[385] 820. Der Knecht zu Palzem.

Ein reicher Bauer zu Palzem, den noch viele Leute gekannt, hatte einen Knecht drüben aus dem Waldland, der trieb allerlei Unfug. Dabei war er träge wie ein Hund und mochte des Tags lieber im warmen Sonnenschein liegen als am Pfluge hinter seiner Arbeit hergehen, und das übrige Gesinde mußte dem liederlichen Burschen seine Arbeit mitmachen; denn alles fürchtete sich vor dem unheimlichen Wesen des Waldländers. Die allgemeine Unzufriedenheit des Gesindes konnte dem Meister aber nicht lange ein Geheimnis bleiben. Der rief den Knecht vor sich und führte mit ihm eine strenge Sprache, zahlte ihm den Rest des bedungenen Lohnes und jagte ihn aus dem Hause. Vor der Tür aber wandte sich der Knecht noch einmal um und, zornig die Faust ballend, tat er diesen Fluch: »Unheil über dieses Haus! Viel besser geschähe Euch, wenn Ihr mir länger meinen Lohn ausbezahltet«, und er ging trotzig seiner Wege.

Kaum acht Tage war der Knecht fort, da fing es an, im ganzen Hause unheimlich zu hämmern und zu klappern; schwere Steine fielen mit Gepolter auf die Fußböden, Kieselsteine und Menschengebeine rollten die Treppen herunter. Kein Mensch mehr wollte im Hause bleiben und sogar das Vieh in den Ställen brüllte und riß wütend an den Ketten. Der Bauer[385] verlor sämtliches Gesinde. In der Verzweiflung eilte er zum Pfarrer und beschwor ihn, ihm gegen den Unhold zu helfen. Nach einigem Widerstreben erklärte sich der Pfarrer bereit und zwang den Täter, sich zu erkennen zu geben. Von der Stunde an hörte der Unfug im Hause auf; der Täter aber war niemand anders als der Knecht aus dem Waldlande.


N. Gaspar

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 385-386.
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