[416] 885. Der Zecherschwarm in den Wiesen zwischen Medingen und Syren.

Ein Knecht war von Weiler zum Turm, wo er im Dienste stand, nach Medingen, seinem Geburtsort, zu seiner Mutter gegangen, um ihr von seinem Lohne zu tragen. Abends kehrte er trotz seiner Verabredung nicht zurück; erst am folgenden Morgen traf er wieder bei seinem Meister ein. Zur Rede gestellt über sein Ausbleiben, entgegnete er: »Ich wagte nicht gestern Abend zurückzukehren; denn als ich zwischen Medingen und Syren in die Wiesengründe kam, erklang ringsum Musik und Gesang. Alles war hellerleuchtet und an Tischen saßen eine Menge Leute, die aus silbernen Pokalen zechten und fröhlicher Dinge waren. Unter den Gästen bemerkte ich zwei Nachbarsfrauen. Ich faßte Mut und trat hinzu. Als die beiden mich erkannten, war auf einmal alles verschwunden und statt der vermeintlichen Silberbecher sah ich Kuhklauen auf dem Rasen liegen.«

Der Knecht, der im Jahre 1835 bei meinem Großvater diente, verschwur sich oft hoch und teuer für die Wahrheit des oben Erzählten und behauptete steif und fest, seine Nachbarsfrauen unter den Zechenden gesehen zu haben.


J.N. Moes

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 416.
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