[207] 6. Von Joseph, der auszog sein Glück zu suchen.

Es gibt zahlreiche Märchen, in denen der Held dadurch, daß er einer dämonischen Jungfrau (Schwanenjungfrau, Taubenjungfrau), als sie sich badet, ihr Gewand raubt, sie zwingt, sein Weib zu werden, bis sie sich das Gewand durch List wieder verschafft und verschwindet, worauf er sie zu suchen auszieht und sie auch endlich (in ihrer Heimat) findet und wieder mit ihr vereint wird. Unter diesen Märchen bilden das sicilianische, ein neugriechisches (Hahn Nr. 15) und zwei Märchen der 1001 Nacht, nemlich das M. vom Königssohn Dschanschah und der Prinzessin Sonne aus dem Schloß der Edelsteine (Hammer I, 334–79) und das von Asun (Hasan) und der Tochter des Geisterkönigs (Breslauer Uebers. Bd. X; Weil II, 149), dadurch eine besondere zusammengehörende Gruppe, daß sie bei aller sonstigen Verschiedenheit unter einander das mit einander gemeinsam haben, daß der Held sich in eine Thierhaut einnähen und von Vögeln auf einen hohen Berg tragen läßt1, von welchem er seinem Herrn – im neugriechischen M. und im M. von Dschanschah ein Jude – Edelsteine, Gold oder dgl. herunterwerfen muß und auf welchem er dann von seinem Herrn hilflos zurückgelassen wird. Wie im sicilianischen M. Joseph nach dem Verschwinden seiner Gattin noch einmal in den Dienst seines ehemaligen Herrn tritt, der ihn nicht erkennt,[207] und sich wieder in die Haut einnähen läßt, so auch Dschanschah nach dem zweiten Verlust seiner Frau (S. 370).

Die im griechischen und in den arabischen M. – auch in dem Schwanenjungfraumärchen bei Haltrich Nr. 5 – vorkommende verbotene Thür, welche in das Wasser führt, in dem sich die Jungfrauen baden, fehlt im sicilianischen M.

1

Man denkt dabei an Sindbad in 1001 Nacht und an Herzog Ernst. Vgl. auch Campbell Nr. 44, Somadeva, übers. v. Brockhaus, I, 124, das altdeutsche Gedicht von König Hans von Frankreich bei Bartsch, Herzog Ernst S. CLVII und die Stelle aus Benjamin von Tudela in Haupt's Zeitschr. VII, 296.

Quelle:
Gonzenbach, Laura: Sicilianische Märchen. Leipzig: Engelmann 1870, S. 207-208.
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