62. Ursprung der Golumbatscher Fliegen

[298] Eine Tagesreise oberhalb Orschowa, an jenem Tor, wo der mächtige Donaustrom nach langem Laufe durch die ungarischen Flächen hin wieder in Gebirge tritt, liegen an felsigem Strande die Golumbatscher Schlösser, uralt und derzeit ganz in Trümmern. Rings um ihre Mauern erheben sich riesige Bergriffe, von tiefen Höhlen durchklüftet.

In eine dieser letzteren warf der heilige Georg, nachdem er zu Gottes Preis, den Menschen zum Heil und dem Teufel zum Trotz den Drachen erschlagen hatte, dessen Kopf. Aus der verwesenden Zunge in dem faulenden Rachen des Ungeheuers bilden sich nun noch heutzutage verheerende Schwärme kleiner Fliegen, deren Biß so giftig ist, daß alles Vieh auf den Weiden, wenn es denselben nicht entrinnen kann, daran sterben muß. So giftig war der Geifer des Drachens.

Als ein König, welcher vor langen Zeiten einmal diese Gegenden beherrschte, der fürchterlichen Plage ein Ende machen wollte und die Höhle zumauern ließ, geschah im Frühjahr, als die Tiere aus ihren Eiern schlüpften, ein so mächtiger Druck wider das Mauerwerk, daß es machtlos zusammenfiel. Einem Gewittersturme gleich brachen jene Wolken giftiger Schwärme, so furchtbar wie jemals, aus dem Innern der Höhle hervor.

Quelle:
Schott, Arthur und Albert: Rumänische Volkserzählungen aus dem Banat. Bukarest: Kriterion, 1975, S. 298-299.
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