[91] 20. Selbst getan

Es war einmal eine Mühle, in der konnte man gar nicht mahlen, so unheimlich ging es dort zu. Aber da war eine arme Frau, die brauchte eines Abends notwendig ein wenig Mehl, und da fragte sie, ob sie nicht in der Nacht ein wenig mahlen dürfe. »Um Gottes willen«, sagte der Mann, dem die Mühle gehörte, »das ist ganz unmöglich, es spukt schon so gerade genug in der Mühle.« Aber die Frau sagte, sie müsse ganz notwendig mahlen, denn sie habe kein Stäubchen Mehl mehr für Milchbrei im Hause und nichts zu essen für ihre Kinder. Und schließlich erlaubte er, daß sie nachts in die Mühle ginge und mahlte. Als sie hinkam, machte sie Feuer unter einer großen Teerbütte, die dort stand, brachte die Mühle in Gang und setzte sich ans Feuer und fing an zu stricken. Nach einer Weile kam ein Frauenzimmer und nickte ihr zu. »Guten Abend!« sagte sie zu der Frau. »Guten Abend!« sagte die[99] Frau und blieb sitzen und strickte weiter. Aber da fing die, die hereingekommen war, an, das Feuer auf dem Herd auseinanderzuschieben. Die Frau richtete es wieder zusammen.

»Wie heißt du?« fragte die Unterirdische.

»Selbst heiße ich«, sagte die Frau.

Das schien jener ein kurioser Name, und sie fing wieder an, die Glut auseinanderzuscharren. Und die Frau wurde bös und fing an zu schimpfen und kehrte sie wieder zusammen. So trieben sie es eine lange Weile, aber als sie mitten darin waren, schüttete die Frau die Teerbütte über die Unterirdische aus. Da heulte diese und schrie und rannte davon und rief: »Vater! Vater! Selbst hat mich gebrannt!«

»Ach was, hast du es selbst getan, so mußt du es auch selber leiden«, rief es drunten im Berg.[100]

Quelle:
Stroebe, Klara: Nordische Volksmärchen. 2: Norwegen. Jena: Eugen Diederichs, 1922, S. 91-92,99-101.
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