[433] 359. Sankt Gertruden-Minne.

[433] Willem van Hildegaerdsbergh (1356) in Clignetts Bydragen.

De Reiffenberg, Nouvelles archives historiques. 1827.


Sankt Gertrudis hatte sich von der Welt zurückgezogen, um in einem Kloster ihr Leben dem Dienste Gottes zu widmen. Ein Ritter aber, der sie schon vorher geliebt, setzte seine Bewerbungen um sie nichts desto weniger fort und wich nicht aus der Nähe des Klosters, wie oft auch Gertrud erklärte, ihrem Entschlusse ewig treu bleiben zu wollen. Als er alle Bemühungen vergebens sah, rief er den Teufel um Beistand an und verschrieb demselben seine Seele nach sieben Jahren, wofür Satan versprach, ihm zu seinem Ziele zu helfen. Aber die sieben Jahre verstrichen, und des Bösen Hülfe hatte nichts gefruchtet; dennoch wollte er des Ritters Seele haben, und dieser mußte sich in sein Schicksal ergeben.

Da erschien Sankt Johann Gertruden im Traume und kündigte ihr an, in welcher Gefahr sich der Ritter befinde, und Gertrud, welche unterdeß Aebtin des Klosters geworden war, sammelte nach ihrem Erwachen alsbald ihre Nonnen um sich und trat mit diesen vor das Klosterthor, wo der Teufel eben mit dem Ritter vorbeifuhr. Sie ging auf den Ritter zu und bot ihm einen Becher Weines und ermahnte ihn, diesen zu leeren auf den Schutz Sancti Johannis, und der Ritter folgte ihr, und als er den letzten Tropfen kaum eingeschlürft, da flog unter gräulichem Geheul des bösen Feindes die Verschreibung zerrissen zu seinen Füßen.

Darum malt man Sankt Gertrud, den Hirtenstab mit einer Hand haltend und mit der andern einen Becher, und daher schreibt sich auch die Sitte, zu trinken auf Sinte Geerteminne.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 433-434.
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