[441] 933. Die Buttermacherin zu Steinsel.

Ein junges Mädchen von Hünsdorf machte sich eines Tages auf den Weg zur Stadt. An der Seite trug sie einen Korb mit Butter, denn es war Markttag. Unterwegs gesellte sich zu ihr ein altes Höckerweib, welches ebenfalls im Begriffe war, Butter nach dem Markte zu tragen. Unter munterm Geplauder kamen sie nach Steinsel. Hier saß vor einer Tür die Hausfrau und war eben mit Buttermachen beschäftigt.[441] »Was meinst du«, hub jetzt die Alte an, »wenn wir die Butter dieser Frau mitnähmen?« – »Ei, warum nicht, wenn sie dieselbe fertig hätte und uns dieselbe anvertrauen wollte« gab das Mädchen zur Antwort. Plaudernd zogen sie weiter und gelangten endlich auf dem Markte an. Auf dem Wege zur Stadt wollte es dem Mädchen manchmal dünken, als sei ihr Korb schwerer geworden; allein sie achtete nicht weiter darauf. Wie erschrak sie aber, als sie auf dem Markte den Korb aufdeckte und darin drei Pfund Butter mehr vorfand, als sie hineingetan hatte. Obschon ein unheimliches Gefühl sich ihrer bemächtigte, verkaufte sie die Butter dennoch und trat den Heimweg an. Zu Steinsel angekommen, traf sie die nämliche Bauersfrau, die sie am Morgen gesehen, immer noch vor der Tür am Butterfaß. Sie redete dieselbe an und erfuhr dann von ihr, wie sie früher höchstens eine halbe Stunde auf das Buttern verwendete, heute aber damit gar nicht zu Ende kommen könne. Darauf erzählte ihr das Mädchen, was vorgefallen war, zahlte ihr die verdächtige Butter aus und die Frau schüttete den Inhalt des Butterfasses auf den Misthaufen.


Lehrer Konert zu Hollerich

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 441-442.
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