Geizbauch.

[120] Als der Hochmeister Friedrich von Sachsen aus dem Lande gezogen war (1507), da saß ein Pfleger zu Passenheim, den die Unterthanen seines Schindens wegen den Geizbauch nannten. Der verbot den Fischern, welche das Recht hatten zu ihres Tisches Nothdurft in den herrschaftlichen Seen zu fischen, dem Gewerbe nachzugehen. Die Bauern beriefen sich auf ihre Gerechtigkeit, aber vergebens, und fischten trotz des Verbotes. Der Pfleger wollte sie pfänden lassen, sie aber setzten sich zur Wehr und erschlugen einen der Amtsdiener. Da nahm der Pfleger ihnen die besten Pferde und Ochsen, womit sie den Hals löseten, und nun mußten sie sich der Fischerei enthalten. Aber von diesem Tage an vermochte der Pfleger mit seinem Garn nicht einen Fisch zu fangen. Er hielt das nicht für Gottes Strafe, sondern für Waideley (Zauberei), gab es den Weibern Schuld, die ihm Garn und Fische bezaubert hätten, setzte sie ein und ließ sie durch den Henker befragen (foltern), fand aber doch nichts an ihnen. Ein tüchtiger Taucher, der drei Stunden unter dem Wasser bleiben konnte, mußte, während die Garne des Pflegers gezogen wurden, in den See springen und versicherte dem Pfleger, daß viele Fische im See wären, sich aber meisterlich vor dem Garn zu hüten wüßten; der Pfleger meinte, er wäre von den Bauern bestochen. Darnach wandte er sich an eine Waidlerin, von der er erfuhr, sie könnte benehmen, was Andere bezaubert hätten. Sie aber sagte ihm, daß es von Gott herkomme, der ihn um seiner Ungerechtigkeit willen strafe, und daß es nicht gebüßet und gebessert werden könne, er stürbe denn zuvor mit allen Fischen im See; dann würde der See auch wieder werden. Aber der Pfleger meinte, sie wäre auch überkauft und ritt mit Flüchen davon. Nicht lange darnach wollte der Pfleger jagen. Er stößt plötzlich auf[120] einen grausamen Bären, der sich gegen ihn aufrichtet. Sein Pferd erschrickt und geht durch. Der Pfleger will es zügeln, aber der Zaum zerreißt, und das Pferd jagt unaufhaltsam vorwärts in den bezeichneten See, darinnen Pferd und Mann ertrank. Am andern Tage fand man die Fische in dem See auch todt und auf dem Wasser schwimmend. In demselben Jahre war kein Fisch in dem See, hernach aber waren Fische genug darin, wie zuvor.

Simon Grunau, welcher im Anfange des sechzehnten Jahrhunderts die Sage zuerst erzählte, nennt den See nicht mit Namen, Hennenberger hörte aber von den Passenheimern, es solle der Lelesken sein.2

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Simon Grunau, Preuß. Chronik XVI, 6. Hennenberger, S. 342 ff. Bei Tettau und Temme, Volkssagen Ostpreußens etc. ist obige Sage übergangen. Dagegen glauben wir die Geschichte vom ungerathenen Sohn, welche hier S. 144, nach Hennenberger S. 345 erzählt wird, unsererseits übergehen zu dürfen.

Quelle:
Toeppen, M.: Aberglauben aus Masuren, mit einem Anhange, enthaltend: Masurische Sagen und Mährchen. Danzig: Th. Bertling, 1867, S. 120-121.
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