[480] 1004. Die Sankt-Martinsquelle im Syrtal.

In dem prächtigen, an beiden Ufern der Syr sich ausdehnenden Wiesentale befindet sich zwischen Betzdorf und Hagelsdorf, am linken Ufer des Flüßchens, ein an seinem Ursprung etwa einen Meter breiter, klarer, kühler Quell, der weiterhin durch die Wiesen fließend in die Syr mündet. Im Volke heißt er Märtesbur. Über diese Quelle erzählt der Volksmund folgendes:

Während eines heißen Sommers, als die Hitze das Land ausgedorrt und seit langem kein Regentropfen die Erde erquickt hatte, kam der hl. Martin durch unser Land geritten und gelangte in die Gegend von Betzdorf. Vor Durst erschöpft, konnte sich das Roß nur mühsam fortschleppen, und der Heilige mußte es endlich am Zaume führen. Nirgends war eine Quelle zu erspähen, der Syrfluß war vertrocknet, alles ringsum war dürr und öde. Verschmachtend und entkräftet drohten Ritter und Pferd zusammenzusinken. In dieser äußersten Not fällt der Heilige auf die Kniee und fleht voll Vertrauen zu Gott, ihn vom sicheren Tode zu retten. Da entspringt plötzlich aus dem Schoß der Erde eine Quelle und ergießt sich murmelnd weiter durch das dürre Wiesental, als wäre sie seit Jahren schon dort geflossen. Hoch erfreut ob dieses Wunders, blickt der Heilige dankend zum Himmel empor, tränkt zuerst sein Pferd und labt sich dann selbst an der kühlen Flut. Darauf segnete der Heilige das Wasser und ritt von dannen. Seit dieser Zeit kommen viele Pilger alljährlich zu der hl. Quelle gewallfahrtet, um an derselben Linderung ihrer Leiden zu finden.


Mitteilung von M. Grechen

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 480.
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