[428] 907. Die Hexe auf dem Knapp zu Wormeldingen.

In einem Hause auf dem Knapp zu Wormeldingen hatte eine Frau sich eines Abends etwas frühzeitig zu Bett begeben, da sie übermüde war. Das Stubenfester stand offen und bald stieg zu demselben ein Kätzchen herein, das unter die Decke zu der schlafenden Frau kroch. Da fuhr diese mit einem das Haus erschütternden Schrei aus dem Schlafe auf. Ihr Mann eilte in größter Bestürzung herbei, um zu sehen, was vorgefallen. Unter Stöhnen teilt ihm die Frau mit, daß sie plötzlich während des Schlafes im Bein einen solch stechenden Schmerz empfunden habe und noch empfinde, als ob man ihr mit vielen Messern das Bein zersteche. Der Mann, der bei seinem Hereintreten die Katze hatte davonlaufen sehen, ahnte gleich, wer das Übel angerichtet habe. Wütend ergriff er die Axt, welche in der Küche stand, eilte zu seiner Nachbarin und drohte, ihr den Kopf zu spalten, wenn sie nicht sogleich seine Frau von ihrem Leiden befreie. Das Weib, welches den Nachbar als einen Mann von Wort und Herz kannte, gab gute Worte und versprach, die Frau von ihrem Leiden zu befreien, falls er nur keinem Menschen etwas sage. Darauf entfernte sich der Mann und bald kam das nämliche Kätzchen wieder zum Fenster hereingestiegen, erkletterte abermals das Bett und als es sich wieder entfernt hatte, fand man in dem Bett eine Handvoll Glasscherben. Die Frau aber verspürte nichts mehr von den Schmerzen.


Lehrer Konert zu Hollerich

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 428.
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