Der Drache in der Alpe Macun.

[44] Auf der Ostseite des Zernetzer-Kirchberges ist die Laviner Galtvieh-Alpe Macun, wo der größte von den kleinen Alpseen von einem Drachen bewohnt wird. Der steigt zuweilen aus dem Wasser, schüttelt die Flügel, und schaut gräßlich um sich, dann schleicht er umher, bis er ein verlaufenes Rind antrifft, das er dann nach dem See hin zieht, um mit ihm in der Tiefe des Wassers zu verschwinden; hat er aber lange Zeit nichts mehr gekriegt, so brüllt er so schrecklich, daß man ihn über die Berge hört. – Kommt man bei schönem Wetter an diesem See vorbei, wirft einen Stein hinein, und trifft zufällig damit den Drachen, so schäumt der See so stark auf, wie beim ärgsten Sturme, es entsteht sodann ein entsetzlicher Nebel über dem Wasser, und aus diesem Nebel ein heftiger Platzregen. – Dann wird der See wieder ruhig.

Quelle:
Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 44.
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