[441] 932. Die Hexe zu Nittel.

Seit langer Zeit wurden die Kühe von Nittel während der Nacht gemolken. Das ganze Dorf sagte: »Sie sind behext.« Der Verdacht fiel auf ein altes Weib des Dorfes. Der Pastor, den die Bauern um Rat fragten, ließ das Weib zu sich kommen, berauschte sie mit Wein und entlockte ihr das Geständnis, daß sie eine Hexe sei und ihr Buch zu Hause unter einem Stein des Herdes versteckt liege. Die Köchin des Pastors lief hin und brachte das Buch. Auf des Pastors Wunsch molk die Hexe dessen Kuh, die aber zuvor aus dem Stall in die Wiese geführt werden mußte. Die Hexe molk die schwarze Kuh in der Stube, indem sie in ihrem Buche las und eine Schnur von ihrem Arme wand. Die Milch tröpfelte in einen Topf. Die Hexe molk so lange, bis die Kuh beinahe umfiel. Da hieß der Pastor sie aufhören, machte sie ganz betrunken, entriß ihr das Buch und verbrannte es.

Die Hexe wurde hierauf ergriffen und zum Feuertode verurteilt. Um sie zu verbrennen, fällte man sieben Korden Holz. Als die Hexe auf dem Scheiterhaufen stand, sagte sie noch: »Es hat mir in meinem Leben nichts mehr gut getan, als da die vier Katzen (Hexen) das Fuder Buttermilch den Nitteler Berg hinaufführten. Herrjes, wie schlug ich sie in die Beine, daß sie die Schwänze hintenwegstreckten.« Da schlugen die Flammen über ihr zusammen und verzehrten sie.


J.B. Klein, Pfarrer zu Dalheim

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 441.
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