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Es war einmal ein Mann und eine Frau, die waren schon lange verheiratet, hatten aber kein Kind bekommen. Endlich rief die Frau in ihrem Kummer: »Gib mir, lieber Gott, doch ein Kind, und wenn es auch wie ein Igel wäre.« Und diesmal erhörte Gott ihren Wunsch und gab ihr ein Kind wie einen Igel. Was sollte sie aber nun mit dem Igel anfangen? Umbringen konnte sie ihn doch nicht und getraute sich auch nicht. Sie hatte aber einen Eber und eine Sau, mit denen schickte sie ihn in den Wald auf die Eichelmast, vielleicht würde er da mit ihnen verloren gehen oder es würde ihn einer totschlagen.
Der Igel machte sich mit den Schweinen auf in den Wald zur Eichelmast und war dort volle neun Jahre, und seine Mutter war schon ganz froh, daß er nicht mehr zu Hause war. Er mästete dort im Walde die Schweine, und viele Schweine wurden ihm dort geworfen, die suchten sich Eicheln, und er kroch in einen Baumstumpf wie ein richtiger Igel.
Einmal, im neunten Jahre, kam dort an dem Walde ein [151] Waldhüter vorbei, der sah die Menge Schweine, aber nirgends einen Hirten. Da rief er: »Schweinehirt, he Schweinehirt!« Und aus dem Stumpf antwortete ihm der Igel: »Was ist denn?« Darauf sagte der Waldhüter: »Komm heraus, ich fürchte mich, deine Schweine fallen mich an.« Der Igel kam heraus, aber der Waldhüter konnte ihn unter den Schweinen nicht sehen, sondern hörte ihn nur. Da fürchtete er sich, weiter unter die Schweine zu gehen und ging nach Hause. Dort erzählte er seinem Herrn, was er im Walde gesehen und gehört hatte.
Darauf ging der Herr des Waldes selbst nachsehen, sah auch die Menge Schweine, aber nirgends einen Hirten, rief ebenfalls den Hirten: »Schweinehirt, he Schweinehirt!«, und der Igel antwortete ihm aus dem Stumpf heraus: »Was gibts denn?« Darauf sagte der Herr: »Komm heraus, ich fürchte mich, deine Schweine fallen mich an.« Der Igel kam heraus, der Herr sah sich nach ihm um, wo er sein könne; da bemerkte er einen Igel und sagte zu ihm: »Bist du denn der Hirt?« Der antwortete ihm: »Ja, das bin ich.« Darauf sagte der Herr weiter: »Wenn du der Hirt bist, mußt du mich aus dem Walde führen, ich habe mich verirrt.« Wirklich führte der Igel den Herrn aus dem Walde, die Schweine ließ er währenddessen darin, und der Herr gab ihm dafür hundert Gulden. Als er nun die hundert Gulden hatte, dachte er bei sich: »Was soll ich mit dem Gelde, ich will es meinen Eltern bringen«; und machte sich mit seinen Schweinen auf nach Hause.
So kam er zum Gehöft seines Vaters, dort bemerkte ihn keiner zwischen den Schweinen. Da kam seine Mutter auf den Hof hinaus und rief: »Lieber Gott, woher kommt all die Menge Schweine?« Dann rief sie ihren Mann, er solle kommen und die Schweine wegtreiben. Der Mann kam heraus und wollte die Schweine vom Hofe treiben, aber der Igel rief aus der Mitte der Schweine heraus: »Nicht, Vater, jagt sie nicht weg, es sind eure Schweine.« Mann und Frau sahen sich um, wer da zu ihnen spricht; da kommt [152] der Igel aus der Schar der Schweine heraus. Die Mutter bemerkte ihn und sagte: »Ach, mein Sohn, bist dus denn?«, und er antwortete: »Ja, Mutter, ich bin es.«
Die Mutter bereitete gleich das Mittagessen, und beim Essen unterhielten sie sich; dabei sagte ihnen der Igel: »Ich habe euch jetzt hundert Gulden gebracht, jetzt verheiratet mich, Mutter!« Sie antwortete ihm: »Mein Sohn, du bist noch zu jung, und wie könntest du heiraten, du bist doch ein Igel, welches Mädchen möchte dich nehmen?« Darauf sagte er: »Darum sorgt euch nur nicht, ihr werdet schon ein Mädchen für mich erfreien.«
Als die Mutter sah, daß er darauf bestand zu heiraten, ging sie auf Brautwerbung. Die Leute verlangten immer, daß auch der junge Mann sich zeigen solle, aber der zeigte sich nicht und bekam so auch kein Mädchen. Zuletzt gab doch an einem Orte ein Mädchen der Bewerbung der Mutter nach. Als das Mädchen den Igel sah, bekam sie gar keine Angst, sondern sie gingen zusammen zur Trauung, und sie hatte ihn so lieb, als wäre er der schönste junge Mann.
Als sie nun schlafen ging, streifte er das Igelfell ab, warf es unters Bett und wurde ein schöner junger Mann, wie es keinen schöneren unter der Sonne gab. Am Morgen ging sie zu ihrer Mutter und bedankte sich bei ihr: »Liebe Mutter, wie ist mein Igel in der Nacht schön; er zieht das Igelfell ab und wird ein schöner junger Mann, wie es keinen schöneren unter der Sonne gibt.« Darauf riet ihr die Mutter: »Nimm du sein Fell, wenn er es ausgezogen hat, wirf es dann in den brennenden Ofen, und er wird dir für allezeit so schön bleiben.« Die Tochter gehorchte ihr und verbrannte sein Fell. Am nächsten Morgen stand er auf und suchte sein Fell, konnte es aber nirgends finden. Da fragte er seine Frau nach dem Fell, die aber sagte: »Ich weiß nicht, wo es ist.« Er merkte aber doch, daß sie es verbrannt hatte, und sagte: »Betrüge mich nicht, ich weiß, du hast es verbrannt und hast gut daran getan, nur, wenn du noch ein wenig länger ausgehalten hättest, wäre es mein Glück gewesen.«