[382] 815. Der Wolfsführer im Lorenzweiler Wald.

Im vorigen Jahrhundert lebte im Lorenzweiler Wald ein alter Kohlenbrenner, der das Geheimnis besaß, die Wölfe zu führen, indem er sie bezauberte und zähmte. Oftmals wurde er, von mehreren Wölfen begleitet, einherschreiten gesehen.

Eines Nachts, so erzählte mir neulich ein altes Mütterchen, gewahrten zwei Männer in genanntem Wald ein ganzes Rudel Wölfe; sie erschraken heftig und kletterten auf einen Baum, von wo aus sie die Tiere an der Tür des als Hexenmeister bekannten Kohlenbrenners halten sahen. Die Wölfe liefen um die Baracke herum und stießen ein gewaltiges Geheul aus, bis der Kohlenbrenner herauskam, mit ihnen sprach und unter ihnen umherging, worauf sie sich endlich zerstreuten, ohne ihm irgend etwas zuleide zu tun. Das Mütterchen erzählte mir weiter, der Leichnam des Kohlenbrenners sei später in dem Kaselter Bach, bewacht von zwei riesigen Wölfen aufgefunden worden. Bei Annäherung der Menschen sollen die Raubtiere gar keine Furcht gezeigt haben und hätten sich ohne Widerstand an der Seite des Hexenmeisters totschießen lassen.


Zollbeamter J. Wolff

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 382.
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