[454] 958. Das getötete Hexenweib zu Rodingen.

Mit Flinte und Jagdtasche versehen verließ eines Abends ein Jäger von Rodingen das Haus, um sich durch den hinter dem Hause befindlichen Garten aufs Feld zu begeben. Als er hinten in den Garten kam, sah er, wie auf einem mehrgabligen Apfelbaum eine Katze saß. Dieselbe miaute so abscheulich gegen ihn, daß ihm fast bange wurde. Als die Katze mit ihrem Geschrei nicht aufhören wollte, beschloß der Jäger, die Ladung seiner Flinte auf sie abzufeuern. Gedacht, getan. Doch, o weh! der ganze Schuß prallte zurück und das Schrot fuhr dem Jäger mitten ins Gesicht. Für heute mußte die Jagd unterbleiben. Er kehrte nach Hause zurück, wo er das Bett eine Zeitlang hüten mußte. Während seiner Krankheit besuchten ihn einige Freunde, und er erzählte ihnen, wie es ihm ergangen war. Einer gab ihm den Rat, falls er wieder nach der Katze schießen wolle, die Flinte mit Silber zu laden, so könne der Schuß nicht zurückprallen. Das merkte sich der Jäger. Als er wieder hergestellt war, nahm er eine Silbermünze, zerschnitt sie in kleine Stücke und lud damit sein Gewehr. Dann ging er denselben Weg durch den Garten, den er an jenem Abend eingeschlagen hatte. Wie er zu dem Baum kam, war die Katze auch schon auf demselben und fing ihr häßliches Miauen an. »Wart«, dachte der Jäger, »dich will ich Mores lehren!« Er zielte, drückte los, und herab fiel – die dicke Frau Nachbarin, welche eine Hexe war und sich in eine Katze verwandelt hatte, um dem Jäger Böses zuzufügen.


Lehrer P. Hummer

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 454.
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