählt.149
In dem Märchen »Die Burg östlich vom Mond und südlich von der Sonne«150 werden von einem Königssohne drei Jungfrauen, die in Schwanengewändern durch die Luft geflogen kommen, heimlich beobachtet, und durch die Wegnahme ihres Schwanengewandes wird die jüngste derselben zum Bleiben und schliesslich zur Heirat gezwungen. Sowie sie jedoch ihres Schwanengewandes wieder habhaft werden kann, entflieht sie[39] dem Gatten, geradeso wie ja auch die junge Alvitr, die unter den gleichen Verhältnissen wohl einst die Ehe mit Völundr geschlossen hatte, nach kurzer Ehe ihren Gatten im Stiche lässt.151 – – Im heutigen Märchen sucht der Held die Entflohene durch die ganze Welt, fragt bei den Vögeln des Himmels und den Winden nach ihr, bis er dann endlich sie wiederfindet und mit ihr vereinigt wird. In der alten »Völundarkviða« ist jedoch dieser Teil des Märchens ausgelassen, dafür ist dann ein anderes Märchen, das ich im Neuisländischen nicht belegen kann, mit dem ersten Thema verschmolzen worden.152 In den Wanderungen des Helden, um die entflohene Gattin zu suchen, haben wir übrigens ein männliches Seitenstück zu den Wanderungen der verlassenen Gattin, jenem alten Volksmärchen, das schon Apulejus in seinen Roman »Der goldene Esel« hineinverwob, und das wohl auch in die altisländische Mythologie überging. Denn die Göttin Freya, die goldene Tränen weinend in den mannigfaltigsten Verkleidungen ihren entflohenen Gatten durch die ganze Welt sucht153, ist wohl keine andere als die Heldin des alten Volksmärchens. Auch im Neuisländischen haben wir dieses Märchen in der Erzählung »Der zum Hund verzauberte Königssohn«154, während eine Variante dieses Märchens augenscheinlich das Thema behandelt, das Saxo Grammaticus mit der keuschen Jungfrau Syritha verbunden hat155, wenigstens hilft auch im modernen Märchen wie nach Saxos Darstellung der Königstochter bei den Aufgaben, die eine Hexe ihr stellt, ein Mann, der freilich im modernen Märchen nicht nur einen Blick, sondern auch einen Kuß zum Lohn für seine Hilfe verlangt.156
Die Figur des Brjám157, der sich blödsinnig stellt, um von den Mördern seines Vaters verschont zu werden und nachher Rache an ihnen nehmen zu können, finden wir in der »Svarfdæla Saga«158 in der Figur des Karl Karlsson und ferner vor allem in der Figur des bekannten Dänenprinzen Amlethus, von dem uns Saxo Grammaticus erzählt.159 Auch der moderne isländische[40] Märchenheld gibt scheinbar törichte Antworten, auch er schnitzt kleine Holzpflöckchen, an denen er Eisenspitzen befestigt, und auch er wird ausgelacht, wie er auf Befragen erklärt, er wolle mit diesen Holzpflöckchen für den Mord des Vaters Rache nehmen. Während aber Prinz Amlethus diese Pflöckchen benutzt, um mit ihnen ein grosses Netz an den Wänden zu befestigen, in dem alle seine Feinde gefangen und verbrannt werden, nagelt Brjám – da das heutige Märchen mit diesen Holzpflöckchen nichts Rechtes mehr anzufangen wusste – während eines Gastmahles die Gewänder seiner Feinde an den Sitzen fest und lässt sie nachher im Rausche sich gegenseitig umbringen.
Im »Gróttasöngr«160 wird von einer wundersamen Mühle berichtet, auf der zwei Riesenmädchen, Menja und Fenja, dem Könige Fróði Glück und Frieden und ungezählte Reichtümer mahlen müssen. Doch habgierig gönnt ihnen der König bei der Arbeit nur so lange Ruhe, wie der Kuckuck schweigt oder ein Lied dauert, und nun mahlen die erzürnten Riesinnen ihm ein gewaltiges Feindesheer, das ihn völlig vernichtet. Doch auch der glückliche Sieger, der Seekönig Mysingr, weiss die Riesenmädchen mit ihrer Wundermühle nicht richtig zu behandeln. Sie müssen ihm auf hohem Meere Salz mahlen, und da sie mit dem Mahlen nicht aufhören dürfen, so versinken die Schiffe unter der Salzlast und alle ertrinken. Das Meer aber ist seit der Zeit salzig. – Das neuisländische Märchen161 hat dieses Thema in ein bäuerliches Milieu gebracht. Statt der Abstrakta – Glück und Frieden – mahlt die Mühle, die nun vom Teufel geschenkt wurde, ganz konkrete Dinge wie gute Mahlzeiten, Gold etc. Der erste Besitzer gelangt durch sie nach Verdienst zu Glück und Wohlstand, während ihr zweiter Besitzer, der habgierige Bruder, zur Strafe die Teufelsmühle auf hohem Meere beim Salzmahlen nicht zum Stillstand zu bringen vermag und darum jämmerlich ertrinken muss.
In dem Märchen »Rósald und Geirald«162 haben wir gleichfalls ein Thema, das schon in der altgermanischen Literatur verschiedentlich behandelt wurde. Ebenso wie die Helden des[41] neuisländischen Märchens tauschen in der »Göngu-Hrólfs Saga«163 Hrólfr und Vilhjálmr ihre Rollen miteinander, und alle Heldentaten Hrólfs nimmt der feige Vilhjálmr für sich in Anspruch. Auch zwischen Gunnar und Sigurðr in der isländischen Behandlung der Nibelungensage, sowie im deutschen Nibelungenliede findet solch ein Rollentausch statt, in allen Fällen zu dem Zwecke, durch die Kraft und die Geschicklichkeit des einen für den Schwächeren oder Ungeschickteren eine Jungfrau zu gewinnen.
Dies sind in kurzem die Zusammenstellungen, die sich mir bei den Märchenvergleichungen aus meiner bisherigen Kenntnis der altgermanischen und vor allem der altisländischen Literatur ergaben. Dass sich diese Belege um ein Bedeutendes vermehren lassen, wenn ich in bezug auf Märchen, Märchengestalten und Märchenmotive die gesamte altgermanische Literatur einer besonderen ausführlichen Untersuchung unterziehe (ich behalte mir diese Untersuchung als nächste Arbeit vor), wird mir wohl jeder, der die betreffende Literatur kennt, zugestehen. Aber selbst schon die bisherigen Zusammenstellungen dürften bei der nachgewiesenen konservativen Natur des Märchens genügen, um Benfeys Ausspruch »durch ihre innere Vortrefflichkeit scheinen die indischen Märchen alles, was etwa Ähnliches bei den verschiedenen Völkern, zu denen sie gelangten, schon existiert hatte, absorbiert zu haben« für ungültig zu erklären. Denn die altgermanische Literatur, in die sich alle diese heute noch lebenden Märchen und Märchenmotive finden, reicht in die Zeit vor der indischen Märcheneinwanderung zurück, da sie eine Literatur ist, die im allgemeinen namenlos aufzeichnete, was in der Volksüberlieferung lebte. Und wenn hier ein Schriftsteller, wie z.B. Snorri Sturluson in der Edda oder Saxo Grammaticus als selbständige Persönlichkeit uns entgegentritt, so folgt auch er164 dem Beispiele der übrigen und erzählt in Prosa oder in Versbruchstücken oder in lateinischen Versen die ihm wörtlich oder inhaltlich bekannten alten Lieder. Dass diese Lieder aber wenigstens ihrem Inhalte nach viele Jahrhunderte vor diesen Aufzeichnungen zurückliegen,[42] das beweist uns deutlich der »Béowulf«, der ja auch schon auf alten Liedern beruht und dessen Abfassung in seiner jetzigen Gestalt wir nach der Mitte des 7. Jahrhunderts ansetzen müssen.165 Hier im »Béowulf« fanden wir schon ausser den beiden, den Inhalt des Gedichtes bildenden Märchenthemata (d.h. Béowulfs Kampf mit Grendel und dessen Mutter, sowie Béowulfs Kampf gegen den Drachen), die immer wieder in der alten Literatur erscheinen und die bis heute als Volksmärchen leben, noch eine ganze Reihe von Märchen, auf die im Epos mit kurzen Worten angespielt wird. Der Inhalt des »Béowulf« unterscheidet sich aber in keiner Weise von dem Inhalte der Erzählungen in den Fornaldarsögur, bei Saxo Grammaticus etc., denn hier wie dort haben wir Kämpfe mit Riesen, Drachen und Ungeheuern, Verzauberungen etc., so dass wir, wenn wir für die Märchen des »Béowulf« eine indische Heimat ablehnen müssen, auch in betreff der übrigen Märchen und Märchenmotive, die in der altgermanischen Literatur sich weiter belegen lassen, uns auf den gleichen Standpunkt stellen müssen. Wann und wo diese Märchen entstanden, ist dann eine Frage, die wir wohl nie werden beantworten können, da ihre Entstehungszeit – ich erinnere hier an die Hildebrandssage166 und das Siegfriedmärchen167 – oft in eine Zeit zurückreichen mag, in die der Menschengeist nicht vordringen kann. Speziell die Märchen mit all ihren wunderbaren Geschehnissen reichen vielleicht noch in die Zeit, da die junge Menschheit sich noch im ersten Kindheitszustande befand und von ihr alle Naturobjekte als beseelte und belebte Wesen aufgefasst wurden, und wo die Märchen, wie heute noch für unsere Kinder, die erste Form der Erzählungen waren, mit denen der müssige Geist der jungen Menschheit sich beschäftigte, um in dieser Beschäftigung ein neues Lustgefühl zu empfinden.
Wenn wir aber schon für eine ganze Anzahl von Märchen solch hohes Alter nachweisen können, so haben wir auch den übrigen gegenüber kein Recht, mit Sicherheit in historischer Zeit ihre Entstehung in Indien zu proklamieren. Wir müssen in betreff[43] des Ursprungs aller Märchen dann zu dem Schlüsse kommen, den schon vor mehr als fünfzehn Jahren Lang in seinem Buche »Myth, Ritual and Religion« auf Grund des altägyptischen Märchens von »den beiden Brüdern«168, das ums Jahr 1300 v. Chr. niedergeschrieben ist, und das heute noch sowohl als vollständiges Märchen wie in einzelnen Märchenmotiven in der lebendigen Volksüberlieferung lebt, gezogen hat169: »The antiquity of märchen by the Nile-side touches geological time, if we agree with M. Maspero that Bitiou is a form of Osiris, that is, that the Osiris myth may have been developed ont of the Bitiou märchen.170 The Osiris myth is as old as the Egypt we know, and the story of Bitiou may be either the detritus or the germ of the myth. This gives it a dateless antiquity; and with this märchen the kindred and allied märchen establish a claim to enormous age. But it is quite impossible to say when these tales were first invented. We cannot argue that the cradle of a story is the place where it first received literary form. We know not whence the Egyptians came to Nile-side; we know not whether they brought the story with them, or found it among some nameless earlier people, fugitives from Kôr, perhaps, or anywhere else. We know not whether the remote ancestors of modern peoples, African, or European, or Asiatic, who now possess forms of the tale borrowed it from a people more ancient than Egypt, or from Egypt herself. These questions are at present insoluble. We only know for certain that, when we find anywhere any one of the numerous incidents of the story of The Two Brothers, we can be certain that their original home was not historic India. There is also the presumption that, if we knew more of the tales of ancient Egypt, we could as definitely refuse to regard historic India as the cradle of many other märchen.« – – Auch auf die ausführlichen Untersuchungen Bédiers171, der sich vor allem mit der gleichfalls proklamierten indischen Heimat der altfranzösischen Fabliaux beschäftigt, und der durch diese Untersuchungen[44] zum Gegner der indischen Theorie wird, sei an dieser Stelle noch hingewiesen. Am Schlüsse dieser Untersuchungen, deren Resultat ist, dass von 150 altfranzösischen Fabliaux nur 11 auch in älteren orientalischen Sammlungen zu belegen sind, ohne dass selbst diese 11 Erzählungen in ihrer orientalischen Fassung Anspruch auf grössere Logik und feinere Motivierung machen dürften, kommt auch Bédier zu folgender Überzeugung172: »Je crois que l'immense majorité des contes merveilleux, des fabliaux, des fables (tous ceux pour qui les théories générales sont bâties) – sont nés en des lieux divers, en des temps divers, á jamais indéterminables.« – – –
Wenn ich also in betreff der Frage nach der Heimat der Volksmärchen gleich Lang und Bédier infolge der vorhergehenden Untersuchung nur zu der negativen Überzeugung komme, dass wir diese Heimat nicht kennen und nie kennen werden – – gegen Benfeys Überschätzung des Einflusses, den die Literatur auf die Volksüberlieferung ausübt, wendet sich Steinthal u.a. mit folgenden scharfen Worten173: »Wenn Benfey Quellen sucht, so sucht er eigentlich breite und weite Ströme, aus denen geschöpft, abgeleitet wird. Wir verstehen unter Quelle etwas anderes, sogar etwas unterirdisches, sehr verstecktes. Wenn dagegen Benfey eine Entdeckung von Quellen hofft, so meint er, jemand werde in das Land kommen, das von den gesuchten Strömen durchschnitten wird; aber er spottet der Zumutung, dass man in die Tiefe bohren müsse – eine Tiefe, in der nicht geschrieben wird« – – so scheinen die Arbeiten der vergleichenden Märchenforschung, die sich ja zugestandenermassen die Eruierung der Heimat der Volksmärchen zum Ziel setzten, eigentlich überflüssig zu sein.
Doch nur das Ziel braucht verändert zu werden, um gleichwohl diesen Arbeiten Wert zu verleihen, und da brauchen wir zurückschauend nur daran zu denken, dass schon einmal die vergleichende Märchenforschung ein anderes Ziel als die Ermittelung der Heimat der Märchen vor Augen hatte. Im Beginne der Märchenforschung sah sie in fast jedem Märchen[45] einen verblassten arischen Mythos und sucht nun von dieser Anschauung aus die Märchen auf ihn zurückzuführen, ein Bemühen, das oft zu äusserst phantastischen Deutungen und gewagten Hypothesen – die griechischen Märchen von Hahn bieten hierfür manch ein Beispiel – Veranlassung gab. – – Was den Arbeiten der vergleichenden Märchenforschung auch fernerhin Wert verleihen würde, das wäre der Versuch zu zeigen, wie aus dem Märchenschatze eines Volkes auch ein Bild seines inneren »Wesens sich abstrahieren lässt, da nicht das meist primitive Thema, das vielen Völkern gemeinsam sein kann, die Bedeutung eines Märchens ausmacht, sondern die eigentümliche Form, die seiner Individualität entsprechend jedes Volk zu verschiedenen Zeiten in verschiedener Weise dem primitiven Thema zu gebensucht.
Schauen wir uns z.B. ein weitverbreitetes internationales Märchen an, welche Gestalt es im Isländischen bekommt. Das Thema, das ich hier wähle, handelt von dem Übereinkommen zwischen einem Herrn und einem Diener, dass derjenige, der mit dem andern unzufrieden ist und dies zugesteht, irgend eine schwere körperliche Strafe (Verlust an Nase, Ohr oder Augen, Lähmung oder sogar den Tod) sich gefallen lassen muss«174. In dieser Form ist das Märchen im Oriente wie im Occidente ausserordentlich verbreitet, und bei fast allen Völkern wird auch erzählt, dass ein oder zwei Brüder des Helden vorher von dem Herrn die verabredete Strafe erlitten, bis ihm endlich durch den Helden selbst seine Bosheit gründlich heimgezahlt wurde. – – – Und wie wird dieses Thema nun auf Island behandelt? – – – An die Stelle der Riesen und riesigen Zauberer, an deren Vorhandensein in den Zeiten der Fornaldarsögur das Volk zum grossen Teile wohl noch glaubte, sind im heutigen Island die Útilegumenn, die Geächteten, getreten, deren tatsächliche Existenz nach den Zeugnissen der Volkssagen vor ca. 50 Jahren wohl nur wenige bezweifelten. Diese Útilegimenn haben Zug um Zug die Erbschaft der Riesen übernommen, auch sie sind von übernatürlicher Kraft und Grösse, fressen Menschen, sind in Zauberei bewandert usw. Wenn ein fremdes Thema also ein echt isländisches Gepräge bekommen soll, so[46] muss es heute auf Island an Útilegumenn geknüpft werden, während es früher mit Riesen in Verbindung gebracht werden musste. Das Märchen175 beginnt wie fast jede Útilegumannasaga damit, dass einem Bauern eine Anzahl Schafe im Herbste von den Gebirgsweiden fehlen, und dass sich einer der Söhne aufmacht, um sie zu suchen. Der Bursche kommt nicht wieder, und da im folgenden Herbste wieder Schafe fehlen, geht der zweite Sohn auf die Suche. Doch auch von ihm wird nichts weiter gesehen noch gehört. Im dritten Herbste macht sich nun der Jüngste, der Dummling, trotz des Widerspruchs des Vaters auf den Weg. Er kommt nun in einem einsamen Gebirgstal e an eine Hütte und bittet hier den Hausherrn um Aufnahme für den Winter. Diese Bitte wird ihm unter den aus den internationalen Märchen bekannten Bedingungen gewährt, und nun beginnt das eigentliche Thema, dass sich nach dieser Einleitung in einem echt isländischen Milieu abspielt. Doch auch jetzt wieder nimmt das Thema im Isländischen dadurch seine eigene Entwicklung, dass der Held mit der Tochter des Bauern ein Verhältnis anfängt – von Liebe ist bei diesen in den Útilegumannasögur fast stereotypen Verhältnissen äusserst selten die Rede, ebenso wie auch in den isländischen Märchen die Liebe kaum eine Rolle spielt – und dass nach der Ermordung des Bauern und seiner bösartigen Verwandtschaft die Bauerntochter ohne alle Skrupeln den Mörder ihres Vaters heiratet.
Ebenso wie dieses Thema durch die Verknüpfung mit den Útilegumenn und durch die Einfügung eines meist rein körperlichen Liebesverhältnisses dem isländischen Geschmacke sich anpasste und aktuell wurde, so gibt es auch andere Themata, die erst durch die Verlegung in ein alltäglich bäuerliches Milieu zu grosser Beliebtheit gelangen. Ich will hier z.B. nur auf das Märchen »Die verwünschte Elbenkönigin«176 hinweisen. In einem Manuskripte der Landesbibliothek fand ich ein Märchen von einem alten König, der durch den Angriff eines fremden Wikingerkönigs Land und Leben verlor. Der Sieger herrschte nun an seiner Stelle. Er liess in jedem Jahre den bei ihm[47] sich aufhaltenden Wintergast am ersten Sommertage töten, da dieser ihm nicht über seine Person etwas zu sagen vermochte, was niemand sonst wusste. Endlich entdeckt ein Wintergast, dass der König eigentlich eine verwünschte Elbenkönigin ist und die Weihnachtszeit im Elbenreiche zubringt. Da er als Beweis für diese Entdeckung einen Goldring vorzeigen kann, den das jüngste Kind der Elbenkönigin verloren hatte, so behält er am ersten Sommertage nicht nur das Leben, sondern er wird sogar zum König ernannt, während der bisherige vermeintliche König nun erlöst ist und als Elbenkönigin in ihr Reich zurückkehren kann. Zu diesem hier kurz skizzierten Thema finden sich nun bei Jón Árnason allein vier Varianten, die Zug um Zug die Erzählung ihrer märchenhaften Bestandteile entkleiden, bis endlich eine Bauerngeschichte herauskommt, die bei dem heute vielfach auf Island noch herrschenden Elbenglauben177 als eine wahre Geschichte gelten könnte: Eine Bauernmagd stiehlt sich immer am Tage vor Weihnachten heimlich fort, ohne dass man weiss, wohin sie gegangen ist. Ein Knecht folgt ihr einst unbemerkt, nimmt mit ihr an einem reichen Gastmahle bei den Elben teil und steckt hier vor dem Weggange eine grosse Hammelrippe heimlich zu sich. Am andern Tage ist der Bauer mit seinem Gesinde beim Weihnachtsmahle. Voller Stolz hebt er eine Hammelrippe in die Höhe und fragt seine Leute, ob sie schon je solch eine grosse Rippe gesehen hätten. Triumphierend bringt der Knecht seine von den Elben gestohlene Rippe zum Vorschein, die Magd wirft ihm einen wütenden Blick zu und verschwindet von da an spurlos.
Einige Märchenkategorieen wird man unter den neuisländischen Märchen vergeblich suchen, nämlich sowohl die Märchen, die in kindlichem Tone von Kindern erzählen, sowie die Tiermärchen. Und auch das ist in den isländischen Verhältnissen durchaus begründet. Auf der Polarinsel, wo die Wohnungsverhältnisse meist sehr eng und beschränkt sind, leben die Kinder vielfach in einem einzigen Räume Tag und Nacht mit den Erwachsenen zusammen. Sie nehmen schon in zartem Alter an ihren Arbeiten und Sorgen, aber ebenso auch[48] an ihren Unterhaltungen teil, und wie sie dadurch schon in äusserst jungen Jahren ein Verständnis für die Sagen, Schwanke und Märchen bekommen, mit denen die Erwachsenen sich die Zeit vertreiben, so geht ihnen andererseits der Geschmack an kindlich erzählten Kindermärchen gänzlich verloren. Märchen wie unser deutsches »Brüderchen und Schwesterchen«, »Rotkäppchen«, »Hänsel und Gretel« etc. würden für Island meiner Ansicht nach ganz undenkbar sein.
Aus den gleichen Lebensbedingungen heraus ist auch der Mangel an Tiermärchen auf Island zu erklären. Die Leute sind meist zu arm, um irgend ein Tier zum Vergnügen sich halten zu können, aber auch für die zur Lebenshaltung notwendigen Haustiere findet sich in den enggebauten Gehöften kein Platz. Die Schafe und Pferde, sowie die nicht sehr zahlreichen Kühe werden den langen Winter hindurch meist in abseits gelegenen Erdställen untergebracht, in den kurzen Sommermonaten schweifen die grossen Schafherden ungehindert in den weiten Einöden der Gebirge umher, während Kühe und Pferde sich auf den mit Erdwällen abgeschlossenen Weideplätzen umhertummeln. Zu keiner Zeit aber gibt es auf Island ein enges Zusammenwohnen von Mensch und Tier, das im Herzen des Menschen Liebe zu den Tieren und Interesse für sie, und das in den Tieren dankbare Anhänglichkeit zu erwecken vermöchte. Das mangelnde Interesse für Tiere geht in den isländischen Märchen sogar so weit, dass in den seltenen Fällen, in denen dankbare Tiere eine Rolle spielen, es von ihnen mit Ausnahme eines einzigen Märchens178 immer heisst, es seien verzauberte Menschen gewesen. Bezeichnend ist für diesen Mangel an Interesse für die Tiere auch das Märchen von »der Frau, die das Butterfass leer naschte«.179 Auf den Fær-oern und in Norwegen sind die handelnden Personen Fuchs und Bär, in Deutschland Katze und Maus oder Fuchs und Hahn, in Schleswig-Holstein, Lothringen und Griechenland Fuchs und Wolf, kurzum, in allen übrigen Ländern Tiere. Nur in Island mussten diese Tiere zu Menschen umgeschaffen werden, damit das Märchen überhaupt sich einzubürgern vermochte. – –[49]
Neben den Riesen- und Unholden-Märchen, die unter den Märchen einen grossen Raum einnehmen, scheint sich besonders der Märchenschwank auf der Polarinsel einer freundlichen Pflege zu erfreuen. Auf dem Boden, auf dem wilde, ungeheuerliche Phantasieen von Riesen, Zauberern und den Helden einer grossen Vorzeit sich kräftig entwickelten, wo aber für die zarte Poesie der Liebe, des Kinder- und Tierlebens kein Fleckchen zum Gedeihen sich findet, dort vermag ein derber, echt volkstümlicher Humor ein fruchtbares Erdreich sich zu verschaffen. Die Phantasie erhält in den langen Winternächten und den wildbrausenden Stürmen stets neue Nahrung, und auch der Humor, der für Augenblicke wenigstens das Leben zu verklären versteht, wird einer freundlichen Pflege sicher sein – das Gemüt aber gedeiht nur schlecht bei kargem Boden, wenig Sonnenschein und einem freudenarmen Dasein. – – – Aus diesen Bedingungen hat der neuisländische Märchenschatz sein Gepräge bekommen, das – nach meiner Erfahrung wenigstens – durchaus charakteristisch ist für die Bewohner der Polarinsel. Die isländischen Märchen werden dem Märchenforscher wie dem Altertumsfreunde eine reiche Quelle bieten und mancherlei Anregung gewähren können – ein lieber Freund zu allen Zeiten, wie unsere gemütvollen deutschen Volksmärchen es sind, werden sie dem Märchenfreunde wohl nie werden. Aber ob nicht in diesem Mangel an Gemütsleben und Herzenswärme und dem Reichtume an wilder Phantasie und derbem Humor das isländische Märchen – wie ja in so vielem Andern sich alte Sitte und Anschauungen auf der lange Jahrhunderte von fast allem Verkehr abgeschnittenen Polarinsel sich erhalten haben – das Gepräge der rauhen Vorzeit trägt, in der die Leidenschaften wild und üppig wucherten, das zarte Pflänzlein Gemüt aber noch nicht gedeihen konnte, das ist eine Frage, die einer Sammlung aller altisländischen Märchen vielleicht auch noch zu lösen übrig bleibt. [50]
1 | Baasch, Die Islandfahrt der Deutschen, namentlich der Hamburger, vom 15. bis 17. Jahrhundert. Hamburg 1889. |
2 | Aufs. S. 13 ff. |
3 | Pantschatantra I S. XXV/VI. |
4 | a.a.O. S. 23. |
5 | a.a.O. S. XV. |
6 | »Dass die heimat der meisten heut im umlauf befindlichen volksmärchen Indien ist, scheint mir nach wie vor unwiderleglich« a.a.O. S. 64. |
7 | a.a.O. S. 63. |
8 | Grundriss2 I S. 254. |
9 | a.a.O. I S. 3. |
10 | Benfey a.a.O. I S. 15. |
11 | z.B. VIII Rauðiboli, XI Der rollende Rindsmagen etc. |
12 | z.B. LXIV Diggur und Ódiggur, CXXIII Der listige Bauernbursche als Hirtenjunge. |
13 | z.B. VIII Rauðiboli. |
14 | a.a.O. I 42. |
15 | XVIII Kísa. |
16 | CXXIV Die Seeschafe. |
17 | CXVIII Der gefüllte Wortsack. |
18 | VII Snati-Snati. |
19 | I Der verzauberte Riese. |
20 | CIX Das ist gelogen! |
21 | III Jóhanna, XVII Der Fluch der Patin etc. |
22 | III. Jóhanna, I Der verzauberte Riese. |
23 | XXVI Der verlorene Goldschuh, XXVII Die rechte Braut. |
24 | XLIX Die kluge Königstochter. |
25 | Zu den Frauenhäusern und Erdhäusern vgl. Valtýr Guðmundsson: Privatboligen på Island i Sagatiden S. 244. |
26 | IV Die zur Riesin verzauberte Königstochter, VIII Rauðiboli. |
27 | XVI. |
28 | V 162. |
29 | IV Die zur Riesin verzauberte Königstochter. |
30 | H H II 45. |
31 | z.B. I S. 36. |
32 | z.B.V. S. 123. |
33 | Grundriss2 III S. 453. |
34 | z.B. Illuga Saga Gríðarfóstra III S. 511 ff. Hrolfs Saga Kraka I S. 36 ff. |
35 | XXXVI. |
36 | LI. |
37 | a.a.O. S. 6. |
38 | a.a.O. S. 55. |
39 | XXII. |
40 | I S. 362. |
41 | F.A.S. I S. 139. |
42 | III. Jóhanna. |
43 | XXVI. Der verlorene Goldschuh. |
44 | III. |
45 | XLIX. |
46 | XXV. |
47 | XXVII Die rechte Braut. |
48 | LXII. |
49 | vgl. Maurer »Islands und Norwegens Verkehr mit dem Süden« vom 9.–13. Jahrh. Z.f.d. Philologie Bd. II S. 443. |
50 | LIX Der treue Jugendfreund. |
51 | IX Märchen von der Königstochter, die in ein Pferd verwandelt war. |
52 | LVIII Die Kaiserstochter Elesa und Bogi. |
53 | XXVI Der verlorene Goldschuh. |
54 | H Hj. 30 Prosa 17 ff. |
55 | Sigurðarkviða Fáfnisbana III 6. |
56 | Grundriss2 III S. 411. |
57 | VölusÞá Str. 8. |
58 | VölusÞá Str. 61. |
59 | F.A.S. I S. 212. |
60 | F.A.S. II S. 117. |
61 | Kormáks Saga cap. 3. |
62 | XIII. |
63 | XXVI. |
64 | XLI. |
65 | z.B. IV Die zur Riesin verzauberte Königstochter, VII Snati-Snati. |
66 | z.B. I Der verzauberte Riese, XLVII Der Zauberlehrling. |
67 | z.B. III Jóhanna, XXXV Das Pferd Gullfaxi. |
68 | a.a.O. cap. 10. |
69 | LX Was vom Schicksal bestimmt wird, ist nicht zu ändern. |
70 | XVII Der Fluch der Patin. |
71 | XIX. |
72 | XXXVIII. |
73 | VI 187. |
74 | F.A.S. I S. 265. |
75 | H H I Str. 2 ff. |
76 | F.A.S. I S. 98. |
77 | a.a.O. cap. 123. |
78 | XIX Die Meerjungfrau. |
79 | X. |
80 | z.B. I Der Riese im Bládalur, X Die zur Hündin verzauberte Königstochter. |
81 | Snorra Edda I S. 284. |
82 | z.B. IV Die zur Riesin verzauberte Königstochter, XL Die Bauerntochter Helga. |
83 | z.B. XXXII Die vergessene Braut, XLI Der von Riesinnen geraubte Königssohn etc. |
84 | F.A.S. I S. 135. |
85 | XI. |
86 | XXVII Die rechte Braut. |
87 | Sigrdrífumál Str. 4 Prosa 12/13. |
88 | XXIII Die drei Kostbarkeiten des Königs. |
89 | XVII Der Fluch der Patin. |
90 | F.A.S. I S. 89. |
91 | a.a.O. S. 51. |
92 | XVII Der Fluch der Patin, XVIII Kísa. |
93 | Snorra Edda I S. 90. |
94 | Snorra Edda I S. 286. |
95 | IV. |
96 | LIV. |
97 | VIII. |
98 | Snorra Edda I S. 140. |
99 | XLII. |
100 | LXXI. |
101 | XVII. |
102 | Snorra Edda I S. 402. |
103 | LVI. |
104 | VII 225. |
105 | III 92/93. |
106 | LX Was vom Schicksal bestimmt wird, ist nicht zu ändern. |
107 | Vgl. auch Atlamál Str. 4 ff. |
108 | XI. |
109 | Snorra Edda I S. 210. |
110 | XXXII. |
111 | Snorra Edda I S. 284. |
112 | LIII. |
113 | F.A.S. II S. 63 ff. |
114 | z.B. III Jóhanna, IV Die zur Riesin verzauberte Königstochter. |
115 | Snorra Edda I S. 272. |
116 | V 149. |
117 | XLVIII Vom Bauernsohn, der die Königin heiratete. |
118 | XXXII. |
119 | V 165. |
120 | z.B. III Jóhanna, VII Snati-Snati. |
121 | a.a.O. cap. 15. |
122 | F.A.S. II S. 60 ff. |
123 | III 70. |
124 | XLI. |
125 | XLVI. |
126 | Beówulf V. 2184 ff. |
127 | Saxo Grammaticus IV 106 ff. |
128 | Piðreks Saga cap. 111 ff. |
129 | z.B. F.A.S. II S. 60, Flóamannasaga cap. 15. |
130 | z.B. III S. 511. |
131 | z.B. I 21. |
132 | XLIX Die kluge Königstochter. |
133 | a.a.O. cap. 50 ff. |
134 | a.a.O. IV 101/2. |
135 | Heimskringla cap. 47. |
136 | z.B. XXI. |
137 | Symons »Heldensage« Grundriss2 III S. 654/5. |
138 | XXV. |
139 | XLII. |
140 | Pantschatantra I S. XXIV/V. |
141 | II, XXXI. |
142 | F.A.S. III S. 21 ff. |
143 | CII Der gute Tausch. |
144 | F.A.S. III S. 509 ff. |
145 | I Der verzauberte Riese. |
146 | II. |
147 | CVI Von dem Burschen, der sich vor nichts fürchtete. |
148 | a.a.O. I S. 434. |
149 | a.a.O. V 160. |
150 | L. |
151 | Völundarkviða. |
152 | vgl. Niedner, Z.f.d. Altertum Bd. 33. |
153 | Snorra Edda I S. 114 |
154 | VI. |
155 | a.a.O. VII 225. |
156 | vgl. auch XX Dordingull. |
157 | CXXI Brjám, der Narr. |
158 | a.a.O. S. 72 ff. |
159 | a.a.O. III 88 ff. |
160 | Snorra Edda I S. 374. |
161 | XCI Die Teufelsmühle. |
162 | LII. |
163 | F.A.S. III S. 168 ff. |
164 | vgl. Saxo Grammaticus. |
165 | vgl. Wülker, Grundriss zur Geschichte der angelsächsischen Literatur S. 306. |
166 | vgl. Grundriss2 II S. 80. |
167 | Leo, Die altarische Grundlage des Nibelungenliedes, Z.f.d. Mythologie Bd. I. |
168 | Mannhardt, Das älteste Märchen, Z.f.d. Mythologie Bd. IV. |
169 | a.a.O. II S. 310 ff. |
170 | Maspero, Contes populaires de l'Égypte ancienne, Paris 1882, S. 17. |
171 | Les Fabliaux, Paris 1893. |
172 | a.a.O. S. 248. |
173 | Steinthal, Mythos, Sage, Märchen, Legende, Erzählung, Fabel, Z.f. Völkerpsychologie Bd. XVII S. 123. |
174 | vgl. Cosquin II S. 50 ff. |
175 | CXXIII Hvekkur. |
176 | LXXXV. |
177 | vgl. die Einleitung von Jón Porkelssons Þjóðsögur. |
178 | XXXVII. |
179 | XCVI. |
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