[455] 960. Hasenfrauen zu Eisenbach.

A. Ein Mann aus Untereisenbach verließ eines Nachmittags bei Sonnenuntergang mit übergeworfener Flinte seine Wohnung, um auf die Hasenlauer zu gehen. Vor dem Dorf begegnete ihm die Nachbarsfrau, welche ihn mit den Worten anredete: »Wohin so spät, Bast (Sebastian)?« – »Ich will mir noch ein Häschen schießen«, sagte dieser – »Soll dir das denn auch gelingen?« wendete die Frau lächelnd ein. – »Ich hoffe« war die Antwort und beide trennten sich. Bast langte nach halbstündigem Marsch auf Wieweschbösch an; kaum aber hatte er dort seinen Posten eingenommen, als er am Eingang des Waldes einen Hasen erblickte. Der Jäger warf sich flach auf den Boden, nahm sein Gewehr zur Hand und erwartete den Augenblick, um loszudrücken. Der Hase hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und schien sich um den Jäger gar wenig zu kümmern. Die Nacht war bereits hereingebrochen und der Hase verblieb immer noch in seiner Stellung. Da plötzlich kam er in Begleitung eines zweiten Hasen in gerader Richtung auf den Jäger zugelaufen. Dieser drückte los, aber was geschah? Ein Zetergeschrei erhob sich im Dickicht; der Jäger erhielt einen heftigen Schlag mit der Flinte auf den Arm, so daß er glaubte, derselbe sei gebrochen. Zugleich quoll ihm das Blut aus der Nase. Erschreckt über dies wunderliche Abenteuer, ergriff der Mann die Flucht. Tags darauf wurde obenerwähnte Frau krank gemeldet, indem man vorgab, dieselbe sei mit dem Sitzteil ihres Körpers in die Dornen gefallen. Somit war das Rätselhafte aufgeklärt.


Lehrer Quiring zu Untereisenbach


B. Ein Mann von Eisenbach ging abends auf den Anstand. Eine Frau, von der es hieß, daß sie Hexerei treibe, begegnete ihm und sagte: »Petgen, den Owend kritt Dir neischt« (Peterchen, heute abend bekommt Ihr nichts). Der Mann wußte mit wem er zu tun hatte, und sagte: »Das wollen wir mal sehen.« Er tat noch auf die Ladung einen halben Franken (ein Fünfzigcentimesstück, weil nämlich Silber durch alles gehe) und stellte sich auf die Lauer. Bald kamen drei Hasen zugleich. Er schießt, da ertönt plötzlich fürchterliches Geheul und Gebrüll. Am folgenden Tage hieß es, die Frau sei krank. Der Mann aber war nach dem Schuß tüchtig durchgeprügelt worden und war ihm ein solcher Schrecken eingejagt worden, daß er nie mehr auf den Anstand ging. Noch jetzt Lebende wollen die zwei Personen gekannt haben.


Lehrer Schaus zu Wahlhausen

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 455.
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