[650] 557. Die verwandelten Hühner.

Mündlich von L. Vleeschouwer.


In Antwerpen ist ein Spaziergang, der heißet der Kirchhof, denn es stand daselbst ehedem eine Kirche und um dieselbe herum lag ein Friedhof. Ein Bürger kam spät nach Hause und mußte über den Kirchhof gehen, und fand da eine Henne mit vielen Hühnern, welche piepten und um die Alte liefen. Der Bürger dachte, es wäre besser, daß er die Thierchen mit nach Hause nähme, als daß sie dort blieben, und er steckte sie alle mit der Henne in einen Sack und nahm sie mit und ließ sie auf seinem Hofe erst wieder heraus. Als er sie aber am andern Morgen suchte, da fand er sie nicht mehr, wohl aber an der Stelle, wo er den Sack geöffnet und sie frei gelassen hatte, einen großen Haufen Menschenknochen.

Erschreckt lief er zum Pfarrer und erzählte dem alles, und der Pfarrer sprach: »Es ist kein anderes Mittel, als daß ihr die Knochen um dieselbe Stunde wieder zurücktragt, in welcher ihr sie geholt habt.« Das that der Bürger; eben hatte er sie aber ausgeschüttet aus dem Sacke, als eine Stimme aus einem Grabe rief: »Es wäre dir schlecht bekommen, hättest du das nicht gethan.«

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 650.
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