1.

[171] (Vgl. Meier, Sagen Nr. 404.)


In einem kleinen Bergdorfe starben einmal alle Pferde und Esel. Weil aber die Esel unumgänglich nothwendig waren, so hielten die Leuten grossen Rath und wählten zwei Männer, welche nach Trient[171] zum Bischofe gehen und ihn um Eselsamen bitten sollten. Dies geschah. Der Bischof hörte sie gnädig an und sprach: »Kommt Nachmittag wieder, da sollt ihr haben, was ihr verlangt.« Und als sie Nachmittags hinkamen, gab er ihnen einen grossen Kürbis voll Körner, den legten sie auf einen Esel, bedankten sich bestens und gingen heim. Als sie aber schon weit oben am Berge waren, schlug der Esel aus, der Kürbis fiel zu Boden und rollte über den Berg hinab. Er fiel im Rollen auf ein Hasennest und die Hasen liefen davon. Da schrien die zwei Männer: »Die Esel laufen davon, sie laufen davon!« Eilends berichteten sie es den andern, die machten sich auf und gingen die Esel suchen, aber sie haben sie bis heute noch nicht gefunden.

Quelle:
Schneller, Christian: Märchen und Sagen aus Wälschtirol. Innsbruck: Wagner 1867, S. 171-172.
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