[515] 1071. Ritter Adalrich von Innen (Ehnen).

[515] Als noch die edlen Ritter von Innen an der Mosel ihr lustiges Kriegsleben führten, da geschah es einmal, daß der Knappe Adalrich in der Schloßschenke saß und, weil ihm nichts über einen guten Trunk ging, sich hinter dem mächtigen Humpen gütlich tat; denn seine Reisigen waren eben von der Saar her nach glücklich vollbrachter Reitertat zurückgekommen.

Adalrich war ein großer Prahler und warf auf dem Tische mit den erbeuteten Goldgulden herum. Draußen aber hatten sich Wolken am Himmel gesammelt, und es entstand ein Gewitter so arg, wie dessen sich die ältesten Fischer dort unten im Tale nicht entsannen. Adalrich ließ sich das nicht kümmern, sondern lärmte und prahlte fort, währenddessen die anderen Knappen bei jedem Blitzstrahle sich andächtig bekreuzten, und die Torwartin, welche die Schenke hielt, laut zu beten anfing. Und immer schrecklicher erdröhnte der Donner, und im Tale ließ sich das Schreien und Zurufen der Fischer hören, welche ihre Kähne ans Ufer zogen.

»Ich bin frank und frei«, lästerte der Reitersmann, »mir kann der Herrgott nichts zerschlagen. Ich habe nichts auf der Welt, was mir lieber wäre, als der Humpen da. Der Herrgott soll mir nur etwas zerschlagen, wenn er kann. Bin ich nicht Knappe Adalrich, und habe ich nicht heute den Alten von Saarburg aus dem Sattel gehoben.«

Kaum aber hatte er geendet, einen festen Zug getan und den Humpen wieder hingestellt, da erdröhnte ein furchtbarer Donnerschlag, daß die ganze Burg darob erzitterte, und ein Kruzifix, das über dem lästernden Knappen hing, fiel herab und zertrümmerte den Krug zu tausend Stücken.

Da ward Adalrich weiß wie eine Mauer; er sank auf die Knie und flehte zu Gott um Erbarmen. Von der Stunde an, wo der Allmächtige ihm gezeigt, daß er ihm auch etwas, und zwar das Liebste, zerschlagen könne, seinen Humpen, war er kein Trinker mehr, sondern floh jedes Gelage.

Seine Kriegsbeute gab er den Verschauerten und ließ eine prächtige Votivtafel zur Erinnerung an die wundersame Begebenheit und zur Erbauung seiner ganzen Mannschaft im Rittersaal anbringen.


J. Weyrich aus Ehnen

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 515-516.
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