50. Der Zigeuner als Wolfsjäger

[283] Es geschieht vieles, man weiß nicht wie, und so bekam denn auch einmal ein Zigeuner ein Gewehr in die Hände. Da jauchzte er seinem Weibe zu: »Hei! Einen Hasen schießen, was will das heißen! Ich gehe jetzt einem Wolf nach!« Mit diesen Worten ging er hinaus ins Feld, welches er die Kreuz und die Quer durchstreifte. Endlich fand er einen toten Wolf, auf welchen er schon von weitem anschlug. Da sich aber dieser nicht mehr rührte, ging er sachte näher und näher, bis er sich endlich überzeugte, daß durchaus keine Gefahr mehr war und daß er die Beute keck auf den Rücken nehmen könne.

Hierzu wartete er aber, bis es vollends Abend geworden, dann schleppte er die tote Bestie mühsam heim, warf sie mitten in die Stube und fing an, nach echtem Jägerbrauch zu erzählen, wieviel Mühe und Arbeit er gehabt habe und welche Kunstgriffe es gekostet, um dieses Ungetüm nur in den Schuß zu[283] bringen, ja wie es nur ein Augenblick gewesen sei, in welchem er es durch einen ausgezeichneten Meisterschuß habe erlegen können. Das Weib hörte gläubig oder ungläubig zu, schwieg aber zu den Prahlereien ihres Mannes ganz stille.

Bald darauf versammelten sich vor der Hütte alle Hunde aus der Nachbarschaft und machten einen jämmerlichen Lärm mit Heulen, Winseln und Bellen, denn sie witterten den unheimlichen Toten. Da wurde es dem kühnen Wolfsjäger hinter seiner Türe, die durchaus nicht fest war, angst und bang. Er hieß deshalb sein Weib hinausgehen und sehn, was diese widerwärtigen Zudringlinge wollten.

Das Weib ging und kam bald mit sehr ernstem Gesicht zurück, indem sie sagte: »Draußen sind alle Wölfe der ganzen Gegend versammelt und verlangen ungestüm von dir Rechenschaft wegen ihres Kameraden, den du erschossen hast.« – Da ergriff den Zigeuner Todesangst, so daß er schrie: »Es ist erlogen! Geh, sag ihnen, ich habe den Wolf nicht geschossen, er sei gar nicht geschossen! Ich hab ihn, so wie er hier liegt, tot gefunden!« Da lachte das verschlagene Weib über und über und rief: »Nun, nun, du magst selber gehen und ihnen das sagen!«

Jetzt merkte der Zigeuner, daß er in seiner Angst sich verraten hatte, ließ die Hunde draußen heulen und wollte auch seither nie mehr etwas von »Wolfschießen« hören.

Quelle:
Schott, Arthur und Albert: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat. Bukarest: Kriterion, 1975, S. 283-284.
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