[440] 931. Die Hexe von Berburg.

Zu Berburg befand sich vorzeiten ein altes Hexenweib, welches den Leuten viel Schabernack zufügte, den Kühen die Milch nahm oder auf einem großen, schwarzen Bock durch die Ställe ritt und Kühe und Pferde kopfunten an die Decke hing und dergleichen mehr. Solches kam dem Geistlichen zu Ohren; er ließ die Alte zu sich kommen, berauschte sie mit Wein und sagte dann zu ihr. »Ihr kennt etwas! Ihr könnt etwas mehr als die andern!« – »Und was soll ich doch kennen!« entgegnete die Hexe und wollte lange nicht damit heraus. Als der Geistliche aber nicht nachgab mit Drängen, sagte sie endlich: »Ja, ich kann mehr als ›Kûschten‹ kauen und Wasser trinken!« und verlangte den dreibeinigen Kuhstuhl, auf dem man die Kühe zu melken pflegte. Man brachte ihn ihr, und sie fing an, denselben zu melken; der Stuhl gab Milch wie eine Kuh. Während sie mit Melken beschäftigt war, rief sie auf einmal: »O Herr, sie fällt, sie fällt!« – »Laßt sie nur fallen!« entgegnete der Geistliche. Und sie ließ sie fallen. Es war die Kuh des Geistlichen, welche auf der Weide ging. Die brach zur selben Stunde zusammen und war tot.

Einst hatte sie auch einem Bauern von Manternach einen Streich gespielt, woran dieser noch lange dachte. Derselbe war mit seinen Pferden am Pflug, als plötzlich ein Geräusch in den Lüften entstand und die Pferde durchgingen und einen Abhang hinunterstürzten. Doch hatten dieselben glücklicherweise keinen Schaden genommen. Als man später von dem Vorfall sprach, sagte die Hexe: »Es tut mir leid, daß ich dieses Stückchen nicht fertig gebracht habe. Ich wollte nämlich das Fett nicht anbrennen lassen, das ich eben auf dem Ofen stehen hatte, und so bin ich etwas spät gekommen.«[440]

Nach einiger Zeit stellte es sich heraus, daß die Alte noch Gesellinnen hatte. Es waren ihrer drei. Man kannte sie alle, doch getraute sich niemand, ewas zu sagen, bis endlich ein junger Mann sich einen Spaß mit ihnen erlaubte, der ihm aber teuer zu stehen kam. Bei einer Beerdigung nahm er nämlich ewas von der Erde, welche der Geistliche auf den Sarg warf, und streute sie in die Kirchtür. Wie bekannt, wurde diese Erde den Hexen zur Mauer und sie kamen nicht mehr aus der Kirche heraus, bis man die Erde aus der Tür wegräumte. Der junge Mann aber erkrankte nach einiger Zeit. Eine von den dreien soll sogar seine Patin gewesen sein und diese besuchte ihn öfters. Einmal reichte sie ihm ein Butterbrot, doch aß der Kranke nicht davon. Und es war sein Glück, denn ein Hund, dem man dasselbe hingeworfen, starb plötzlich davon. Auch der junge Mann wurde nicht mehr gesund, sondern starb bald. Die Hexe von Berburg soll nachher auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sein.


Lehrer P. Hummer

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 440-441.
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