[363] 789. Die Kartenspieler im Ernztal.

In einem Dorf im Ernzertal1 saßen eines Sonntags mehrere Bauern beim Kartenspiel. Es läutete zur Vesper; die Spieler rührten sich nicht. Die Wirtin machte ihnen Vorstellungen darüber. Einer der Spieler erhob sich wirklich, um sich ins Gotteshaus zu begeben. Die andern aber spotteten seiner derart, daß er voll Ärger laut ausrief: »Nun, ich will mitspielen, so lang es geht, und der Teufel hole den, der zuerst zu spielen aufhört!« Die andern stimmten bei und wollten eben die Partie beginnen, als sie hinter sich einen Fremden in grüner Jägertracht erblickten. Der Fremde bat, mitspielen zu dürfen, und man gewährte es ihm. Das Spiel ward bald hitzig; der Fremde verspielte ungeheure Summen und schon lagen ganze Haufen Goldes auf dem Tisch. Die Nacht bricht an, sie spielen; der Morgen graut, sie spielen noch, eingedenk des fürchterlichen Schwures, den sie getan. Die Frau des Wirtes bemerkte die Angst der Gäste und beobachtete genau den fremden Herrn. Aber wie erschrak sie, als sie sah, daß der rechte Fuß des Fremden einem Pferdefuß glich! Gleich eilte sie zum Pastor und bat um Hilfe, denn sie war überzeugt, daß ihre Gäste in der Gewalt des Teufels seien. Der Pastor, ein kluger Mann, begab sich ins Wirtshaus zu den Spielern und nachdem er den fremden Jäger betrachtet und von dem unbesonnenen Schwur der Spieler gehört hatte, begehrte er, mitspielen zu dürfen. Man gestattete es ihm, wie sehr[363] sich auch der Fremde dagegen sträubte. Nachdem der Pastor einige Partieen mitgespielt hatte, ergriff er eines der Goldstücke des Fremden, tat einen Spruch darüber, und das Gold verwandelte sich in eine Scherbe. Gleich warf er die Scherbe auf den übrigen Haufen, und sieh! es wurden daraus ebenfalls lauter Scherben. Der Pastor schalt den Fremden einen Betrüger, der unwürdig sei, länger mitzuspielen, und zwang ihn, die Karten niederzulegen. Darauf erhob sich der würdige Mann und rief mit lauter Stimme: »Vade retro, Satanas!« Und auf der Stelle fuhr der vermeintliche Jäger durchs offene Fenster davon, einen unausstehlichen Schwefelgeruch hinterlassend. Die Spieler aber waren von ihrer Sucht geheilt und wurden fromme Christen.


J.B. Klein, Pfarrer, nach einem Manuskript

von N. Steffen

1

Es ist Ermsdorf; jedenfalls wird dort eine ähnliche Sage erzählt.

Quelle:
Gredt, Nikolaus: Sagenschatz des Luxemburger Landes 1. Neudruck Esch-Alzette: Kremer-Muller & Cie, 1963, S. 363-364.
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